Kapitel 14 Neue Beziehungen, neue Freunde - Teil 1

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Er seufzte und stand widerwillig auf.

»Wo willst du denn hin?«, fragte ich und hielt seine Hand fest. Ich wollte nicht, dass er mich jetzt schon verließ.

»Ich muss zur Arbeit«, stöhnte er genervt. Schnell griff er nach seinen Shorts und schlüpfte hinein.

»Ich dachte als Ratsmitglied hat man keine festen Arbeitszeiten.« Ich blickte zu ihm auf, in der Hoffnung er würde bleiben.

»Hat man auch nicht. Aber Luce, wie du ihn nennst, hat mich zu sich bestellt. Ich bin spät dran.« Er zog sich Jeans und ein weißes Hemd an. Den Kragen und die Ärmel schüttelte er auf, wie ich es liebte. Dann verließ er das Zimmer und ging nebenan ins Bad.

»Und was hast du heute vor?«, rief er mir zu, seine Stimme klang gedämpft, wahrscheinlich putze er sich die Zähne.

Ich richtete mich auf. »Ich denke ich geh shoppen«, antwortete ich laut, damit er mich verstehen konnte. Ich suchte den Raum nach dem weißen Kleid ab. Sam hatte es gestern gewaschen. Es war das Einzige, was ich zu anziehen hatte. »Ich brauche Klamotten, ich kann ja kaum nackt rumlaufen.«

»Was wär mal eine Idee«, hörte ich Sam leise murmeln.

»Hast du etwas dagegen, wenn ich einige Kräuter und Sonstiges besorge? Ich könnte auch den Einkauf erledigen. Braucht ihr etwas?«

»Nein«, rief er. »Aber ist nett von dir.« Ich hörte ihn spucken und schließlich trat er wieder ins Zimmer. »Nik war erst vorgestern einkaufen. Ich hab nichts dagegen, wenn du etwas holst. Du wohnst nun hier und du bist eine erwachsene Frau. Du darfst dir kaufen was du willst. Du hast ab nun dasselbe Recht in diesem Haus wie Nik und ich.Ich werde dir ein Zimmer einrichten, aber wenn du willst, kannst du auch hier schlafen.« Langsam bückte er sich zu mir herunter und küsste mich liebevoll auf die Stirn.

»Danke«, meinte ich herzlich. »Und ich würde gern hier schlafen, wenn das für dich in Ordnung ist.«

»Klar.« Er öffnete die Nachttischschublade, holte eine Desert Eagle heraus und steckte sie sich hinten in die Hose. »Ich muss nun los. Ich wünsch dir viel Spaß beim Shoppen ...« Durch das Band spürte ich Unsicherheit als er »... Liebling« hinzufügte. Doch mir gefiel es, dass er mich so nannte. Es bedeutete, dass ich mehr als nur ein One-Night-Stand war.

Zufrieden stellte er fest, dass mir Kosenamen nichts ausmachten und beugte sich zu mir herab. Seine vollen, atemberaubenden Lippen berührten nur ganz sanft meine. Dann verließ er, wenn auch widerwillig, das Zimmer.

Ich ließ mich zurück aufs Bett fallen. Er war weg. Sam hatte mich allein gelassen. Ich fühlte mich so furchtbar einsam in diesem riesigem Bett. Verlassen von dem einzigen Menschen, der mir geblieben war.

Frustriert drückte ich die Bettdecke weg und stieg unter die Dusche. Eigentlich hatte ich vor im Laufe der nächsten Stunden shoppen zu gehen, doch mir war klar, dass mir sehr langweilig werden würde und ich nichts zu tun hatte, als im Bett zu liegen.

Das warme Wasser, das auf meinen Körper prasselte, tat mir gut. Ich hatte erst vor einigen Stunden genau in derselben Dusche geduscht.

»Nik?«, brüllte ich verzweifelt, als ich erkannte, dass das gewaschene Kleid noch immer dreckig war. Es war vollkommen dahin.

Scheiß Werwölfe!

Ich wickelte ein Tuch um meinen Körper. »Nik?«

»Was ist?«, schrie er genervt zurück und erschien auf der Treppe.

»Hast du zufällig etwas zum anziehen? Sams Sachen passen mir nicht und so kann ich nicht raus.«

Nik überraschte mich. Sofort trat er in sein Zimmer, das quer gegenüber von Sams war. Er wühlte im Schrank herum, während er fragte: »Wo willst du hin?«

»Zum Einkaufszentrum«, antwortete ich und folgte ihm.

»Hier.« Nik streckte mir einen schwarzen Fetzen und eine Lederhose entgegen.

Ich starrte ihn ungläubig an. »Von wo hast du denn das jetzt her?«

Er zuckte lässig mit den Achseln. »Von meiner Freundin.«

»Du hast eine Freundin?« Man merkte mir vom Tonfall an, dass ich nicht glauben konnte, was er mir versuchte weiszumachen. Ich hatte nicht vorgehabt so fies zu klingen, aber Nik steckte es gut weg.

»Ich treffe mich gleich mit ihr, willst du vielleicht mitkommen und sie kennenlernen?«

Ich hatte Nik seit einer Ewigkeit nicht mehr so freundlich und nett erlebt. Er wollte, dass ich mich mit seiner Freundin anfreundete. Das war doch echt niedlich. Außerdem hatte ich nichts gegen neue Leute einzuwenden.

»Klar, natürlich. Würde mich freuen.«

Nachdem ich in die Klamotten geschlüpft war, betrachtete ich mich eine ganze Weile lang im Spiegel. Der Fetzen stellte sich als ein kurzes Oberteil heraus, dass mir bis unter die Brust reichte. Es saß nicht so fest, wie es sein sollte, was mich darauf schließen mochte, dass Niks Freundin eine größere Oberweite hatte, zumindest größer als meine. Wenigstens die Hose schmiegte sich sanft um meine Beine.

Ich drehte mich im Kreis. Dieses Outfit hatte es wirklich in sich. Ich sah fantastisch aus und fühlte mich wahnsinnig wohl darin. Leder war zwar nicht so mein Stil - außer meine Lederjacke und die Stiefel, die ich überalles liebte - , aber in Zukunft könnte ich mich daran gewöhnen.

Ich ließ meine Haare offen und verwuschelte sie ein wenig mit den Händen, um noch wilder auszusehen. Ich hatte die Wirkung von neuen Klamotten ganz vergessen. Sie waren wie eine neue Haut und machten aus dir eine völlig andere Person.

Zufrieden lächelnd kam ich aus dem Bad.

»Wow«, murmelte Nik und starrte mich an. Einige Sekunden blieb er reglos, dann schüttelte er den Kopf und fasste sich wieder. »Du ... äh ...Sieht nicht schlecht aus.«

Ich lachte. Wenn das die Wirkung auf Männer war ... »Danke.«

Ich schnappte mir meine Handtasche, die ich den Göttern sei Dank noch besaß und brauchte nicht lange um mich zu schminken und so wartete Nik auf mich, nachdem er sich selbst angezogen hatte. Nun trug er statt einem einfachem Hemd ein enges graues Shirt und zeigte so die Muskeln, die mir schon in Berufsjahren aufgefallen waren. Nik war schlank im Gegensatz zu Sam - er war breiter gebaut -, genauso gutaussehend, aber nicht mein Typ. Sein kurzes Haar war einfach locker nach hinten gekämmt wurden und seine Hosen saßen tief.

»Bist du fertig?«, fragte er.

Ich tauschte noch einen letzten Blick mit dem Wandspiegel und zog meine Tasche hoch. »Ich bin fertig.«


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