9. Kapitel - Tränen

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Tag 2, Nichts tun - 11:55

"Na dann.", sagt Tobi grinst mich sehr auffällig an. "Gehen wir jetzt essen? Ich habe nämlich echt Hunger." An das Frühstück habe ich gar nicht mehr gedacht, irgendwie habe ich es geschafft das zu verdängen, jetzt wird mir umso bewusster, wie hungrig ich selbst bin.

Wie auf Kommando knurrt Rafael's Magen, Tobi lacht laut los und wenig später stehen wir lachend mitten auf dem Weg vor den Hütten. Ich frage mich, was die, die hier langgehen, sich wohl denken müssen. Aber das ist egal. Es tut gut, mal wieder so sehr zu lachen, dass einem der Bauch schmerzt. "Das.", meint Tim. "sagt ja schon alles aus." Ich grinse. "Dann sollten wir uns lieber beeilen, bevor Rafa's Bauch so laut knurrt, dass alle es hören können." Tobi stimmt mir zu und Rafael beschwert sich, allerdings mit einem unübersehbaren Grinsen.

~

Nachdem wir ausgiebig gegessen haben- es gab Brötchen, alle möglichen Aufschnitte, Orangen- und Multivitaminsaft und Cornflakes- und in die Waschräume gegangen sind, wobei wir nicht die Einzigen mit dieser Idee waren, denn es standen bestimmt zwanzig andere Jungen vor den Waschbecken, die sich die Zähne geputzt haben, setzten wir uns in den Schatten. Mittlerweile ist es fast mittags und viel zu heiß um etwas zu machen.

Natürlich könnten wir schwimmen gehen, aber gerade ist der Strandabschnitt des Sommercamps so voll, dass sich das nicht richtig lohnen würde. Einer Organisatorin beim Essen nach, bleibt es erst mal so warm. Das heißt, für's Baden haben wir noch mehr als genug Zeit. Also liegen wir einfach im Gras bei ein paar Bäumen, etwas abseits, wo fast keiner ist und dösen vor uns hin. Ich bin so träge, dass ich nichts machen kann. Zum Glück müssen wir nach dem Programm heute und morgen nichts Verpflichtendes machen.

Und so langsam beginne ich mein Handy zu vermissen. Irgendwoher müssen wir doch eine Steckdose bekommen, ich bin fest davon überzeugt, dass es hier eine gibt. Allein schon, weil es sonst kein Essen geben würde und man die Wasserflaschen nicht kühlen könnte. Da es Essen und kühle Wasserflaschen gibt, muss es auch eine Steckdose geben. So weit, so gut. Die Frage ist nur, wo die ist und wie man da herankommt. Das ist echt ein Problem.

Seufzend lege ich meinen Kopf auf dem Gras ab und schaue den wolkenlosen Himmel an. Oder eher, das, was ich zwischen den Blättern sehen kann. Ich könnte jetzt wirklich einschlafen, müde genug bin ich dazu und gemütlich ist es hier auch noch. Nachdem ich meinen Kopf seitlich gelegt habe, um zu schauen, was Tobi macht, nichts, so wie ich, unterdrücke ich ein Gähnen und schließe ich die Augen. Und sofort gehen meine Gedanken wieder zu Nick. Seinen blauen, aufmerksamen Augen, die ich so deutlich vor mir sehe, als würde mein bester Freund direkt neben mir stehen und mich anschauen.

Wie vom Blitz getroffen schießt mein Oberkörper hoch. "Ich gehe mal kurz weg, bin gleich wieder da.", sage ich schnell, während mein Herz im Rekordtempo pocht.

Tobi brummt eine Antwort, im nächsten Moment lasse ich die drei hinter mir und laufe mit großen Schritten auf den kleinen Wald zu. Nein. Nein, ich will das nicht wahr haben, aber ich weiß, ich kann es nicht ändern.

Ich drehe mich um, Tobi, Tim und Rafa liegen immer noch im Gras. Sie sehen mich nicht und das ist gut. Denn ohne es zu wollen, laufen mir ein paar Tränen über das Gesicht. Kraftlos setze ich mich mit dem Rücken gegen den nächstbesten Baum und lege die Arme auf die angewinkelten Knie. Hoffentlich kommt jetzt keiner her, denn das würde einer mittelgroßen Katastrophe gleichen. Doch. Tim soll kommen, einen Arm um mich legen. Traurig schüttele ich den Kopf. So einfach ist das alles nicht.

Ich hätte mir das schon viel eher klar machen sollen. Warum habe ich mich die ganze Zeit selbst belogen, versucht, mir zu sagen, dass ich ganz normal bin? Dass ich wie fast jeder andere Junge in meinem Alter auch bin. Aber ich bin nicht so wie die anderen. Und das hätte mir schon längst bewusst gewesen sein sollen.

Auch wenn ich es noch nicht ganz mit mir selbst vereinbaren kann, weiß ich eines ganz genau:

Ich bin schwul.

Joa... Anscheinend ist Stegi schwul. Was sagt ihr zu dem Kapitel? Gut? Schlecht?
Und ich schreibe jetzt parallel hierzu eine GLP-FF namens 'Für immer' (Titel erst mal vorläufig), wenn ihr Lust habt, könnt ihr da ja mal vorbeischauen :).

Sommerferien- #StexpertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt