Kapitel 20

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Eine Hand packt mich unter dem Kinn und hebt es unsanft an und ich weiß noch bevor ich aufsehe, dass es nicht Eric ist.

Max schenkt meinen Tränen keine Beachtung, nicht einmal mit der Wimper zucken tut er. Er hebt lediglich das Gerät vor mein Gesicht und ich lasse es zu. Für einen kurzen Moment ist es so, als wäre ich nicht mehr in meinem Körper, als würde die Maschine meinen Geist von dem Rest trennen. Dann ist es auch schon wieder vorbei und die monotone Stimme ist wieder zu hören.

"Unbestimmt, 100%"

100%

Was bedeutet das? "Unmöglich", sagt Eric leise, kommt auf uns zu. Er reißt Max das Gerät aus der Hand und hält es selbst vor mein Gesicht. Wieder ertönt die Stimme: "Unbestimmt, 100%"

Langsam senkt sich die Hand mit der Maschine und ich kann wieder in Erics Gesicht sehen. In seinen Augem tobt ein Sturm. Erneut meine ich, so etwas wie Angst in ihnen zu erkennen. Stellt sich bloß die Frage, ob um mich oder vor mir.

"Sie ist die eine, nach der wir gesucht haben, Eric", sagt nun Max und sieht mich mit einem merkwürdigen Funkeln in den Augen an. Augenblicklich läuft es mir kalt über den Rücken.

"Bringt sie zu Jeanine. Der Rest hier kann erschossen werden, wir haben jetzt die Eine" Den letzten Satz richtet Max an die herumstehenden Soldaten und diese nicken gehorsam und ziehen ihre Waffen. Innerhalb weniger Sekunden kniee ich in einem Kreis aus Leichen.

Der Blick von Eric liegt immer noch auf mir. Er steht da, verkrampft und steif und unwillkürlich frage ich mich, wie viel er in den letzten Wochen geschlafen hat. Ich weiß, es ist absurd, aber er sieht müde aus, um ehrlich zu sein. Jedem Anderen würde es wahrscheinlich nicht auffallen, aber ich sehe sehr wohl die dunklen Augenringe unter seinen Lidern und die eingefallene Wangenmuskulatur.

Er sieht nicht gesund aus.

Dennoch hält ihn das nicht davon ab, mich grob an den Schultern zu packen und hoch zu zerren, sodass ich wacklig auf beiden Beinen stehe. Sein Arm legt sich stützend um mich und unsere Oberkörper berühren sich. Augenblicklich wird mir warm und ich fühle Hitze in meinen Wangen aufsteigen. Das ist doch vollkommen idiotisch!

"Ich bringe sie zum Wagen" erklärt Eric mit harter Stimme und zieht mich Richtung Tür, während ich hinterher stolpere. Eine Hand greift nach Erics rechter Schulter und hält ihn fest. Max sieht ihn warnend an. "Keine Spielchen, Eric. Wir bringen Sie zu Jeanine und das war's.  Unterschätze sie nicht"

"Keine Sorge" faucht dieser fast schon, "Ich passe schon auf"

"Das sieht man"

Ich erstarre.

Wenige Schritte vor uns steht Four, die Waffe erhoben und Abschuss bereit. Hinter ihm Cia und eine Menge anderer Ferox. Erst jetzt bemerke ich, dass sie sich überall im Raum verteilt haben und die feindlichen Ferox nun einkreisen. Sie haben sie überwältigt.

"Wenn das nicht mal der Stiff ist" sagt mein ehemaliger Freund abwertend. "Pardon, zwei Stiffs. Zwei tote Stiffs" Blitzschnell zieht er seine Waffe und richtet sie auf Four, aber er kommt nicht dazu abzudrücken. Denn bevor das geschieht, schießt ein anderer Ferox auf Eric und trifft ihn am ausgestreckten Arm.

Augenblicklich lässt Eric die Waffe fallen, keucht kurz auf und hält sich die blutende Wunde. Nach den ersten paar Sekunden Schock sehe ich, dass es nur eine Streifwunde ist und atme erleichtert auf. Er ist nicht ernsthaft verletzt.

"Geht es dir gut?" Ich zucke zusammen, als Cia neben mir auftaucht und ihre Hand mein Gesicht berührt. "Was ist mit dir passiert?" - "Nichts, alles Bestens" sage ich schnell und schiebe ihre Hand weg. Fast schon etwas verletzt nickt sie, dann gestikuliert sie ein paar loyalen Ferox, Eric zu fesseln. Inzwischen haben sie auch Max und die anderen Ken-Ferox auf den Boden gebracht und drücken Sie jetzt auf ihre Knie, jedem eine Waffe ins Genick gehalten.

Escape - das zweite Buch der  „Unique" Reihe  Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt