»Ja.«, sagte sie. »Aber die gebe ich nicht einfach her. Wen willst du töten?«

»Was willst du dafür?«

»Ich helfe dir jemanden umzubringen und wenn die Zeit reif ist, dann hilfst du mir jemanden umzubringen.« Ich wusste, dass sie Mehyl meinte. Also sagte ich »Deal.«

»Ich brauche mehr, als nur ein Deal deinerseits. Ich will einen Todesschwur.«, forderte sie. Ich sah sie fragend an. »Es ist ein Schwur. Wenn du den brichst, dann stirbt die Person, die du am meisten liebst.«

»Ich liebe niemanden.«, erwiderte ich.

»Was auch immer.«, sagte sie als ob sie mir nicht glauben würde.

»Ich bin ein dunkler Neyfrem. Ich habe keine Gefühle.«

»Klar. Das sagen wir alle. Doch eigentlich sind die guten Gefühle nur weggeschlossen und die schlechten, wie Wut und Hass frei zugänglich. Aber sie sind dennoch da. Nur gedämpft und so wirst du sie dein ganzes Leben lang fühlen. Als hättest du ein Loch. Ein Teil von dir, dass dir entrissen wurde.«

»Das klingt nach Blasphemie.«, sagte ich vorsichtig.

»Und wenn schon. Ich war lang genug in diesem Drecksloch. Also haben wir ein Deal oder nicht?« Ich nickte nur. Sie reichte mir ihr Messer und holte eine Schüssel. Mach da Blut rein. Ich schnitt mir in die Handfläche und ließ mein Blut in die Schüssel tropfen. Attica tat es mir gleich. Rührte es und reichte es mir. Ich sah sie wieder fragend an. »Trink die Hälfte.« Das war ja widerlich. Aber ich nahm die Schüssel ohne Widerspruch und trank die Hälfte. Attica nahm die Schüssel wieder an sich und trank den Rest. »Schwörst du, dass du mir hilfst jemanden -meiner Wahl- zu töten, wenn ich dir helfe jemanden -deiner Wahl- zu töten?«

»Ich schwöre.« Mein Hals begann zu glühen, als wenn das Blut Feuer gefangen hätte. »Also gut, dann lass uns mal anfangen.«

Sie hielt mich zurück. »Es gibt da noch etwas, dass ich dir erzählen muss. Es gibt eine Versammlung der Anführer jedes Landes und du wurdest eingeladen. Aber du solltest es niemanden erzählen. Es ist geheim.«

»Aber ich bin jetzt Dunkel.«, erwiderte ich verwirrt.

»Das ändert nichts. Du bist Anführerin, bis du dein Amt abgibst oder von deinem Volk abgesetzt wirst. Aber da du ihnen bis jetzt nichts angetan hast, können sie nichts gegen dich unternehmen. Es gibt ein Gesetz auf ganz Gaia, dass man Anführer eines Volkes sein darf, egal welchen Geschlecht oder welcher Rasse man angehört.«, erklärte sie.

Auf einmal wunderte ich mich, warum sie von dem geheimen Treffen wusste, wenn sie keine von ihnen war. Oder war sie es? Ohne meine Augen zu schließen suchte ich alle Anführer, so wie ich es damals bei Luc und Freya gemacht hatte. Die Energie der anderen Anführer strahlten hell. Nicht weit von hier konnte ich Freya spüren und in weiter Ferne die anderen Anführer. Und einer von ihnen stand direkt vor mir. Ich hatte Recht. Attica war auch eine von uns. Aber ihr licht war nicht hell wie die anderen, sondern es leuchtete dunkel. So musste nun also auch mein Licht aussehen.

»Gehst du zu dem Treffen?«, fragte ich sie.

»Du weißt davon?«

»Jetzt schon. Ich habe mich nur gefragt, warum du sonst davon erfahren hast, wenn nicht durch eine Einladung. Und dann habe ich die Energie der Anführer gesucht und gespürt, dass eine direkt neben mir steht. Also von welchem Land bist du die Anführerin?«, fragte ich sie.

» Vom Volk der Ariner. Unser erster Anführer war Ares.« Sie sah dabei unsagbar stolz aus. »Ich geh oft rüber und kümmere mich um alles. Den Rest erledigen meine Brüder. Aber bald werde ich für immer zurückkehren. Zuerst muss ich aber noch ein paar Sachen erledigen.« Wie Rache an Mehyl zu üben, dachte ich.

»Hat schon jemand zugesagt zu dem Treffen?«, fragte ich sie.

»Ja. Die Einladung selber kam wie üblich von den Zyern Kinder des Zeus. Und ansonsten haben nur die Henell, Kinder der Hera und die Aypés, Kinder des Apollo zugesagt.« Luc würde also hingehen? Oder würde ein Stellvertreter gehen? Sein Volk hatte ihn ja noch nie gesehen, weil er sich auf Maysers Bitte für ein Arllés aufgegeben hatte. Er wurde von einem Paar aus meinem Volk adoptiert und aufgezogen. Aber jetzt, wo alles schiefgelaufen war, würde er sicher Verbündete suchen und wo würde er bessere finden als bei dem Treffen? Obwohl die Prophezeiung ja das Gegenteil verlangte. Vielleicht war er ja doch der Meinung, dass die Prophezeiung erfüllt war und suchte nun nach anderen Wegen Mehyl aufzuhalten.

»Okey gut.«, sagte ich und verabschiedete mich von Attica.

In meinem Zimmer angekommen warf ich mich auf mein Bett und genoss die Stille, die es hier so selten gab. Und als ob ich mit diesen Gedanken, die Unruhe angezogen hätte klopfte es an der Tür.

»Herein.« Des trat ein und kam auf mich zu. In der Hand trug er ein Beutel, der mir sehr vertraut war. »Ich habe diesen Beutel in Des Zimmer versteckt gefunden. Vielleicht weißt du ja was es ist?«

Dark Neyfrem #2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt