Kapitel 42

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- 1 Woche später -

Eine Woche war es her, seit ich aus dem Hotel abgehauen war. Ich hatte die Zeit seitdem nicht auf der Straße verbracht, nein. Matt und seine Familie waren so nett gewesen, mir ein Bett im Gästezimmer zu überlassen.

Niemand hatte Fragen gestellt, ich wusste nicht, ob Matt ihnen etwas erzählt hatte, oder nicht. Auf jeden Fall waren sie alle sehr nett gewesen und die Zeit war schnell vergangen. Ich hatte mit den kleinen Zwillingen im Garten gespielt, war mit Matt am Strand gewesen, hatte mich von seinem Bruder zum Fußballspielen überreden lassen und hatte mich viel mit Vicky unterhalten. Immer war irgendjemand bei mir gewesen und mich auf irgendeine Weise aufgeheitert und abgelenkt, ob es jetzt absichtlich oder einfach nur so gewesen war, konnte ich nicht sagen.

Jetzt saß ich gerade alleine im Garten auf der Wiese unter einem Baum. Die Sonne schien hier wirklich immer und da ich fast die ganze Zeit draußen verbracht hatte, war ich ziemlich braun geworden.

Ich ließ mich nach hinten in das weiche Gras fallen und starrte gedankenverloren in das grüne Blätterdach über mir. Durch die Lücken konnte man Teile des blauen Himmels sehen.

Auf einmal hörte ich, wie sich jemand neben mich auf den Boden fallen ließ. Ohne Hinzugucken wusste ich, dass es Matt war.

"Du klingst wie ein Trampeltier", sagte ich grinsend und schloss die Augen, da die Sonne mich blendete.

Zu meiner Verwunderung erwiderte er darauf nichts. Eigentlich hatte ich irgendeine schlagfertige Antwort erwartet, irgendeinen Witz oder so etwas.

Verwundert machte ich die Augen wieder auf und drehte meinen Kopf zur Seite. Matt sah mich nachdenklich und ernst an. Das machte mir irgendwie ein bisschen Angst, denn ich kannte ihn sonst eigentlich nur scherzend und fröhlich. Außer in dieser einen Situation letzte Woche, als ich ihm alles erzählt hatte.

"Laily, ich wollte noch mal mit dir reden", fing er in diesem Moment zögerlich an.

Unsicher nickte ich und setzte mich auf.

"Es tut mir echt leid, dass ich euch so lange auf die Nerven gegangen bin. Ich meine, ihr kennt mich nicht einmal und lasst mich einfach bei euch wohnen und alles. Ich werde mir irgendwo etwas anderes suchen müssen-", sagte ich und wurde von ihm unterbrochen.

"Nein nein, das ist es nicht. Du kannst gerne so lange du willst, bei uns bleiben. Wir haben dich alle total gerne und genießen es, dich hier zu haben. Aber was ich sagen wollte... Du solltest vielleicht wirklich mal irgendjemanden informieren, du hast ja nicht mal dein Handy dabei und hast dich bis jetzt geweigert, Kontakt zu irgendjemandem aufzunehmen. Deinen Bruder wolltest du nicht anrufen, Luke nicht, keine Freundin, deine Eltern auch nicht. Du wolltest nicht mal in die Stadt mitkommen, weil du nicht erkannt werden wolltest. Ich verstehe das wirklich, wenn du einfach mal Abstand brauchst, aber bitte überleg dir das doch mal. Sie werden sich tierische Sorgen machen."

Eindringlich sah er mich an.

"Ich weiß", nickte ich. Der Gedanke daran ließ schon seit dem ersten Tag an Schulgefühle in mir aufkommen. Niall würde umkommen vor Sorge. Er hatte das nicht verdient, dass ich einfach spurlos verschwand. Ebenso wenig El, meine Eltern und die anderen.

Doch letztendlich hatte der Gedanke an Luke mich immer wieder davon abgehalten, sie anzurufen. Auch jetzt nach einer Woche war ich immer noch so unschlüssig wie zuvor.

"Willst du anrufen?" Matt zog sein Handy aus der Hosentasche, wie er es schon ein paar Mal gemacht hatte, als er versucht hatte, mich dazu zu überreden. Wieder schüttelte ich den Kopf.

"Laily", stöhnte er und ließ die Hand mit dem Handy wieder sinken. Bittend sah er mich an.

"Komm schon. Das haben sie nicht verdient, dass du überhaupt nichts von dir hören lässt", versuchte er es wieder. Ich wollte ja, aber ich konnte nicht.

Lost in Reality | Luke Hemmings FF | Fortsetzung von 'Fairytale?'Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt