Die App

4.

Dann poppte der Messenger auf. Eine Nachricht von "Hans-Werner". Das war der Vorname von Noels Papa, und es war außergewöhnlich, dass er tagsüber eine Nachricht schrieb, schon gar nicht an Noel. Wenn sein Papa etwas zu sagen hatte, dann eigentlich nur Noels Mutter, dass er später nach Hause kam, oder manchmal fragte er auch, ob er auf dem Weg nach Hause noch etwas einkaufen sollte.

"Liebste Barbara", schrieb Noels Papa.

Anscheinend hatte er sich vertan, und sendete Noel eine Nachricht, die für jemand anderen gedacht war.

Aber noch merkwürdiger war, dass Noels Mutter Alicia hieß. Noel kannte keine Barbara.

Noels Vater aber anscheinend schon, sogar ziemlich genau, denn er erzählte Details von Barbara und ihrem Körper, und dem was, er mit ihr schon gemacht hatte, und dem, was er noch mit ihr machen wollte, gegen die Küssen absolut harmlos war.

Mit jeder Zeile vertiefte sich Noels Ekel. Er würde sich nie mehr mit Mädchen abgeben. Wenn auch nur die Hälfte von dem wahr war, was Noels Vater da über das Zusammensein mit Frauen erzählte, würde er, Noel, lieber als Einsiedler leben, als noch ein Mal in seinem Leben einem Mädchen auch nur noch die Hand zu schütteln.

Dann begann Barbara, zu antworten.

Ihren Profilbild entnahm Noel, dass sie blond, groß und breit und deutlich schwerer als seine Mutter war. Nein, sie war nicht "schwerer", sie war eindeutig "fett". Man konnte diesen überquellenden Körperzustand beim besten Willen nicht anders bezeichnen. Barbara trug ein enganliegendes Oberteil auf dem Foto, und unter den voluminösen Beulen ihres Busens malten sich deutlich mehrere Speckringe ab. Ihre Hose war ebenfalls aus Stretch, und darunter nahm man die Konturen von Hotpants wahr.

Verstört folgte Noel dem Bettgeflüster seines Vaters mit der fetten Frau. Nun wurde ihm klar, was seiner Mutter Sorgen bereitete. Wie viel sie genau wusste, konnte Noel nur vermuten. Er hoffte von ganzem Herzen, das sie niemals etwas ähnliches wie diese widerwärtigen Nachrichten in die Hände bekommen hatte. Sonst hätte sie seinen Vater vielleicht schon längst umgebracht.