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Eine Träne bahnte sich den Weg über meine Wange. Ich schwor mir, dass es die einzige bleiben würde.

Ich drehte meinen Kopf weg und stieß ihn mit aller Kraft von mir weg.

So schnell ich konnte fuhr ich los. "Ich hasse dich", rief ich verbittert, ohne mich noch einmal umzudrehen.

Aber vor mir selbst leugnete ich die Wahrheit nicht länger. Ich liebe dich, fügte ich in meinem Kopf hinzu. Ich liebe dich so sehr, Matteo.

****************

Ich flüchtete an den Ort, an dem ich mich sicher fühlte.

Simon saß auf einer der Bänke vor einem Tisch und tippte auf seinem Handy herum. Er war wohl gerade fertig mit der Arbeit. "Hi", begrüßte er mich.

Ich setzte mich neben ihn und setzte erst meinen Helm ab, zog dann meine Rollerskates aus. Ich lehnte mich an Simons Schulter an und er legte ganz automatisch einen Arm um mich.

Es war gar nicht nötig, dass wir uns unterhielten. Ich wollte nur ein bisschen Ruhe haben und es schien, als wollte Simon das auch. In seinen Armen war es am einfachsten, zu entspannen. In seiner Nähe musste ich nicht über igendwelche miesen Dinge nachdenken, die ich gesagt hatte, denn Simon würde mich nicht verurteilen. Er war einfach da. Und ich war das auch.

Ich schloss meine Augen und lauschte den Tönen, die die Tastatur von Simons Handy auslöste. Er hatte es wohl nicht auf Lautlos gestellt.

Ich bekam noch mit, wie Nico einen Milchshake auf unseren Tisch stellte, dann schlief ich ein.

Ich hoffte nur, ich würde nicht von Matteo träumen. Ich hatte ihn gewarnt. Doch er verarschte mich schon wieder.

Als ich meine Augen öffnete, saß ich auf einem kleinem Bett. Es war ganz plötzlich passiert. Auf einmal war ich hier gewesen. Und ich war nicht alleine. Ein kleines Mädchen mit wunderschönen braunen Locken saß neben mir.

"Sol", sagte ich begeistert.

Sie lächelte und klaschte dann in ihre Hände. "Ma!", rief sie. Kurze Zeit später öffnete sich die Tür.

Seine Augen waren genau so wunderschön blau, wie sie es das letzte Mal auch waren, als ich ihn gesehen hatte. Die dunkelblonden Haare lockten sich stärker denn eh und je und hingen kreuz und quer. Ma war genau so bezaubernd, wie ich ihn in Erinnerung hatte.

Doch es blieb mir keine Zeit, mich mit ihm zu unterhalten, denn plötzlich verschwamm das Bild und ein anderer Traum vermischte sich mit diesem. Es schien mir viel mehr, wie eine Erinnerung.

"Ich habe immer das Licht der Sonne bei mir", flüsterte Sol und zerbrach das Medaillon, das sie in ihrer Hand hielt. Aber es war eine andere Sol. Ihre Haare waren kürzer, sie selbst kleiner. "Diese Sonne hier ist für dich. Sie soll dich beschützen"

Verwirrt drehte ich mich um und bevor ich reagieren konnte fiel ich. Tiefer und tiefer in ein endloses Nichts. Ich schrie, so sehr erschrak ich mich, doch mir passierte nichts. Denn im nächsten Moment saß ich auf einer Wiese, als wäre nie etwas gewesen. Meine Atmung ging schnell und meine Fingerknöchel liefen weiß an, weil ich meine Hände so fest gegen einander drückte.

Tausende Wespen flogen plötzlich um mich herum und sofort schlug ich nach ihnen, damit sie sich nicht auf mich setzten, bis ich laute Hilferufe hörte. Es war Ma's Stimme. Ganz sicher. Es war seine Stimme.

Ich schrie, als sie begannen, mich zu stechen und presste meine Lippen aufeinander, damit sie mir nicht in den Mund flogen. Panik breitete sich aus. Meine Hände begannen zu zittern und der Schmerz der Stiche lähmte mich.

Nur einen Wimpernschlag später waren die Wespen weg.

"Wieso habt ihr denn keine Angst vor Wespen?", schrie Ma angsterfüllt, der auf einmal vor mir stand und ich wollte nichts lieber, als mir die Ohren zuzuhalten. Ich schüttelte hektisch meinen Kopf, als würde Ma auf diese Weise verschwinden. Es funktioniete.

"Die Sonne beschützt dich", brüllte Sol plötzlich, ihre Stimme war ganz verzerrt und schrill. Da war nur noch das laute Piepen, das alles übertönte. Die Wiese war weg.

Ein Schluchzen, das wie aus dem nichts kam, wurde lauter, bis es unerträglich wurde.

Ma lag auf einem Krankenbett, blass wie eine Leiche und keuchte. In mir zog sich alles zusammen. Er würde sterben. Ich wusste, er würde sterben.

"Sie hinter dich", murmelte er. Seine Augen schlossen sich. "Ich wüschte, du würdest hinter dich sehen"

Look behind you #LutteoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt