Am nächsten Morgen stand ich, wie befohlen, früh auf. Nach dem Duschen lief ich zum Frühstücken ins Esszimmer, in dem mein Vater mit einem Kaffee schon am Tisch saß und wieder die Nachrichten las. Ich bereitete mir Waffeln zu und setzte mich dann zu ihm.
«Du kennst dein Plan für heute?» sprach er nach einer Weile ohne von seinem Handy aufzuschauen. «In und Auswenig» erwiderte ich mürrisch.
«Wenn du dann fertig bist fahr ich dich zu eurem Haus. Dein Auto bleibt erstmal hier. Du wirst dir nämlich ein neues Auto aussuchen, einen Mietwagen. Wäre schön, wenn es diesmal etwas weniger schäbiges ist»
Überraschend tat mich das nicht. Er hasste mein Auto schon seit dem Tag an dem ich damit die Einfahrt entlanggefahren war. Es war ein sehr schlichtes und klassisches Auto, das nichts ans sich hatte, das schrie 'Mein Besitzer ist reich, ätschibätschi' Und genau das passt ihm nicht daran. Monatelang hatte er versucht mich zu einem besseren Auto zu überreden und monatelang hatte ich mich geweigert. Jetzt konnte ich aber nur die Augen verdrehen, da den aktuellen Umständen entsprechend ein neues Auto das geringste Übel war.
»Wie lange mieten wir es?« fragte ich stattdessen. »So lange wie es nötig ist" erwiderte er. «So wie euer Haus auch« Skeptisch sah ich ihn an. »Und das wird auf Dauer nicht teuer? Ich mein, statt uns verloben zu lassen, uns Autos und Häuser zu mieten, könnt ihr das Geld dafür doch für eure neuen Maschinen verwenden«
Jetzt erst sah mein Vater auf. Emotionslos blickte er mich an und fing dann auf einmal an laut zu lachen. »Ist dir eigentlich klar, von welchen Summen wir da beim Sponsoring sprechen, Evelyn? Im Vergleich dazu ist das Haus und der Schnickschnack drum rum nichts« sprach er. "Wie du meinst" entgegnete ich und aß fertig auf.
"Bist du dann jetzt fertig zum Aufbrechen?" fragte er und lief ohne auf meine Antwort zu warten zu seinem Auto. Wie immer blieb mir nichts anderen übrig als ihm widerwillig hinterher zu dackeln und mich dann auf den Beifahrersitz fallen zu lassen.
Ein letztes Mal sah ich aus dem Fenster. Mein Zuhause. Der Ort, den ich weiß Gott wann erst wiedersehen werde.
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Vielleicht gerade mal eine halbe Stunde später kamen wir an. Zumindest signalisierte es mir mein Vater, in dem er die Einfahrt eines riesigen Hauses entlang fuhr. Vollkommen überwältigt vom Haus stieg ich zusammen mit meinem Vater aus und lief zur bereits offenen Tür.
Drinnen erwartete uns eine ebenfalls riesige Eingangshalle, in der überall Kartons gestapelt waren. Die Sachen, die wir herschicken lassen hatten. Wir liefen den Stimmen nach, die allen Anschein nach aus der Küche kamen.
Dort saßen Ethan und ein Mädchen flirtend an der Theke, welche uns erst bemerkten, als mein Vater sich räusperte. Während das Mädchen ein wenig beschämt aufstand, blickte Ethan uns nur amüsiert entgegen.
»Willkommen zuhause« sprach er. »Evelyn, das ist Luisa, die Tochter unserer Köchin. Luisa, das ist meine Verlobte Evelyn« stellte er uns einander vor während er langsam auf mich zu lief und mir einen spöttischen Wangenkuss gab, den ich nicht erwiderte.
Ihre Blick bei dem Wort 'Verlobte' war schon fast unbezahlbar. Ob es daran lag, dass sie mir zuvor abwertende Blicke erteilt hatte oder daran, dass sie mit jemanden wie Ethan flirtete, wusste ich nicht, aber diese Luisa war mir eindeutig unsympathisch. Folglich lief ich nicht extra rüber zu ihr sondern lächelte ihr kurz gezwungen zu.
«Ihr kennt beide euren Tagesablauf, richtig?« wandte sich mein Vater an mich und Ethan. Während ich nickte blickte er uns nur perplex an, was ihm ein genervtes Stöhnen von mir und meinen Vater einbrachte. »Wir sollen jetzt erstmal mit dem Auspacken der Kisten anfangen, dann weitere Möbel aussuchen gehen. Um 16 Uhr kommt unsere Verlobungsplanerin Mrs. Rose und um 20 Uhr kommen dann Leute vorbei, die uns mit den Möbeln helfen« ratterte ich runter. Dass es bei den Möbeln, um die für unsere eigenen Zimmer handelte ließ ich getrost aus, da ich vermutete, dass Luisa nichts von der falschen Verlobung wissen durfte.
