Aber

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Simon legte seine Gitarre bei Seite und zog mich in seine Arme. Was wäre ich nur ohne ihn?
Das Klatschen, das ich hinter uns hörte, sorgte dafür, dass ich mich wieder von ihm löste. Als ich mich umdrehte, sah ich keinen anderen als Matteo vor mir. Neben ihm stand Gastón mit dem selben überheblichen Grinsen, das auch Matteo immer trug und so gar nicht zu der Person passte, die sich eigentlich dahinter verbarg.
"Lieferfee", sprach mich Matteo an. "Wusste gar nicht, dass du so gut singen kannst"
"Es gibt vieles, dass du nicht weißt", entgegnete ich.
Sein Grinsen wurde noch etwas breiter und ich bemerkte, dass ich ihm eine perfekte Vorlage gegeben hatte. Innerlich verdrehte ich meine Augen. "Ich hätte nichts dagegen, wenn du mir alles erzählst", meinte Matteo und trat ein Stück näher.

"Ach und Nina, nette Stimme", frügte er hinzu, bevor ich ihm darauf antworten konnte.

Von der einen Sekunde zur nächsten lächelte Nina. Nein, sie strahlte, sie schien beinahe zu platzen vor Glück. Vielleicht würde ich auch so aussehen, wenn der Junge meiner Träume mir ein Kompliment machte. Ich hoffte sogar, dass ich auch jemanden finden würde, der mich mit ein paar Worten so glücklich machen konnte, wie Matteo es bei Nina konnte.
"Finde ich auch", stimmte Gastón seinem besten Freund zu. "Du solltest beim Open auftreten"
Ich konnte mir ein kleines Lachen nicht verkneifen, denn es gab kaum etwas abwegigeres als das. Nina hier zum Singen zu überreden, war schon schwer genug gewesen, aber es gab keine Worte dieser Welt, die Nina davon überzeugen würden, vor so vielen Menschen zu singen.
"Nein danke", sagte Nina, das schüchterne Mädchen war zurück. "Das hier war eher ein Ausnahmezustand. Statistisch gesehen..." Doch da unterbrach sie sich selber. "Was rede ich denn schon wieder? Ich sollte ... gehen?" Sofort nahm sie sich ihren Rucksack und verschwand um die Ecke, nachdem sie Matteo noch ein ganz kleines Lächeln zu geworfen hatte. So würde das nie etwas werden!
"Hey, warte Mal", rief ihr Gastón hinterher und verschwand dann auch. 

Erst fand ich es süß, dass Gastón ihr hinterher lief, doch dann traf es mich wie ein Blitz.
Ich habe Nina nicht erzählt, dass Gastón denkt, sie steht auf ihn!, schoss es mir durch den Kopf und meine Augen weiteten sich schockiert. Das würde eine absolute Katastrophe werden!

Du hättest es ihr sagen sollen, dachte ich panisch. Ich konnte nicht anders, als Matteo dafür die Schuld zu geben. Er hatte es schließlich Gastón erzählt. Von ihm kam dieser ganze Unsinn überhaupt!
Ich hoffte inständig, dass Gastón Nina nicht auf diese Lüge ansprach. Das würde sie mir nie verzeihen! Nervös wippte ich auf meinen Schuhkanten. Sollte ich den beiden nachlaufen?

"Was ist los, Lieferfee?", fragte Matteo belustigt. "Mache ich dich nervös?"
Schnell schüttelte ich meinen Kopf und sah zu Simon. Doch der saß einfach nur da und tippte auf seinem Handy herum. Er schien unser Gespräch nicht einmal mitzubekommen.
"Nein, nein, Matteo, das ist es nicht", meinte ich. Ich überlegte. Was würde ich tun, wenn ich Nina wäre? Was würde Nina tun, wenn sie jetzt ich wäre?
Vielleicht würde sie mir ja schreiben! Aber als ich mein Handy heraus holte und den Chat von uns abtippte, musste ich einsehen, dass sie die ganze letzte Stunde nicht einmal online war und somit auch nicht geschrieben hatte. Vielleicht war ja auch alles okay bei Nina und ich machte mir viel zu viele Sorgen. Man konnte ja nie wissen.
Kaum sah ich wieder auf, stand Matteo plötzlich ganz nah und ich zuckte zusammen. Sein Blick war auf meinen Chat gerichtet.
"Ich glaube, ich weiß, was los ist", sagte er dann. "Aus irgendeinem Grund weißt du..." Begann er und ich wusste sofort, dass er wohl schon erahnte, was ich dachte. Doch auf einmal bemerkte ich Amber, die ins Jam & Roller trat. Panik überfiel mich und so schusselig wie ich war, stolperte ich über Simons Füße, als ich einen Schritt zurück trat, um mich aus dem Staub zu machen. Ein Glück konnte ich mich gerade noch fangen, doch das Matteo mich auslachte, konnte ich nicht vermeiden. Wahrscheinlich hätte ich auch über mich gelacht, wenn ich in einer anderen Situation wäre, aber jetzt hatte ich ganz andere Sorgen.
"Luna? Was wird das?", fragte Simon verwirrt.
"Ich muss.. mh keine Ahnung", meinte ich und stopfte meine Sachen in die Tasche.
"Lieferfee?", Matteo lachte rau. "Was ist los mit dir?"

"Bleib einfach fern von mir, dann ist alles okay", sagte ich zerknirscht und lief zur nächsten Ecke. Als ich mich noch einmal zu den beiden umdrehte, konnte ich nicht wirklich sagen, wer verwirrter aussah. Aber dann drehte sich Matteo in die andere Richtung und sein Blick fiel auf Amber. In diesem Moment verschwand ich, wollte gar nicht wissen, ob er irgendetwas bemerkt hatte, und als ich das Jam & Roller verlassen hatte, lies mich auf der nächsten Bank nieder.
Ich musste irgendetwas machen! Ich könnte doch nicht ewig weglaufen, wenn ich mich mit Matteo unterhielt und Amber kam.

Kaum hatte ich meine Skates noch einmal festgeschnürt, klingelte mein Handy. Es war Simon.

"Luna?"

"Verzeih mir, Simon.", sagte ich sofort."Ich weiß, dass war seltsam. Aber ich kann dir das nicht erklären. Ehrlich, ich möchte ja, aber..." Aber wie könnte ich ihm schon sagen, dass ich Angst hatte, dass Amber ihm wehtat?

"Luna", unterbrach mich Simon. "Das ist nicht so wichtig. Du wirst schon deine Gründe gehabt haben. Ich wollte nur fragen, ob wir uns jetzt noch treffen."

Mir fiel ein Stein vom Herzen. Nein, es viel mir ein Fels von meinem Herzen. Wenn ich mich jetzt auch noch mit Simon stritt, wusste ich nicht, was ich noch machen sollte. Mit Matteo konnte ich nicht reden, mit Amber so wieso nicht und Nina saß jetzt wahrscheinlich irgendwo neben Gastón und schämte sich zu Grund und Boden. Selbst Jim hatte gerade ihre eigenen Probleme!
"Ist in 20 Minuten auf der Plaza okay?", fragte ich. "Ich muss noch eben meine Tasche nach Hause bringen"

"Klar", antwortete Simon.

"Aber vergiss deine Skates nicht!", erinnterte ich ihn, bevor ich auflegte.

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