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Es roch verbrannt, als ich die Kantine betrat und nebenbei mein grün-braunes Halstuch entfernte. Natürlich hatte es das Training nicht sauber überstanden, ebenso wie der Rest meiner Kleidung. Mein schwarzer Pullover war verdreckt und hatte sogar einen Riss am Oberarm. Als ich mich unter dem Stacheldrahtzaun durchgezwängt hatte, war ich irgendwie hängen geblieben. Dafür war meine Hose diesmal heil geblieben, also müsste ich Zayn nicht schon wieder nach einem Flicken fragen. Und außerdem besaß ich nicht mehr allzu viel Fäden. Es war schwierig solches Material aufzutreiben und ich vermutete stark, dass ich den nächsten Riss erst einmal nicht mehr flicken können würde, bis wir die nächste größere Stadt erreichen würden. Und das konnte noch dauern, da wir die nächsten drei Tage hier lagern würden und danach in Richtung Holmes Chapel aufbrachen. Vor der Katastrophe soll es mal eine total nette Stadt gewesen sein, doch heutzutage sah man ohnehin nichts mehr davon. Das Wachstum der Pflanzen auf der Erde hatte sich seit dem Auftreten des Virus' um ein Vierfaches beschleunigt. Die Häuser, die wir unterwegs sahen, waren von großen Ranken überwuchert und bis auf einige wenige zerstört. Es bedurfte täglicher Arbeit, um die Ranken in Schach zu halten und so ein Haus zu erhalten. Die Leute konnten sich diese Zeit allerdings nicht leisten, weshalb die meisten auf der Straße hausten in kleinen Zelten und täglich den Ort wechselten. Dieses Nomadenleben war Gang und Gebe in Zeiten wie diesen, natürlich auch in der Black Army.

Diese Welt ist schon lange nicht mehr das, was sie mal war. Die Zivilisation, die mehr oder weniger vorhandene Freiheit und der technische Fortschritt, die ganze Entwicklung, die die Menschheit bis einschließlich 2020 gewohnt war, wurde von einem Tag, auf den anderen ausgelöscht. Die Welt wurde von einem harten Rückschlag getroffen, dem viele im Endeffekt unterlagen. Etwas Abnormales hat sich erhoben, unvorhersehbar, und riss alles nieder, was sich ihm in den Weg stellte. Milliarden von Lebewesen haben ihr Leben gelassen, konnten absolut nichts dagegen ausrichten. Ein Virus, der sich verbreitete wie die Pest, aber noch viel schlimmer ist, als das. Die Wissenschaftler nennen ihn den Schlund, weil er die Menschen binnen Sekunden zu Boden reißt – im wahrsten Sinne des Wortes. Wer befallen ist, hat noch genau sieben Wochen zu Leben. Sieben Wochen voller Qualen.

Körperlich sind es zunächst leichte Symptome – man leidet unter Kalt-Warm-Zuständen, bekommt Fieber und Kreislaufprobleme, die binnen Minuten immer stärker werden. Die Haut färbt sich grau, der Infizierte verliert seinen Verstand, bekommt Halluzinationen, rennt umher wie ein Irrer und versucht mit allen Mitteln gesunde neue Würzkörper zu finden, um auch diese zu infizieren. Das alles verstärkt sich von Tag zu Tag. Je fortgeschrittener der Virus, desto dunkler ist die Haut. In der siebten Woche wird es dann am schlimmsten. Die Knochen im Körper fangen an sich aufzulösen. Der Körper produziert eine eigene Säure, die anfällig für das Knochenmaterial ist. Sie ist im kompletten Körper vorhanden und frisst einen von Innen auf. Die Menschen, die befallen sind, leiden in der letzten Woche Höllenqualen und meistens werden sie bereits vor der siebten Woche getötet. Ein schreckliches Unterfangen, aber die Krankheit führt nicht nur zum Tod, sondern auch zum Wahnsinn. Betroffene sind nicht mehr sie selbst und spielen völlig verrückt. Bei einigen kommt es also gar nicht erst zum Tod durch die Säure, sie werden vorher eliminiert oder begehen Suizid, indem sie sich von Gebäuden stürzen oder ähnliches. Wie bei jeder Krankheit gibt es lichte Momente. Momente, in dem die Kranken sie selbst sind, aber sie sind kurz und selten. Die meisten Familien konnten sich nie von ihren infizierten Geliebten verabschieden. Nur die wenigsten hatten das Glück.

Die Schlunder – eine Bezeichnung der Infizierten – sind jedoch nicht die einzigen Gegner. Die Welt an sich hat sich noch anderweitig verändert. Überall lauern Gefahren – Antiorganismen, wie die Forscher glauben, die zeitgleich mit dem Virus entstanden sind. Diese Antiorganismen bestehen aus Mutationen von Tieren, die tödlicher sind, als das Gift einer schwarzen Witwe.

Freeze || H.S. (pausiert)Where stories live. Discover now