Oneshot • Alleine lebt's sich auch gut Pt.5

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Unsicher stand er vor der Tür. Die Worte seines Bruders hallten ihm in seinem Kopf immer wieder nach. Die Wahrheit... Ja, dies war die einzige Lösung. Doch genauso wie es die Lösung seien konnte, konnte es auch nur ein weiteres Problem erschaffen. Ein neues, noch größeres und bedeutenderes Problem als alle anderen. Aber eines Tages würde sie es erfahren, und dann wäre er lieber derjenige, der es ihr erzählt, denn er weiß es aus erster Hand. Vorsichtig klopfte er an der schweren Holztür und wartete auf eine Antwort. ,,Herein",rief eine weibliche Stimme emotionslos. Der rothaarige Mann atmete tief ein und betrat dann den Raum seiner Schwester. Auf dem steinigen Boden lag ein Beutel, drumherum einige Kleidungsstücke. Die Klinge ihrer Axt war in Stoffe eingehüllt, die schwarzhaarige hatte sich entschieden. Sie wollte weg, weg von ihren Freunden, weg von diesem Wald, weg von allem. Ein neues Leben würde sie in der Stadt anfangen, alles würde perfekt werden. Ihr Bruder würde sie nicht vermissen, der war ihrer Meinung nach fiel zu sehr mit sich selbst beschäftigt. ,,Du hast dich entschieden?",fragte der rothaarige und betrachtete das Chaos. ,,Ja, ja das habe ich",antwortete seine Schwester knapp und setzte sich auf ihr gemachtes Bett. ,,Und versuch nicht mich umzustimmen, ich hab mich entscheiden",beteuerte sie und hielt ihre Hände schützend vor ihren Körper. ,,Das will ich auch nicht",antwortete er und setzte sich zu seiner Schwester, ,,Ich... ich.... ich will dir Antworten geben" Die schwarzhaarige schaute ihren Bruder verwundert an und rutschte etwas von ihm weg. ,,Damals",erzählte er und jedes Wort das seinen Mund verließ, schmerzte zutiefst, ,,Ich kam von der Schule nach Hause, es war alles in Ordnung... bis auf das ich meinem Vater auf Befehl vom Direktor einen Zettel geben musste. Hah, der alte Typ hat gesagt dass ich einem Schulverweis knapp entgangen bin, als ob mich das beeindruckt hätte. Du warst noch in der Schule, deshalb weißt du auch nichts von dem was dann vorgefallen ist. Vater war nirgends zu finden, ich habe sogar auf seiner Arbeit angerufen, doch die sagten dass er seit Wochen nicht erschienen sei. Verwirrt ging ich in mein Zimmer und da-" Der rothaarige biss sich auf die Zunge und kniff seine Augen zusammen. Die Erinnerung kamen wieder hoch, alles fühlte sich so echt an. Er sah alles wieder vor sich, jedes einzelne Staubkorn war wieder an dem Platz, wo es auch vor 6 Jahren war. Die Emotionen kamen zurück, doch er konnte sie nicht zeigen. Dafür war er zu stark, dafür hatte er zulange ausgehalten um jetzt auch nur eine einzige Träne zu vergießen. Erneut sammelte der rothaarige seinen Mut und erzählte weiter:,,Da lag mein Taschenmesser, welches er mir geschenkt hatte auf dem Boden, es war voller Blut... überall war Blut verschmiert... Das Fenster war aufgerissen und ich hab einfach geschrien. Und dann ging alles ganz schnell. Sie haben uns beide mitgenommen und dann in verschiedenen Häuser gebracht, weißt du noch? Für dich lief alles gut, soweit ich das mitbekommen habe, aber mich haben sie von Anfang an gehasst. Im Büro habe ich ein Telefonat mitgehört, es ging darum mich in eine Psychiatrie zu bekommen weil ich eine Gefahr für die anderen Kinder war, sie dachten alle dass ich Vater ungebraucht habe, aber das habe ich nicht, wirklich nicht. Kennst du noch JJ, den komischen Jungen mit der grünen Strähne?" Die schwarzhaarige nickte und erinnerte sich an den komischen kleinen Kerl, er war wirklich nicht größer als gefühlte 1,20m, wenn überhaupt. JJ hatte sich immer wie ein Rockstar aufgeführt, seine grüne Strähne war sein Markenzeichen. Alle hatten Angst vor ihm, und trotzdem wurde er eines Tages mitgenommen, dann hörte niemand mehr etwas von ihm. ,,Er hat es mitbekommen und mir erzählt dass sie mich da in einen Käfig sperren und Experimente an mir durchführen, weil sie zu gefährlich für Tiere seien. Sie würden dann mir irgendwelche Spritzen verabreichen und Tests an meinem Gehirn machen, nur um zu sehen ob ich überlebe- oder eben nicht. Manchmal sollten sie aber auch einem eine weiße Jacke anlegen und in einen Raum mit gepolsterten Wänden sperren. Natürlich war das bescheuert aber ich hatte zu fiel Angst um seine Aussagen in Frage zu stellen. Ich habe nur daran gedacht, was aus dir werden würde. Aber bevor etwas passieren konnte, rannte ich weg. Und glaub mir, ich wollte dich wirklich mitnehmen, und ich hätte mich umbringen können dich nicht zu beschützen, aber ich redete mir ein du seist dort sicherer. Und den Rest? Den kennst du ja",beendete der Mann seine Erzählung und strich seiner Schwester eine Strähne hinters Ohr. Dann kramte er in seiner Tasche und holte einen kleinen, schwarzen Gegenstand hervor, welcher er seiner Schwester überreichte. ,,Hier, mein Taschenmesser. Ich hoffe du wirst es nie brauchen müssen",sagte der rothaarige fürsorglich und sah zu wie seine grünäugige Schwester mit ihrem Finger über die Klinge fuhr. ,,Du lässt mich gehen?",fragte sie ungläubig, ,,Mit deinem Messer?" Zur Antwort bekam sie nur ein Nicken. Dagur war nicht gerade dafür bekannt dass er seine Waffen gerne teilte, und schon garnicht einfach so verschenkte.

