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Kian

Ich wurde unsanft aus dem Zimmer gezogen. Erst als die Türe geschlossen war, drehte sich Sunil um und funkelte mich böse an. Ich merkte, wie er sich eisern eine Predigt verkniff, aber das Schweigen, zusammen mit seinem aggressiven Blick, waren viel unangenehmer als jegliche Predigt. Nach einiger Zeit wandte er sich zu den Soldaten, welchen ich den Schlüssel abgenommen hatte. Ich hörte ihn nur zischen und sah, wie die Gesichter der Wachen immer blasser wurden. Dann wandte sich Sunil ab und zog mich mal wieder gewaltsam mit sich.

"Ehm... Sunil", traute ich mich nach einiger Zeit zu melden. "Was?!", fauchte er. "Wohin gehen wir? Und ganz nebenbei: Könntest du mich vielleicht loslassen? Ich renne schon nicht weg"

Er lockerte den Griff etwas. "In mein Arbeitszimmer", war die knappe Antwort. Ich seufzte und löste seine Finger von meinem Oberarm.

Wir liefen einige Zeit durch den Palast und ich liess diese Nacht vor meinem inneren Auge nochmals revue passieren. Wer ist verdammt nochmal Rayhan? Hatte sie die drei Monate mit ihm verbracht? Ich spürte, wie sich die Unwissenheit durch mich frass. Liebte sie ihn so sehr, dass sie es nicht wagte von ihm zu sprechen? Mir fiel ihr Zusammenbruch wieder ein. Wie ich ihr zur Hilfe eilen wollte, abe Sunil mich zurückgewiesen hatte. Ich hatte Angst um sie. Ich wollte ihr helfen, aber ich wusste nicht wie. Und jetzt fühlte ich mich schuldig. Sunil konnte ihr helfen, ich nicht...
Wenn wir gerade dabei sind...

Ich wollte gerade zur Frage ansetzten, doch wir erreichten schon Sunils Arbeitszimmer und ich wurde abermals grob hinein geschoben. Ich setzte mich auf einen Stuhl nahe des Schreibtisches.

"Sunil,...wieso wusstest du eigentlich, was zu tun war?", fragte ich.

"Wann und bei was?" Er klang verwirrt.

"Als Amira zusammenbrach" Ich suchte den Blickkontakt. Ich wollte sehen, was er denkt. Ich hatte diese kleine Gabe schon von klein auf. Richtig praktisch, aber bei Amira kam ich einfach nicht weiter....

"Panikattacke", lautete die schlichte Antwort von Sunil. Ich sah ihn auffordernd an. Er seufzte ergeben.

"In meiner Ausbildung zur Leibgarde hatten wir auch einige solche Fälle. Die Männer begannen völlig anders zu atmen und verhielten sich wie ein Fisch auf dem Trockenen. Ich hatte mir diese Technik angelegt, wenn es mir plötzlich zu viel wurde", erkläte er.

"Von was zu viel wurde?", hakte ich nach. Meine Neugierde war geweckt. Was war der Auslöser bei Amira?

"Ich konnte anfangs kein Blut sehen", gab er ganz leise zu. Man sah ihm an, dass er sich schämte. "Ist aber bei jedem anders. Aber worauf wollt Ihr hinaus?"

Ich sah ihn nur an. "Amira, richtig?" Ein Nicken von mir.

"Ich kann dir nur eines sagen, aber ich denke, sie hat ein Trauma erlitten. Ihr habt selbst gemerkt, wie sehr sie sich gegen die Antworten sträubte". Redete Sunil auf mich ein. Vielleicht sträubte sie sich wegen verlorener Liebe?! Verdammt, ich muss wissen, wer Rayhan ist!

Ich atmete tief durch. Diese ganze Angelgenheit verwirrte mich. "Was denkt Ihr: Wie sollten wir weiterverfahren?", fragte ich Sunil. Er war aufgestanden und hatte sich eine Karaffe mit Wein geholt. Nachdenklich schenkte er sich den Wein ein und trank langsam einige Schlucke.

"Ihr solltet euch mit eurem Vater auseinander setzen", schlug er vor. Was hat jetzt mein Vater damit zu tun?
"Ihr standet ihm länger nicht bei...",erklärte Sunil mir.

Ihre AugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt