9. Kapitel

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Kierra wurde zu ihrem Vater gerufen. Genau wie Aodh, Mael und Bairre. Sie befürchteten etwas Schlimmes. Wenn sie alle zu ihrem Vater gerufen wurden, dann war etwas Böses im Gange.
Sie gingen zu der Bibliothek, die ihr Vater auch als Arbeitszimmer nutzte. Zu Kierras Erstaunen waren drei Wikinger schon bei Nuallan und beugten sich über eine Karte. Tjelvar, Runar und ein anderer, der eigentlich sehr jung war. Kierra wusste aber, dass man Artturi nicht unterschätzen durfte. Sie hatte einige Male schon mit ihm zu tun gehabt. Er war ein schlauer Kopf, auch wenn er es nicht immer zeigte. Wie die anderen auch. Keinen der Wikinger durfte man unterschätzen. Das hatte sie lernen müssen. Besonders wenn es um Tjelvar ging.
Ihr Vater sah sie und ihre Brüder und winkte sie an den Tisch. Die Wikinger machten ihnen bereitwillig Platz.
„Es ist nun kein Geheimnis mehr. Tadhg wird uns angreifen. So wie es Cormac voraus gesagt hat! Einer der Bauern hat sie gesehen und hat seinen Sohn zu mir geschickt, um mich vorzuwarnen."
Mael hob eine Augenbraue.
„Meinst du, Cormac hat sich deswegen bei uns eingeschlichen? Wollte er wissen, wie stark unsere Armee ist?"
Tjelvar schüttelte den Kopf.
„Nein! Das denke ich nicht. Ich habe oft mit ihm gesprochen und er wusste auch, dass er mit seinen Männern keinen Sieg davontragen wird. Ich denke eher, es geht alles von seinem Vater aus, der verblendet ist. Außerdem hat mir Bruder Eberwin von dem Mönch erzählt, der bei Tadhg haust. Ich denke, er wird auch einen erheblichen Anteil daran haben, dass die Mannen sich nun auf den Weg gemacht haben! Ich kann mir nur nicht erklären, was er sich davon verspricht."
Nuallan nickte.
„Ich habe mir auch schon so etwas gedacht. Es wird zur Schlacht kommen. Allerdings möchte ich Verluste vermeiden so gut es geht. Auf beiden Seiten!"
Aodh spuckte aus.
„Verdammter Mönch! Er ist einer der schlimmsten Sorte. Nichts gegen Bruder Eberwin, aber dieser Bruder Anselm...ich traue ihm nicht! Er bringt seinen Orden in Verruf. Man sollte dem Abt eine Nachricht zukommen lassen!"
Artturi nickte, während er immer noch auf die Karte schaute.
„Aber er hat es geschafft, Tadhg gegen uns auf zu hetzen. Eine Nachricht würde zu spät kommen. Wir sollten nun besonnen vorgehen, denn alles andere wäre Unsinn. Es gibt mehrere Möglichkeiten. Die Burg ist sehr gut geschützt, da die Nordseite auf das Meer zeigt und sich von dort nicht angreifen lässt, ohne das man frühzeitig entdeckt wird. Er wird es auf die Felder abgesehen haben und uns dort erwarten. Allerdings würde ich etwas anderes vorschlagen."
Sie schauten alle auf den jungen Wikinger. Runar und Tjelvar erwartungsvoll und die Iren etwas skeptisch, was man ihnen nicht übel nehmen durfte. Schließlich war Artturi noch jung und sie waren es nicht gewohnt, jemandem so jungem zu zuhören.
„Was schlägst du vor?", fragte Tjelvar, als das Schweigen beinahe unerträglich wurde.
Artturi sah immer noch nicht von der Karte hoch, aber er zeigte auf eine Stelle darauf.
„Du siehst hier ein Feld. Sie werden rechnen, dass wir ihnen dort entgegen kommen. Ich weiß, dass das Feld brach liegt um sich zu erholen!"
Nuallan nickte.
„Das ist richtig, mein Junge. Und ich denke auch, dass sie dort die Schlacht erwarten."
Artturi lächelte den Älteren an.
„Das sollten wir ihnen austreiben. Steckt das Feld in Flammen, sobald sie kommen und jagt sie in den Wald. Ihr kennt euch dort besser aus und unsere Männer hätten dort viele Versteckmöglichkeiten. Wenn sie es bis zur Burg schaffen, könnten auch die Frauen und Kinder in Gefahr sein, aber im Wald wären die Verluste überschaubar."
Nuallan sah nun auch auf die Karte.
„Das ist ein brillanter Einfall! Auch auf der Gegenseite könnten wir so mehr Gefangene machen und müssten nicht viele töten."
Aodh sah ihn ernst an.
„Das wird sich allerdings nicht vermeiden lassen. Aber ich bin mir sicher, dass der Plan funktionieren könnte."
Er richtete sich auf und wandte sich an Artturi.
„Wenn mein Vater nichts dagegen hat, würde ich das mit dem Feld übernehmen. Du solltest mir helfen, denn ich muss sagen, dass mir deine Denkweise sehr gut gefällt!"
Der junge Wikinger wurde rot im Gesicht, aber er nickte und sah dann Nuallan fragend an. Dieser nickte ernst.
„Ja, geht und kümmert euch darum. Ich werde mit den anderen den Wald aufsuchen und dort nach Möglichkeiten Ausschau halten. Wir könnten auch Fallen auslegen. Ich denke, sie rechnen nicht damit und wir hätten einen Teil schon los! Immerhin denken sie, es wäre ein überraschender Angriff."
Kierra nickte.
„Ich werde mich um die Ausrüstung kümmern."
Tjelvar sah sie grinsend an.
„Dann helfe ich dir dabei und du wirst im Gegenzug mir bei der Versorgung der Verletzten helfen!"
Kierra verzog das Gesicht. Dazu hatte sie eigentlich gar keine Lust, aber sie musste auch daran denken!
Sie grinste zurück.
„Abgemacht!"

TjelvarWo Geschichten leben. Entdecke jetzt