Kapitel 1: Gedankenverloren

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Es ging schon seit Wochen so. Dauernd hatte ich Kopfschmerzen und ich wollte nur noch alleine sein. Ich lag auf meinem Bett und dachte mal wieder so vor mich hin. Meine Gedanken wanderten so an allen Themen vorbei. Ich musste an meine besten Freundinnen denken, von denen ich mich in letzter Zeit entfernte. Ich wusste nicht warum, aber es war einfach so.

Als mein Blick die ganzen Fotos streifte, die so in meinem bunten Zimmer standen, liefen mir ganz langsam Tränen über die Wange. Ich vermisste so ziemlich alles, was immer wie selbstverständlich gewesen war. Meine Eltern waren da auf einem Foto mit mir und meinem kleinen Bruder. Familie - was hieß das schon? Ich hatte in den letzten Wochen festgestellt, dass Liebe vergänglich war. Das Foto verschwamm immer mehr vor meinen Augen, bis ich aufstand und es in die Hand nahm. In mir stieg eine riesige Wut auf. Ich konnte nicht mehr anders, als es zu zerstören. Das Glas des Rahmens zersprang als es mit großer Wucht gegen meinen Kleiderschrank flog. Den hatte ich aus unserem Haus nach der Trennung mitnehmen können. Jetzt wohnten mein Bruder Kai, meine Mutter und ich in einer kleineren Wohnung in einem Vorort von Köln. Mir gefiel es hier nicht. Es war dreckig und laut, aber Wünsche hatten wir nicht frei gehabt.

Das Leben ist kein Ponyhof.

Das wurde mir jetzt erst richtig klar. Ich hatte mich immer noch nicht im Griff und weitere Tränen tropften von meinem Gesicht auf den Teppich. Das war das einzig Gute an dieser Wohnung. Wir hatten Teppichboden, auf den man sich einfach fallen lassen konnte, wenn man wollte. Vor allem aber konnte man so laut sein, wie man wollte. Das nutzte Kai gnadenlos aus. Den ganzen Tag über drang die Musik von YouTube durch die doch dünne Wand zu mir rüber. Es beruhigte mich, dass es Kai gut ging. Er war mir sehr wichtig und ich bewunderte ihn dafür, dass er alles so schnell verkraften konnte.

,,Miri! Kai!" , schrie meine Mutter von unten gegen die Musik an. ,,Kommt essen bitte." Ich lief im Bad vorbei um meine verlaufene Wimperntusche wegzuwischen. Meine Augen waren gerötet und ich hatte nicht einmal annähernd Hunger. Aber wusste, dass wenn ich nicht runter gehen würde, meine Mutter mich wieder ausfragen würde.

,,Dann mal los.", sagte ich zu mir selbst und machte mich auf den Weg nach unten. Meiner Mutter sah man an, wie schlecht es ihr ging. Aber hatte sie denn eine andere Wahl gehabt? Mein Vater, den ich schon gar nicht mehr so nennen wollte, hatte sie schließlich verlassen. Nächste Woche würde ich ihn besuchen dürfen, aber da hatte ich eigentlich gar keine Lust zu. Ich hörte meinen Bruder die Treppe runter stampfen. ,,Stampfe doch nicht so!", musste meine Mutter schreien. Man muss wissen, dass mein Bruder 14 war und er gerade seine schwierige Phase durchlebte. Ich musste bei dem Gedanken daran, wie ich vor zwei Jahren war schmunzeln.

,,Miriam verdammt. Jetzt beeile dich doch mal bitte mit dem Tisch decken. Das Essen wird kalt, weil du so viel träumst!.", sagte meine Mutter im kommandier Ton. Sie hatte eindeutig einen ganz schlimmen Tag. Gerade als wir alle am Tisch saßen uund versuchten, die Art von Gericht was meine Mutter gekocht hatte zu erkennen, klingelte es an der Haustüre. Meine Mutter sah mich mit bittenden Augen und schon war ich aufgestanden, um zu sehen, wer vor der Tür stand...

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