Das erste Mal verliebt

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Wieder einmal hatte ich mich aus Alexandria rausgeschlichen. Lief im Wald herum und hing meinen Gedanken nach. Das tat ich in letzter Zeit ständig und ich glaubte, dass es nicht mal jemanden auffiel. Seit ein paar Monaten waren wir nun in Alexandria und hatten uns ganz gut eingelebt. Doch mir fehlte etwas. Ich wusste nicht, was es war. Konnte es mir nicht erklären. Doch es zog mich immer wieder hinaus. Hinaus in den Wald. Streifte zwischen den Bäumen entlang. Kannte mittlerweile jeden Baum und jeden Busch hier. Kannte jede Wurzel und kannte jede Niesche.

Ein Rascheln ließ mich aufhorchen und ich schaute mich wachsam um, während ich mein Messer zog. Doch ich vernahm kein Röcheln. Kein bekanntes schlürfen.

"Wirst du mich töten?" erklang eine weibliche Stimme verängstlich, doch ich konnte niemanden sehen.

"Wer ist da?" rief ich.

"Angela" erklang die Stimme nun leiser.

"Wo bist du?"

"Ich sitze über dir auf dem Baum" erwiderte sie, jedoch noch immer sehr leise. Neugierig und wachsam schaute ich hoch und blickte in zwei grüne Augen. Sie blickten ängstlich auf mich herab. Misstrauisch und voller Zweifel.

"Komm runter" rief ich ihr leise hoch.

"Ich schaffe das nicht alleine..." erwiderte sie traurig und zeigte auf ihr Bein. Ihr unteres Hosenbein war voller getrocknetes Blut.

"Wurdest du gebissen?" fragte ich, doch sie schüttelte den Kopf. Ich überlegte nicht lange und kletterte den Baum hinauf, bis ich an ihrem Ast ankam.

"Klettere auf meinen Rücken und halte dich gut fest" erklärte ich ihr. Als sie dies gemacht hatte, kletterte ich vorsichtig mit ihr herunter. Es war gar nicht so einfach, doch wir schafften es. Unten stellte ich sie vorsichtig ab und sie stand mit gesenktem Kopf vor mir.

"Bist du alleine unterwegs?" erkundigte ich mich.

"Ja. Ich bin vor ein paar Tagen einen Abhang hier im Wald runtergefallen und habe mich dabei am Bein verletzt. Als ich nicht mehr laufen konnte, habe ich mich auf den Baum gerettet" erklärte sie leise und hob den Kopf langsam an. Braunes, schulterlanges Haar umschmeichelte ihr schmales Gesicht. Sie kaute nervös auf ihrer vollen Unterlippe herum. Sie war wunderschön und selbst der ganze Dreck konnte ihr nicht's anhaben. In meinem Bauch begann es komisch zu kribbeln.

Ein paar Monate waren nun seit unserer ersten Begegnung vergangen. Sie ist in Alexandria geblieben und ihr Bein ist vollständig geheilt. Wir haben seitdem viel Zeit miteinander verbracht und ich habe einiges von ihr erfahren. Sie ist, genauso wie ich, 16 Jahre alt. Eine Herde hat sie von ihrer Gruppe und Familie getrennt.

Das Kribbeln im Bauch habe ich immer noch. Jedes mal, wenn ich sie sehe, werden meine Knie weich. Jedes mal, wenn ich an sie denke, fühle ich eine angenehme Wärme in mir. Jedes mal, wenn sie bei mir ist, habe ich das Verlangen, sie in den Arm nehmen. Jedes mal, wenn sie sich mit mir unterhält, fällt es mir schwer, meinen Blick von ihren Lippen abzuwenden. Aber ich hatte das Gefühl, dass es ihr nicht so ergeht. Daher schwieg ich. Genoss ihre Nähe. Genoss die vertraue Zweisamkeit.

Heute ist Judith 2 Jahre alt geworden und wir haben ein wenig gefeiert. Doch nun war es spät und da ich sie noch nicht gehen lassen wollte, entschloss ich mich, Angela zu ihrem Haus zu begleiten.

"Du bist die letzten Tage so ruhig. Ist alles okay?" erkundigte sie sich und ich musste unmerklich schlucken. Hatte sie etwas bemerkt? Konnte ich es nicht gut genug verstecken?

"Es ist alles okay. Wirklich" erwiderte ich und versuchte zu grinsen. An ihrem Haus angekommen, drehte sie sich zu mir und schaute mich mit ihren grünen Augen an.

"Du weißt, du kannst immer zu mir kommen, wenn etwas ist. Du bist mir wichtig..." erwiderte sie und wurde dabei immer leiser. Mein Herz schlug immer schneller in meiner Brust. Sollte ich mich täuschen? Sollte es ihr genauso ergehen? Zögerlich ging ich ein Schritt auf sie zu. Stand nun direkt vor sie. Ihre Augen beobachteten jede meiner Bewegungen. Schüchtern legte ich meine Hand auf ihre Wange, ließ sie dort ruhen. Ihre Haut, sie war so unglaublich weich. Wärme durchflutete meinen Körper.

"Du bist mir auch wichtig. Du ahnst nicht, wie sehr..." hauchte ich nur noch und nährte mich langsam ihren vollen Lippen. Sie schloss ihre Augen und kam mir entgegen. Bis sich unsere Lippen sanft berührten. In mir explodierte ein Feuerwerk der Gefühle. Unmöglich, dies in Worte zu beschreiben. Schüchtern spielten unsere Lippen miteinander. Kosteten jede Sekunde voll aus. Als ich ihren Arm spürte, der sich um mich legte, schloss auch ich meine Augen und bat schüchtern mit meiner Zunge um Einlass. Meine Hand wanderte in ihren Nacken, zog sie sanft an mich, während unsere Zungen neugierig die warme Mundhöhle des anderen erkundeten. Unbewusst seufzte ich leise auf, als wir uns, außer Atem, voneinander lösten und uns tief in den Augen schauten.

"Darauf habe ich so lange gewartet" hauchte sie kaum hörbar und lächelte mich schüchtern an.

"Wir haben so viel Zeit verschwendet" erwiderte ich leise und nahm sie in die Arme. Es fühlte sich so unbeschreiblich gut an. Perfekt könnte man es bezeichnen.

"Dann genießen wir die Zeit jetzt doppelt" flüsterte sie und kuschelte sich in meine Arme. Ich war noch nie so glücklich gewesen, wie in diesem Augenblick und ich würde alles dafür tun, dass es so bleiben würde.

One Shots  (The walking dead, Sunrise Avenue)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt