Der Junge positionierte sich vor mir und setzte ein verhöhnendes Lächeln auf. Er war eingebildet genug um sich einfach auf mich zu stürzen. So war es für mich ein leichtes aus dem Weg zu springen und ihn mein Stab in den Magen zu rammen.

»Ein Tipp. Gib erst an, wenn du jemanden besiegst.«, sagte ich. Das machte ich noch wütender und wieder stürzte er auf mich zu. Ich duckte mich in einer fließenden Bewegung unter seinen Stab und schlug ihn auf sein Rücken. Nicht zu fest. Nur so, dass man erkennen konnte, dass es ein Treffer war. Seine Augen zeigten tiefen Hass. »Du hältst dich wohl für etwas Besseres, nur weil du die Tochter der Anführer bist. Das heißt noch gar nichts!«, brüllte er.

»Ein weiterer Tipp. Schlechte Verlierer kann keiner Leiden.«, erwiderte ich. Ich spürte, wie sich die Hyse um mich veränderte. Es war ein komisches Gefühl. Ich hatte sie noch nie sowas machen sehen. Es war, als ob sie ihre ganze Energie verlor. Nein. Sie ging nicht verloren. Die Energie floss zu dem Jungen. Es wollte seine Fähigkeiten benutzen. Wenn der Kursleiter das mitbekam würde er in großen Schwierigkeiten stecken. Jemanden während einer Kampfübung mit seinen Fähigkeiten anzugreifen -wenn keiner ein Schutz über ihn legte- galt als unsportlich. Man würde ihn sehr streng bestrafen. Schließlich konnte er seinen gegenüber töten. Ich suchte nach der Energie die er der Hyse gestohlen hatte. Und fand sie sofort, denn sie war Teil der Hyse und die Hyse war ein Teil von mir. Also zog ich die Energie zurück in die Hyse und zerrte an ihr, bis das letzte bisschen an seinen Platz zurückgekehrt war. Seine Augen weiteten sich und er trat unbewusst ein Schritt zurück. »Es tut mir Leid.«, sagte er geschlagen und auch etwas fassungslos. Sein Schock stand ihm deutlich im Gesicht geschrieben, wegen dem, was er gerade kurz davor gewesen war zu tun. Er wusste, dass er nichts mehr gegen mich ausrichten konnte. Er hatte verloren.

»Ich weiß nicht was du meinst.«, gab ich zurück. Er sah mich erleichtert an. Hatte er wirklich gedacht, dass ich ihn verpetzen würde? Ich würde sein Leben nicht zerstören. Wir waren quitt.

»Gut.«, lobte der Kursleiter und ließ nach und nach jeden gegen mich antreten. Die anderen setzte er auch zu Paare zusammen und ließ sie üben.

Schließlich kämpfte ich gegen Mehyl, der sich genau so schlecht wie immer anstellte und kein einzigen Treffer landete. Um ihn nicht bloß zu stellen tat ich, als ob es mir auch schwer fallen würde ihn zu treffen. Aber am Ende traf ich ihn, um diese Misere nicht mehr weiter mit machen zu müssen. Zuletzt trat ich gegen Deshar an. Wir standen uns gegenüber und studierten einander. Niemand von uns wollte als erstes Angreifen und so dem anderen etwas verraten. Doch schließlich trat ich vor und versuchte ihn mit meinem Stock die Füße weg zu schlagen. Er blockierte meinen Schlag und versuchte mich am Bauch zu treffen. Schnell wich ich seinen Schlag aus.

»Kommt her und schaut Mayser und Deshar beim Kämpfen zu.«, schlug der Leiter vor.

Des und ich waren so vertieft, dass wir das nur am Rande mitbekamen. »Du bist gut. Hätte ich gar nicht gedacht Boykarut Junge.«, gab ich zu.

»Was? Denkst du, dass du die einzige bist, die kämpfen kann, weil du so gute Lehrer hattest?«, fragte er etwas bitter. »Ich hatte auch einen verdammt guten Lehrer. Wenn nicht sogar den besten.«

»Das freut mich.«, sagte ich ehrlich. Es war schön mal etwas Konkurrenz zu haben.

»Los Des! Zeigs ihr!«, schrie das Mädchen.

Ich setzte halbherzig zum Angriff an und er parierte den Schlag und setzte selber zum Angriff an. »Ist das deine Freundin?«, fragte ich ihn.

Er runzelte verwirrt die Stirn. »Nein. Meine Schwester.« Er schien sich zu erinnern, dass ich ihm am Bach geholfen hatte. Meinen nächsten Schlag versuchte er nicht mal richtig abzuwehren. Er traf ihm direkt in der Magengrube. Er keuchte, bevor er sich aufrichtete.

»Mayser. Ich schätz der Sieg ist dein.«, sagte der Kursleiter.

»Nein. Ich will eine Revanche. Dieser letzte Schlag war nicht fair.«, erwiderte ich ehrlich. Ich wollte nicht gewinnen, weil Des dachte, dass er mir was schuldig war.

»Lass gut sein.«, bat Des leise.

»Damit hast du mir keinen Gefallen getan.«, erwiderte ich sauer. Auch ohne sein Rückzieher hätte ich ihn besiegt.

»Vielleicht beim nächsten Mal.«, bot der Kursleiter an. »Wir sind fertig für heute.«

Alle gingen zu den Umkleiden, außer Des und ich.

»Hey. Es tut mir leid. Ich wollte dich nicht gewinnen lassen.«, entschuldigte sich Des.

»Ich hasse es wenn man mich gewinnen lässt. Weiß du mein Leben lang hat mich abgesehen von meinen Trainern niemand versucht zu besiegen. Alle meine Freunde mit denen ich gekämpft habe, haben mich immer gewinnen lassen. Haben sich nicht einmal angestrengt.«, erklärte ich, bevor ich bemerkte, dass ich ihm schon zuviel erzählt hatte.

»Du willst, dass dich unbedingt jemand besiegt? Keine Sorge nächstes Mal wirst du verlieren.«, provozierte er mich.

»Du wirst nicht gegen mich gewinnen.«, erwiderte ich und lachte. »Weißt du noch, wie ich dir -bei dem Spiel, als wir Kinder waren- deine eigene Wasserkugel im Gesicht hab platzen lassen?« Selbst jetzt noch fand ich die Erinnerung zum Schreien komisch.

»Wie sollte ich das nur vergessen.«, sagte er und sah mich gespielt beleidigt an. »Du hast mich dastehen lassen, wie einen Idioten.« Etwas Kaltes klatschte auf meinen Kopf und durchnässte meine ganzen Haare und Klamotten. Er hatte tatsächlich Wasser auf meinem Kopf fallen lassen.

»Du bist auch einer. Und gleich auch sowas von tot.«, versprach ich. Ich bildete eine Luftblase um ihn herum und ließ ihn schweben. Immer höher, ließ ich die Blase aufsteigen, bis er gut zwei Meter über den Boden schwebte. Von hier aus konnte ich sehen, wie er die Augen schloss und sich scheinbar auf etwas konzentrierte. Unmengen Wasser flossen augenblicklich in die Arena.


Dark Neyfrem #2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt