11- mummy

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„Nach den 1945 veröffentlichten Werken gab es also, wie bereits gesagt, hitzige Diskussionen und unendlich viele Meinungsverschiedenheiten, die letztendlich dazu führten, dass..-Mrs. Heven! Würden sie sich bitte wieder auf den Vortrag konzentrieren? Das alles wird in den Prüfungen abgefragt werden." Der scharfe Ton meines Professors ließ nicht nur die angesprochenen Mrs. Heven, sondern auch mich aus dem Halbschlaf aufschrecken. Ich war viel zu müde als dass ich mich auf die Politikvorlesung konzentrieren konnte oder wollte. Der Abend gestern war lang geworden, ich war gegen drei Uhr nachts von Louis zu unserer Wohnung gefahren worden, und bis ich dann an Alana und Max vorbei war, war es bestimmt vier Uhr gewesen.

Es war wunderschön gewesen, wir hatten über alles mögliche geredet und gelacht, Wein getrunken und auf den dunklen Nachthimmel Londons geschaut. Jederzeit würde ich diesen Abend wiederholen wollen. Jetzt jedoch musste ich alles geben um mich die letzten zehn Minuten noch auf die Vorlesung konzentrieren zu können.

Als ich endlich aus dem großen Hörsaal trat, könnte ich ein herzhaftes Gähnen nicht mehr unterdrücken. Nichtmal mein Kaffee heute morgen, den ich ausnahmsweise mal nicht verschüttet hatte, hatte irgendeine Auswirkung auf meine unendliche Müdigkeit gebracht. Ich beschloss heute Mittag ein paar Minuten zu schlafen, bevor ich anfangen musste meine Notizen für die Prüfungen zu überarbeiten und zu sortieren.

Guten Morgen, Jane. x - leuchtete eine Nachricht von Louis auf meinem Handydisplay auf. Ich lächelte leicht, während ich mir einen Weg durch die Studenten bahnte um endlich aus dem Gebäude zu kommen.

Ich antwortete ihm schnell und verschnellerte mein Tempo um die erste Bahn zu bekommen. Ich war viel zu faul und zu müde um den ganzen Weg nachhause zu laufen. Ich drängelte mich ganz nach vorne und stieg als erste ein, sobald sich die Türen geöffnet hatten, bekam trotzdem keinen Sitzplatz mehr. Um diese Uhrzeit war es zum platzen voll in den Bahnen. Erschöpft lehnte ich mich gegen eine Stange und lauschte den wirren Stimmen der anderen Leute. In meiner Jackentasche vibrierte es und ich öffnete meine Augen um mein Handy herauszukramen.

Hast du morgen Zeit? x

Ich lächelte.

Bestimmt. xx

Ich zwängte mich durch die Leute bis aus der Bahn raus und holte erleichtert Luft, als ich endlich wieder Platz um mich herum hatte. Gut gelaunt trat ich den Heimweg an, in der Hoffnung zuhause etwas leckeres zu essen vorzufinden. Leider wurde ich mal wieder enttäuscht, denn erstens, war weder Alana noch Max zuhause, und gekocht war auch nichts. Stöhnend kickte ich meine Schuhe in die Ecke und ließ mich aufs Sofa fallen. Meine Motivation heute wirklich etwas zu schaffen sank mit jeder Sekunde die ich länger auf dem gemütlichen Sofa verbrachte mehr. Mittlerweile war ich kurz vor dem eindösen, als die Türklingel ertönte und ich aufschreckte.

„Ich schwöre zu Gott, wenn das Alana oder Max ist, sind sie beide tot." Grummelte ich, erhob mich murrend von meinem Platz und schlurfte durch den Flur, während ich mich über die Vergesslichkeit meiner Freunde aufregte.
Seufzend öffnete ich die Tür und hielt überrascht inne.

„Mum?" Voller Freude fiel ich meiner Mum in die Arme, welche nur lachte.

„Hallo, Liebling." Sie drückte mich liebevoll an sich und strich über meinen Rücken. Meine Mutter sah unheimlich erholt und fröhlich aus, stellte ich fest, als ich sie genauer betrachten könnte und wir nicht mehr aneinander hingen.

„Komm rein! Was machst du hier? Du sagtest doch du würdest dich melden wenn du kommen kannst." Ich trat zur Seite um sie in den Flur zu lassen, der im Gegensatz zu den restlichen Räumen in einem etwas besseren und aufgeräumteren Zustand war.

„Ich weiß, aber meine alte Freundin, du kennst doch noch Caroline, ist gerade in London und da habe ich gedacht das passt doch perfekt." Meine Mutter stellte sorgfältig ihre Tasche ab und schlüpfte aus den dunklen Schuhen. Fein säuberlich wurden sie neben unseren platziert, dann gingen wir in die Küche.

„Hast du noch nichts gegessen?" Suchend sah meine Mum sich um und ich schüttelte den Kopf.

„Ich bin gerade erst heimgekommen und muss noch total viel machen. Ich hatte gehofft, dass Alana und Max nachher etwas mitbringen." Seufzte ich und räumte unauffällig dreckiges Geschirr aus dem Weg und schloss die Schranktüren.

„Ihr müsst wirklich wieder anfangen euch gesünder zu ernähren. Geh ruhig lernen, mein Schatz, ich mach dir was zu essen. Dann haben die beiden Chaoten nachher auch was." Ich küsste meine Mutter dankbar auf die Wange und verschwand dann tatsächlich in meinem Zimmer. Ich saß stundenlang an meinem Schreibtisch und überarbeitete gefühlte Millionen Aufschriebe, fasste das wichtigste zusammen und lernte und lernte und lernte. Meine Mutter ließ mich, sie hatte es sich im Wohnzimmer gemütlich gemacht und mir nur ab und zu etwas zu essen oder zu trinken gebracht.

Alana und Max waren fast ausgeflippt vor Freude, als sie das frisch gekochte Essen meiner Mum sahen, und aßen es alleine auf, was meine Mutter nur allzu gerne zuließ.

Als ich aus meinem Zimmer wieder rauskam, war es bereits dunkel draußen. Obwohl ich erschöpft, müde und kaputt war, verspürte ich einen gewissen Stolz, soviel heute schon erledigt zu haben. Geschafft ließ ich mich neben meiner Mum auf unser Sofa fallen und schloss die Augen. Sanft wurde mir eine Strähne aus dem Gesicht gestrichen.

„Tut mir leid, dass wir nicht viel Zeit zusammen haben, Mum." Murmelte ich und ergriff ihre Hand um sie liebevoll zu drücken.

„Kein Problem, Schatz. Wir haben noch genug Zeit. Nach der Prüfungszeit fahren wir einfach mal wieder zusammen weg, wie wäre das? Worauf hast du Lust? Vielleicht Griechenland?"

Ich schmunzelte und nickte.

„Das wäre schön."

Eine Weile saßen wir einfach nur so da und genossen die Ruhe. Ich bemerkte wie Louis sich wieder in meine Gedanken schlich und lächelte. Ich hatte ihm während meiner kurzen Lernpausen geantwortet, und er wollte mich morgen von der Uni abholen um etwas essen zu gehen. 
Ich spürte jetzt schon die freudige Aufregung die ein noch immer ungewohntes Kribbeln in meinem Bauch auslöste, und grinste noch breiter.

Vielleicht wird ja sogar irgendwann die Zeit kommen, wo ich Louis meiner Mum vorstelle.

Oops! || ElounorWhere stories live. Discover now