Und mit einem Mal wurde ihr alles klar, alles kam wieder hoch und erschließ sich ihr endlich. Und da war diese eine Person, die immer für sie da gewesen war. Wer hatte als sie noch ein kleines Kind war die Monster unter ihrem Bett verscheucht? Wer war mit ihr Schlitten gefahren? Wer hatte immer mit ihr gespielt? Wer hatte sie getröstet, wenn sie geweint hat? Wer hatte ihr beigebracht einen Drachen steigen zu lassen? Wer hatte die Jungen die sie geärgert haben krankenhausreif geprügelt? Das war alles Dagur. Er war immer für sie da gewesen, egal wie sauer sie manchmal auf ihn war, er hatte sie immer geliebt. Von ihren Emotionen überwältigt umarmte die grünäugige ihren rothaarigen Bruder, welcher die Umarmung ohne zu warten erwiderte. Heidrun fing mit einem Mal an dicke Tränen zu weinen und leise zu schluchzen. ,,Alles gut",beruhigte sie ihr Bruder und strich ihr über ihre langen Haare. ,,Ich hab dich lieb",murmelte sie zwischen dem Schluchzen. Diese Reaktion hätte Dagur nicht erwartet, sowas kommt für normal nicht aus dem Mund seiner Schwester. ,,Was?",fragte er um zu schauen ob er sich vielleicht einfach nur verhört hatte. ,,Ich hab dich lieb",sagte sie etwas lauter und deutlicher. Er hatte sich nicht verhört, seine Schwester mochte ihn tatsächlich, nach allem was er getan hatte. Instinktiv drückte er sie stärker und sagte:,,Ich hab dich auch lieb"

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