16. Kapitel

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„Es war gut, dass du den Jungen mitgebracht hast. Ich habe Vater und Mutter schon lange nicht mehr so...lebendig gesehen!"

Eirik packte Magnus an der Tunika ohne den Blick von Tjelvar zu nehmen, als Magnus schon wieder losrennen wollte. Es geschah wohl eher unterbewusst, aber er hatte wohl ein Gespür dafür, wann Magnus wieder etwas anstellen wollte.

Vor ein paar Wochen hatte Tjelvar ihn noch beneidet, aber nun wusste er, wie viel Arbeit die Zwillinge machen konnten. Besonders jetzt, da Flora jederzeit niederkommen konnte und Eirik es sich nicht nehmen ließ, ihr die Kinder auch abzunehmen. 

Dieses Mal würden es keine Zwillinge werden. Tjelvar hatte Flora untersucht und nur einen Herzschlag feststellen können. Eirik war bei der Untersuchung anwesend gewesen und als Tjelvar sein Ohr an den Bauch gehalten hatte, hatte er wütend auf geschnaubt. Flora hatte nur gelacht, aber Tjelvar hatte schon Prügel dafür vermutet. Aber Eirik hatte sich beherrscht, besonders als Tjelvar ihm erklärte, dass er sich auf ein gesundes und kräftiges Kind einstellen durfte.

Heute morgen war Eirik auf einmal mit Magnus auf dem Arm bei ihm in der Hütte aufgetaucht und hatte ihn zum Fjord mitgeschleift. Warum wusste Tjelvar noch nicht. Aber offenbar wollte er mit ihm etwas besprechen. In der letzten Zeit kamen sie kaum dazu. Eirik sah auf den Fjord hinaus. Er wirkte entspannt, was Tjelvar gar nicht von ihm kannte. Eirik war ein Mann, der immer etwas zu tun haben musste und kaum einmal die Muse besaß, sich hin zu setzen und auf das Wasser zu starren.

„Auch das Weib von Runar beeindruckt mich. Ich dachte erst, sie wäre die deine, doch sie hat mich aufgeklärt. Zumindest etwas. Was war da zwischen dir und ihrer Schwester? Muss ich bald mit noch mehr Iren rechnen, die Genugtuung verlangen, weil du die Tochter des Anführers geschändet und geschwängert hast?"

Tjelvar schnalzte mit der Zunge.

„Ich bin Heiler! Ich weiß Mittel und Wege, wie man ein Kind verhindern kann!"

Eirik grinste ihn an, während er wieder Magnus festhielt, der seinen Vater entrüstet anschaute.

„Will zu Oran!", krähte er.

Eirik seufzte.

„Dann geh zu ihm. Aber ärgere ihn und deinen Großvater nicht, hast du verstanden, Bürschchen?"

Wieder erntete er einen entrüsteten Blick, dann lief Magnus zur Hütte seiner Großeltern.

Die Kinder des Gutes liebten Oran und er liebte sie. Er spielte mit ihnen und hörte von niemanden ein böses Wort über ihn. Er blühte richtig auf, was aber auch an Egil und Fara lag, die ihn aufnahmen und ihn wie ein eigenes Kind behandelten. Seine Eltern störte es nicht, dass er im Kopf noch ein Kind war und dennoch verrichtete Oran kleinere Arbeiten, die ihn Fara auftrug, ohne zu murren. Sein liebenswertes Wesen ließ die Wikinger über seinen kleinen Fehler hinwegsehen, die ab und zu noch passierten. Die meisten schüttelten dann grinsend den Kopf, erklärten ihm, was er falsch gemacht hatte und Oran erledigte es dann in einem Eifer, was die Meisten dann lachen ließ. Nur einmal war er ausgeschimpft worden, als er sich ungefragt an den Webstuhl gesetzt hatte und Floras Teppich zerstört hatte. Aber da Flora so gutmütig war, fiel auch die Strafpredigt eher mild aus.

Besonders Magnus hing sehr an seinem „Onkel" Oran und spielte am liebsten nur noch mit ihm und den Holzfiguren, die Tjelvar immer noch schnitzte. Und genau das hatte Magnus nun wohl vor, denn er rannte von seinem Vater und Onkel weg, als wären die Dämonen der Hel hinter ihm her.

Eirik sah ihn grinsend hinterher.

„Er gleicht mir leider viel zu sehr! Ich hatte gehofft, dass er wenigstens etwas von seiner Mutter abbekommt! Aber er muss immer beschäftigt werden und Oran nimmt uns da wirklich viel Arbeit ab, wenn er mit den Kindern spielt!"

TjelvarWo Geschichten leben. Entdecke jetzt