Prolog/oder eher wie alles begann...

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Ich starrte auf mein Handy. Seit wann genau wusste ich nicht. Aber seit einer Weile bestimmt schon. „Emily, rede mit mir!“ riss mich die panische Stimme meiner Mutter aus meinen Gedanken. Als ich zu ihr aufschaute sah ich die Neugierde, aber auch die Angst in ihren Augen.

Wie sollte ich ihr das nur erklären?

Wieso hatten die überhaupt mich angerufen und nicht sie? Wieso-„Emily!“ sie schrie mich jetzt schon fast an, aber ich wusste, dass es das was ich ihr sagen müsste, auch nicht besser machen würde. Also atmete ich nochmal tief durch, bevor ich zu sprechen begann. „Mum-“ Ich versuchte es wirklich, doch die Worte wollten meine Lippen nicht verlassen. „Mum, Dad ist tot.“ Bekam ich schließlich leise und gequält heraus.

Sie hatte Tränen in den Augen und starrte mich ungläubig an. „Nein! Nein nein nein nein nein...“ Sie sah panisch, verängstigt, enttäuscht, aber vorallem zu tiefst verletzt aus.

Auch wenn es ihr sichtlich schwer fiel, stellte sie die Frage von der ich wusste dass sie kommt. „Was ist passiert?“ „Er hatte einen Auotunfall, er wurde gegen einen LKW geschleudert und.... und das Auto ist explodiert...“ Ich hatte mir diese Antwort schon zurecht gelegt und auch wenn die Szene in meinem Kopf mich fast zum schreien brachte, ist meine Antwort sachlich. Emotionslos. Als hätte sie mich gefragt ob ich frische Ananas gekauft hatte. Rasch nehme ich sie in den Arm und streiche ihr beruhigend über den Rücken, während sie zu schluchzen begann. Ich wusste, dass es eigentlich anders herum sein sollte, aber es war schon immer so. Ich war schon immer die mit den stärkeren Nerven.

Erst das Knarren der Treppe und das Tappen von Füßen in zu großen Schuhen durchbrach irgendwann die Stille. Schnell löste ich mich von meiner Mutter, um der Person vom Tod meines Vaters zu beichten, die es am wenigsten verstehen, aber vermutlich trotzdem am schlimmsten treffen würde. „Nick...“ Setzte ich an und nahm den Jungen mit dem zu weiten Fußball-Trikot, als Schlafanzugoberteil, in den Arm. „Emmy?“ fragte er und klang dabei nicht wie ein neun-Jähriger.

„Ja...?“ Fragte ich zögerlich. Ich wusste immer noch nicht wie ich dem Kleinen sagen sollte, dass sein Dad nie wieder nach Hause kommen würde. Natürlich war er nicht mehr wirklich klein. Diese Zeit war längst vorbei. Aber er wart mein kleiner Bruder und mit den großen ängstlichen blauen Augen und den viel zu großen Klamotten, sah er zusätzlich einfach so furchtbar zerbrechlich aus.

„Ich hab gehört was du gesagt hast...“ murmelte er in mein Haar, da ich meine Umarmung immer noch nicht lockerte. „Stimmt das?...Das stimmt doch nicht... oder?“ fragte er ängstlich und ich wusste, dass ich ihm antworten musste. „Doch es stimmt. Großer du musst jetzt ganz tapfer sein, Dad ist jetzt oben im Himmel bei Opa und Oma“, versuchte ich ihm alles schonend zu erklären. Ich hörte ihn schluchzen und spürte auch wie mir Tränen die Wangen herunter liefen.

'Verdammt Emmy reiß dich zusammen und hör auf zu heulen! Jetzt musst du dich um Nick kümmern! Heul weiter wenn er schläft, aber hör jetzt endlich auf!' Schnauzte ich mich selber in Gedanken an.

Wir standen so noch eine halbe Ewigkeit da, bis ich ihn in sein Bett buxierte. Nachdem ich ihm gleich zweimal sein Gutenachtlied vorgesungen hatte,  für das er sich eigentlich seit zwei Jahren zu alt fühlte, schlich ich aus dem Zimmer. Ich konnte das Schluchzen meiner Mutter aus dem Wohnzimmer hören und eigentlich wollte ich sie in den Arm nehmen und für sie da sein, aber auch mir liefen seit einigen Minuten wieder die Tränen über die Wange. Nachdem ich meine Zimmertüre geschlossen hatte, ließ ich mich auf mein Bett fallen und aus dem stillen Weinen wurde ein lautes Schluchzen und Wimmern.

Er war mein Held gewesen. Er hatte für mich immer die Welt in Ordnung gebracht und mich wie eine Prinzessin behandelt. Nun, als ich kleiner war, jetzt natürlich nicht mehr, doch der Spitzname 'Prinzessin' war geblieben. Ich seine 'Prinzessin', Nick sein 'kleiner Stürmer'. Aus den einzelnen Tränen wurde ein ganzer Wasserfall, als mir bewusst wurde, dass er mich nie wieder so nennen würde...

********

Als ich am nächsten Morgen aufwachte warst es 06:30. Daher hatte ich genau zwei Stunden und zehn Minuten geschlafen, oder mich unruhig hin und her gewälzt. Heute war Montag, der erste Tag der Ferien. Wenigstens musste ich mich und Nick so nicht krank melden. Nick. Der Gedanke an ihn machte mich so unendlich traurig. Nachdem ich Minuten an die Decke gestarrt hatte, rappelte ich mich auf und lief nach unten in die Küche. Auf dem Weg dorthin schlich ich auf Zehenspitzen am Wohnzimmer vorbei, indem meine Mutter lag und auf dem Sofa schlief. Ich beschloss uns allen Pancakes zu machen, weil mein kleiner Bruder die am liebsten aß.

Als ich nach ein paar Missgeschicken, wie einem Löffel den ich durch die Küche geschleudert hatte, endlich fertig war beschloss ich nun doch nach oben zu gehen und mich anzuziehen und zu duschen. Ich hatte das Badezimmer mit Absicht gemieden, weil ich bereits vermutet hatte, durch das Weinen fürchterlich auszusehen. Ein Blick in den Spiegel bestätigte das. Rasch entfernte ich den Haargummi aus meinen verwuschelten braunen leicht gewellten Haaren, die mir fast bis zum Bauchnabel gingen.

Nach 15 Minuten kalt duschen sah ich wieder einigermaßen akzeptabel aus. Also föhnte ich mir noch die Haare zog mir meinen, mir viel zu goßen grauen Micky Maus Pullover und eine rote skinny Jeans an. Als ich fertig war, überlegte ich ob ich mich schminken sollte, ließ es dann aber sein. Ein Klingeln an der Haustüre brachte mich schließlich dazu nach unten zu laufen. Wo ich auf die Uhr schaute und mit den Augen rollte.

Um diese Zeit konnte das ja nur Niall sein...

Never give up [Louis Tomlinson FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt