Kapitel 59

636 15 0
                                    

Die Wochen gingen ins Lande und ich hatte ein Blind Date nach dem anderen. Da hatten wir zum Beispiel den Modeverrückten Jamie, den Schachbegeisterten Thomas, den egozentrischen Tim, den Sport-fanatischen Samuel und die, die nur mit mir ins Bett wollten. Bisher war die Suche wirklich nicht sehr erfolgreich für mich gelaufen. Neben den Dates hatte ich natürlich auch noch mein normales Leben. Dieses plätscherte, um es bildlich darzustellen, einfach vor sich hin. Kurz: Es passierte nichts wirklich Spannendes. Jeden Tag fuhren Lucas und ich ein Rennen zur Schule, ohne je erwischt zu werden, ich schrieb gute Noten, arbeitete mit der Band einige gute Songs aus, verstand mich mit meinen Brüdern und begleitete Ian ab und zu mit Michelle auf eine Party. Ich konnte mich nicht beschweren. Wirklich langweilig wurde mir nie und wann immer mir doch langweilig wurde tauchte Lucas auf. Er saß immer bei uns am Tisch, wartete nach der Stunde vorm Klassenzimmer. Es gab nichts auszusetzen an meiner Lage und doch... irgendwie kam mir mein Leben zu eintönig vor, langweilig, lasch, ereignislos.

Als ich das nächste Mal Tanzkurs hatte beschloss ich mich bei Lucas zu beschweren, er war es schließlich gewesen, der mir versprochen hatte, dass mir nie wieder langweilig seien würde.

Er schmunzelte: „Dir ist langweilig?"

„Jaa!", beschwerte ich.

„Und was soll ich deiner Meinung nach jetzt machen?"

„Ändere was daran!", meine Lage kam mir wirklich ziemlich aussichtslos vor.

„Braucht das Good Girl schon wieder den Bad Boy?"

Was heißt hier, schon wieder? „Ich möchte dir nur helfen, deine Versprechen zu halten."

„Nun, da du mich jetzt offensichtlich brauchst, sollte ich mich rar machen."

„Bitte was?!"

„Erst brauchst du mich, dann verliebst du dich in mich, dann breche ich dir das Herz und dann habe ich das, was ich die ganze Zeit wollte."

„Das ist jetzt nicht dein Ernst oder?", das konnte nicht sein Ernst sein.

„Aber, weil ich ja kein Unmensch bin, bin ich bereit dich am Freitag, also morgen, auszuführen."

Jetzt konnte ich auch gut auf seine Hilfe verzichten: „Morgen kann ich nicht. Da habe ich schon ein Date.", meine Stimme klang zickiger als erwartet.

„Ein Date?", er war sichtlich überrascht.

„Ja."

„Mit wem?", kam es mir nur so vor oder störte diese Tatsache ihn?

„Sein Name ist Henry."

„Na gut...", er wich meinem Blick aus, „Und nächste Woche?"

„Da geh ich mit Sebastian aus und darauf die Woche mit Timo." Wow, das klang als wäre ich voll begehrt. Es klang nicht nach mir. Außerdem waren die letzten zwei Typen erfunden, aber die Wahrscheinlichkeit, dass es tatsächlich so werden würde, groß.

„Was ist denn mit dir passiert? Mutierst du zu Ian?"

„Quatsch. Ich lerne doch nur Leute kennen."

„Schön für dich. So reden deine Brüder sich bestimmt auch raus."

War er etwa eifersüchtig: „Sag bloß du bist eifersüchtig Lucas Grey."

Er schwieg. Keine Antwort ist auch eine Antwort.

Ich lachte verunsichert: „Ich hoffe doch nicht, dass der Bad Boy sich in das Good Girl verliebt hat und dachte er wäre der einzige Junge in ihrem Leben."

„Du bist eine Hamilton.", stellte er fest, „in so jemanden wie dich könnte ich mich niemals verlieben."

Wow, das hatte gesessen. Es traf mich, obwohl ich es nicht zugeben wollte, mehr als erwartet. In diesem Moment kam einer der Helfer mit einer Liste vorbei. Da der Abschlussball immer näher rückte, sollte er schon mal die festen Tanzpartner notieren. Fragend sah er uns mit gezücktem Stift an.

Lucas sagte: „Ich werde mit Latisha Lawrence dorthin gehen."

Was? Verblüfft starrte ich ihn an. Er schenkte mir einen kalten abweisenden Blick.

„Und Sie?", fragte der Typ mich.

Irritiert schüttelte ich den Kopf und antwortete leise: „Ich habe noch niemanden."

Mit einem Nicken ging der Listentyp weiter. Wir setzten unseren Tanz fort.

Ich hielt den Blick von Lucas abgewandt: „Du gehst mit Latisha zu dem Ball?"

„Eifersüchtig, Hamilton?"

„Überrascht. Mehr nicht."

„Mein Leben dreht sich nicht um dich. Du bist nicht die einzige deren Leben weiter geht."

Ich schwieg.

Am nächsten Tag lieferten wir uns kein Rennen. Ich hatte auch nicht damit gerechnet, dass wir uns eins liefern würden. In der Hoffnung falsch zu liegen fuhr ich die Strecke trotzdem extra langsam. Doch niemand holte mich mit heulendem Motor ein. Niemand wartete nach der Stunde vor dem Klassenzimmer und begleitete mich in die Mensa.

An unserem Tisch bemerkte May: „Wo ist den Lucas?" Fabian deutete Richtung Eingang, dort schritt Lucas gerade mit Jordan und Robin auf seinen alten Tisch zu: „Ich glaube er hat endlich verstanden, dass wir ihn hier nicht haben wollen." May strahlte: „Endlich! Jetzt gibt er es doch noch auf dir hinter her zu laufen Mara! Ich dachte schon wir werden ihn nie mehr los!" Ich schwieg, beobachtete den dunkelhaarigen Jungen, wie er sich die beste Portion der Essensausgabe holte. „Mara?", riss May mich aus meinen Gedanken, „Bist du nicht auch froh, dass wir ihn endlich los sind?" Gedankenverloren stocherte ich in den halbgekochten Nudeln herum: „Ja, endlich."

I'm your Robin HoodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt