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Maxi fühlte sich wie gerädert. Er hatte sich die gestrige Nacht um die Ohren gehauen und hatte folglich nur höchstens drei Stunden geschlafen und musste nun auch noch früh aufstehen zum Arbeiten. Kurzerhand beschloss er seinen Opa mit zu nehmen, bevor er seine Arbeit noch schlampig machen und es dadurch unprofessionell wirken würde. Da konnte man, dann gut von seinem jungen Aussehen profitieren. Sollte ihm ein Fehler unterlaufen und sein Großvater ihn darauf hinweisen, wirkte das wie Meister und Lehrling. Nicht wie hat's gelernt und mit Bestnoten bestanden, aber kann nix.

Maxi gähnte und sah sich in seinem Zimmer um während er sich aufsetzte und die Füße auf den Boden stellte. Er müsste dringend mal wieder aufräumen. Gestern war er so fertig gewesen, dass er seine Klamotten einfach auf dem Boden hatte liegen lassen und auch das Buch das er hatte lesen wollen lag irgendwo in dem Chaos der letzten Tage. Gut, dass es in der Werkstatt nicht so aussah! Sonst könnte er ja seine Arbeit bald gar nicht mehr machen. Er schloss als erstes das Fenster. Das war der Vorteil am Landleben. Man kann mit offenem Fenster schlafen, da es meistens ruhig war. Anders als in Köln. Da hatte er es eine Nacht versucht und danach vor dem Schlafen einfach gut durch gelüftet. Es war ihm einfach zu laut gewesen.

Kurz sah er raus und sah seinen Großvater Gonny und Ziegenvieh füttern, wobei er Ziegenvieh von Gonnys Kraftfutter fernzuhalten versuchte. Ohne Erfolg. Die braune Ziege mit dem selbst von Oben gut erkennbaren roten Halsband stürzte sich begeistert auf das Kraftfutter des Haflingers und Großvater Bader entfuhr ein lautes „Sapperlot! Verdammtes Ziegenvieh". Maxi musste grinsen. Das war typisch für seinen Großvater.

Immer noch grinsend stieß er sich vom Fensterrahmen ab und öffnete seinen Kleiderschrank. Schnell fischte er alles raus was er brauchte und machte sich auf den Weg ins Bad. Heute entschied er sich für das Poloshirt in das das Logo der Sattlerei eingestickt war. Er hielt es ja eher leger, aber in seinem Ausbildungsbetrieb war es Pflicht gewesen jeden Tag in blauer Jeans und je nach Jahres Zeit T-Shirt oder Pulli mit Aufdruck der Sattlerei zu erscheinen. Die Farbe der T-shirts hatte auch nur zwischen dunkelblau, dunkelrot und dunkelgrün variiert. Da war er schon fast froh selbstständig zu sein und tragen zu können was er will. Auch wenn es ab und zu zu Verwirrungen führte und er dann wieder ganzgenau wusste warum sein Ausbildungsbetrieb so viel Wert auf die T-shirt gelegt hatte.

Am Frühstückstisch schwieg sein Großvater wie jeden Morgen und seine Mutter redete wie ein Wasserfall. Sein Vater war schon vor einer Stunde zur Arbeit gefahren.

„Opa kommst du heute mit?" fragte Maxi zwischen zwei Bissen von seinem Frühstück. „Jo" bestätigte sein Opa erfreut. „Babara du bekommst die ehrbare Aufgabe in meiner Abwesenheit auf Gonny und Ziegenvieh aufzupassen und ihre Weide zu reinigen." Barbara Bader verzog nicht sonderlich begeistert das Gesicht. Der alte Mann zuckte aber bloß mit den Schulter „Wat mut dat mut!" „Macht ihr euch nur einen schönen Tag, während ich Pony und Ziege hüte" murmelte sie beleidigt und fing schon mal an den Tisch abzuräumen. „Pass mir ja auf Ziegenvieh auf!" mahnte der Alte. „Wilhelm ich finde es immer noch nicht richtig, dass du die Ziege Ziegenvieh nennst. Kannst du ihr keinen schönen Namen geben?" sie nahm die Butter vom Tisch. „Soll ich sie Henriette nennen? Wäre dir das lieber?" fragte sein Opa säuerlich und Maxi musste etwas ungeniert grinsen. Es würde nicht lange dauern und seine Mutter dürfte sich einen Vortrag anhören á la ich bin Alt ich darf das oder ähnlichem. „Ja das wäre doch zumindest ein Anfang. Das arme Tier! Ziegenvieh klingt so abwertend" sprang seine Mutter zu allem Überfluss drauf an. „Für mich ist und bleibt sie Ziegenvieh. Basta! Nenn du sie wie du willst. Geh meinetwegen auch mit ihr Gassi oder bring ihr Tricks bei, aber für mich ist das Ziegenvieh und Ziegenvieh ist zwar nervig, aber Gonnys Freundin. Und ich darf das! Ich bin alt, senil, Pferdebesitzer und Einspännerliebhaber. Deswegen Ziege und kein zweites Pony. Und die Ziege heißt Ziegenvieh. Bei Harmsen hatte sie keinen Namen und jetzt ist sie vom namenlosen Etwas zum Ziegenvieh geworden. Das ist doch eine wunderbare Evolution." Maxi musste lachen und auch sein Opa stimmte mit ein, da Babara Bader guckte, als hätte sie nur die Hälfte der Ausführung ihres Schwiegervaters verstanden. „Namenloses Etwas?" prustete Maxi. „Naja bei Harmsen hieß sie Ziege oder scheiß Vieh. Ich weiß gar nicht warum der alte Stinkstiefel ne Ziege hatte. Ziegenmilch an Touris verkaufen funktioniert hier ja irgendwie nicht." Maxis Mutter schüttelte den Kopf „Alter Quatschkopf! Der hatte doch mal ne Herde, aber hat alle bis auf deine Ziege verkauft. Henriette hat er nicht mit verkauft bekommen. War irgendwie schon zu Alt." „Na dann passt das doch. Zu alt und fit zum Sterben. Wie ich!" meinte sein Opa und wandte sich dann an Maxi „Wollen wir dann mal Jung. Ich will wenn ich wieder komme ne Zirkusnummer mit der Ziege sehen" witzelte der alte Mann und bekam einen belustigten Blick von seiner Schwiegertochter ab. „Ja, ja. Sie kann wenn du wiederkommst auf den Hinterbeinen laufen und dabei mit Bällen jonglieren." „Auf dein Wort werte Schwiegertochter." Sie winkte ab „Ich werde nur mit ihr spazieren gehen." „Dann musst du aber Gonny mitnehmen!" erinnerte sie ihr Sohn, der gestern erst die Erfahrung gemacht hatte das Gonny ohne seine Freundin über den Zaun sprang und ihr hinterher setzte. So hatten schließlich Beide seelenruhig grasend um 20 Uhr im Garten gestanden und Maxi hatte Beide wieder einfangen müssen, da plötzlich alle Anderen Nachrichten und Tatort gucken wollten oder zu alt waren um hinter einer Ziege her zu rennen. „Ach je. Ob ich das schaffe!" seine Mutter wirkte nicht mehr so zuversichtlich. „Ach der Kleine ist wie ein Hund! Nimm genügend Möhrenstücke mit und du kannst ihn im Feld laufen lassen. Zur Not rennt der eh Ziegenvieh nach" meinte sein Großvater schlicht und stand auf.

Hufeisen werfenWhere stories live. Discover now