Kapitel 3 Unerwartete Wendung - Teil 1

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Mein Wagen hielt im Mystic Wood, dem Wald von Mystic Hill. Ich knallte die Autotür hinter mir zu, öffnete den Regenschirm und zog die schwarze Lederjacke näher an mich.

Es regnete immer noch und es wurde von Mal zu Mal windiger. Ich war erleichtert, als ich endlich die Vertiefung am Boden sah. Es handelte sich um ein altes Bunker. Um das Jahr 1598 hatte man dort unten Wesen der übernatürlichen Sorte gefoltert um mehr ›Dunkle Geschöpfe‹ zu entlarven. In dieser Zeit entstanden alle Mythen und Legenden über das Übernatürliche und weil es hier am meisten davon gab, benannte man die Stadt Mystic Hill. Das Bunker war das Symbol alles Übernatürlichen und da die DAB gegen den Missbrauchen der Geschöpfe war, besetzten sie die Folterkammer und bauten daraus die Zentrale der Organisation.

Um Sterbliche und Zivilisten davor fernzuhalten, entwarf die DAB ein spezielles Armband, das nur Mitglieder eintreten ließ. Es war ein braunes Lederarmband mit Pentagrammen und anderen Symbolen verziert. Niemand genau wusste, wie es funktionierte, doch nur wenn man es um hatte, verschwand man in den gesicherten Türen. Ich fand, man fühlte sich wie ein Geist, wenn man im einem Moment draußen stand und im nächsten auf einer wärmeren Treppe.

Wenigstens war es hier nicht so kalt wie draußen. Ich faltete den Regenschirm zusammen und stellte ihn zu den anderen. Große Fackel an den Wänden boten genug Licht und auch noch Wärme. Die Treppe war eng, doch nach einigen Stufen trat man in einen weiteren Gang mit hohen, eingemauerten Wänden. Es führte eine weitere Treppe runter, bis ich vor einem modernen Aufzug stand, der gar nicht in die historische Atmosphäre passte.

Der Aufzug diente zur zweiten Kontrolle. Falls es jemand irgendwie schaffen sollte, ein Armband zu stehlen - was fast unmöglich war -, verhinderte der Handscanner am Aufzug das Eintreten unerlaubter Gäste. Ich drückte meine Hand auf den Scanner und wartete, bis ein grünes Licht aufflackerte und sich die Tür mit einem zischendem Geräusch öffnete. Nachdem ich in einem angebrachten Spiegel innerhalb entsetzt feststellen musste, dass ich grausam aussah - meine Kratzer waren nicht mehr ganz so furchtbar tief, aber immer noch sehr auffällig -, drückte ich den Knopf nach ganz unten. Dort befand sich nämlich Gydeons Büro.

Ich wühlte mit der Hand durch das verwuschelte Haar und zupfte einzelne Strähnen zurecht, um den großen Kratzer - der nicht ganz so gut verheilt war wie die anderen - darunter zu verstecken.

Die Aufzugtür öffnete sich und ich trat verwundert in den großen Raum, als ich die versammelte Menge sah. Es waren etwa zehn Männer aus dem magischen Rat - ich erkannte sie an den edlen Anzügen und den schwarz polierten Halbschuhen. Gydeon selbst saß an seinem Schreibtisch und erhob sich augenblicklich, als er mich erblickte.

»Was soll das werden?«, fragte ich ihn argwöhnisch und trat näher zu ihm, wobei ich dem Rat einen missbilligen Blick zuwarf, als sie mich anglotzten.

»Melly«, begrüßte Gydeon leise. Ich bemerkte, dass sein Gesichtsausdruck beinahe flehend war.

Das konnte nichts gutes heißen.

»Willst du dich nicht setzen, Melly?« Er deutete auf seinen Drehstuhl.

»Nein«, meinte ich mit störrischer Stimme und blickte ihm direkt in die Augen. »Was ist hier los, Gyd?«

»Sein Name ist Gydeon«, warf ein Ratsmitglied ein und blickte mich mit ausdrucksloser Miene an.

Ich wandte mich ihm zu und sah ihn mit dem selben Ausdruck in den Augen an. »Meinen Sie, ich wüsste das nicht?«

Darauf erwiderte er nichts mehr, was mich zufrieden stimmte. Ich konnte die aufgeschnörkelten Leute des Rates nie leiden. Sie hielten sich immer für etwas besseres und besonderes. Und das nur, weil sie die scheiß Gesetze aufstellte, an die sich jeder halten musste, der kein Vollblutmensch war. Darauf konnte ich echt verzichten, das könnt Ihr mir glauben.

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