pain

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Frustriert schlug ich mit einer Hand gegen die verschlossene Zimmertür und atmete tief durch. Lange würde ich diesen Schmerz nicht mehr aushalten und die Erlösung war eine geschlossene Tür entfernt. Mein Kopf pochte und in meinem Magen rumorte es, und die Mischung aus beiden war fast zu viel. Zusätzlich setzten mir noch schlimme Kopfschmerzen zu und am liebsten würde ich mich hier an der Türschwelle zu einer Kugel zusammenrollen und sterben.

Verdammt, verdammt, verdammt. In Momenten wie solchen, wo ich wusste, nach was mein Körper strebte und ich meinem Bedürfnis unterlegen war, hasste ich mich selber dafür so schwach zu sein. So schwach geworden zu sein. Wie oft hatte ich versucht es auszuhalten, aber ich habe immer und immer wieder nachgegeben.

„Reece?", flüsterte ich schon fast, denn meine Stimme war zu schwach. Umständlich schaffte ich es meine Tasche von meinem Rücken zu lösen und stöhnte auf, als das Gewicht endlich weg war. Obwohl ich wahrscheinlich sehr hungrig sein musste, fühlte ich nichts außer Schmerz und ein letztes Mal klopfte ich mit meinem Kopf hilflos gegen die Tür.

Schließlich fühlte ich die Schlüsselkarte und zog sie heraus, versuchte sie durchzuziehen, doch meine Finger zitterten zu stark. Frustriert stöhnte ich auf und hielt sie mit beiden Fingern fest, damit ich sie einstecken konnte und schloss auf, stolperte hinein und fiel fast auf den Boden, als meine Beine unter mir nachgaben.

Nur mühsam rappelte ich mich auf und krabbelte zu meinem Kulturbeutel, zog eine kleine Schachtel heraus und konnte sie nach einigen Versuchen, in denen ich meine zitternden Finger verfluchte, öffnen. Eine einzelne, durchsichtige Tablette rollte heraus über den Boden und ich erwischte sie gerade noch, bevor sie davon rollen konnte, betrachtete sie für einen Moment und legte sie dann auf meine Zunge, schloss genüsslich die Augen.

Für einen Moment genoss ich nur das Gefühl mich endlich wieder vollständig zu fühlen und atmete tief durch. Erst jetzt fiel mir der leichte Gestank nach Kotze im Bad auf und ich sah mich um. Auf den ersten Blick konnte ich nichts erkennen, doch das Echo des Schmerzes war noch zu frisch und ich ließ meinen Kopf einfach abkühlen, während die Schmerzen nachließen und ich mir meiner Situation bewusst wurde. Ich war für drei Tage verschwunden gewesen. Hatte Reece die Polizei gerufen? Vorsichtig rappelte ich mich wieder auf und machte mich vorsichtig auf den Weg zu ihrem Zimmer.

Ich fand meine beste Freundin in ihrem Zimmer schlafend auf dem Bett mit Kopfhören in ihren Ohren. Für einen Moment nahm ich mir Zeit und musterte sie, versuchte auch das letzte Anzeichen in mir aufzunehmen. Es gab nicht viele Momente, in denen Reece Ferraz vollkommen ruhig war, aber wenn sie schlief war sie wie ein kleiner, ruhiger, portugiesischer Engel.

Auf den ersten Blick konnte ich nichts erkennen, was irgendwie falsch wirkte. Dünn, regelrecht mager war sie schon immer gewesen und sie hatte schon richtig zugenommen. Als ich sie kennengelernt hatte, war sie so dünn wie eine zwölfjährige gewesen. Und im Moment brauchte ich Antworten. Und die bekam ich nur von ihr, wenn sie wach wurde, weshalb ich an ihren Schultern rüttelte.

„Reece?", fragte ich wieder, löste die Kopfhörer und rollte sie dann vorsichtig auf die andere Seite. Für einen kurzen Schockmoment reagierte sie nicht, aber schließlich stöhnte sie und schüttelte den Kopf.

„Was willst du, Kaelin?", fragte sie und hielt inne, als sie erkannte, wer vor ihr stand. „Verdammt Kaelin," schrie sie fast und setzte sich schnell auf, anscheinend zu schnell, denn mit einem Mal hielt sie sich den Kopf und verzehrte ihr Gesicht vor Schmerzen.

„Hast du Kopfschmerzen?", fragte ich leise, ruhig, eine Standardfrage für mich, wenn wir uns länger nicht gesehen haben. „Hast du gegessen?", fügte ich hinzu und sie verdrehte die Augen, ehe sie mit dem Kopf zu einem leeren Teller zeigte.

„Hühnchen," erklärte sie.

„Verasch mich nicht, Reece, du hast gekotzt."

Sie wusste, dass ich es nicht böse meinte, sondern mich um sie sorgte und sie lächelte. „Ich hab mich in der Hotelbar voller Sorge besoffen, Kaelin, alles gut. Ich hab vor Sorge fast keinen Bissen runter gebracht, was mich zu meiner Frage bringt. Wo zur Hölle warst du? Wir sind hier nicht in Amerika sondern in Grönland abseits jeglicher Zivilisation. Und du verschwindest. Ich bin fast gestorben. Ich wollte die Polizei alarmieren, aber da du ja dazu tendierst mal ein paar Stunden wenn nicht Tage zu verschwinden, habe ich mir gedacht, dass das keine gute Idee ist."

„Mir geht es gut," beschwichtigte ich sie. „Uns... mich hat nur ein Blizzard überrascht, aber ich konnte mich in die Hütte retten. Hab mit Dosenfutter überlebt."

„Du willst mich doch verarschen?! Hattest du keinen Handyempfang oder so?", fragte sie außer sich vor Wut und warf die Hände in die Luft.

„Wirklich nicht, ich verspreche es. Das war abseits der Piste, du kennst mich ich..."

„... fahre nie dort, wo ich sollte, ja ich weiß. Warst du wenigstens... bei ihnen?", fragte sie und ich biss mir auf die Lippen.

„Nein," knurrte ich nur und setzte mich auf die Bettkante. Meine Eltern waren ein Tabuthema, genauso wie sie nie über ihre Eltern sprach. Nur hatte ich sie nur so überzeugen können, mit mir eine Auszeit zu machen und mit nach Grönland zu kommen. Indem ich gesagt hatte, dass ich endlich das Grab meiner Eltern besuchen würde. Nach zwei Jahren.

„Und ich werde es auch nicht, schätze ich. Ich kann einfach nicht."

„Wir sind extra wegen dem nach Grönland gekommen, Kaelin. Und du schaffst es nicht, ein Grab zu besuchen?"

„Nein," gab ich zu und langsam begann sich der Raum zu drehen. Vorsichtig ließ ich meinen Kopf zurücksinken und starrte die Decke an, die sich in farbige Wirbel wandte. In der Ferne meinte ich mich lachen zu hören und fühlte, wie Reece meinen Kopf zu sich drehte und mich besorgt ansah.

Verdammt, war das schnell gegangen. Normalerweise überraschten mich die Halluzinationen nicht so schnell.

„Du hast wieder geweitete Pupillen, Kaelin," sagte sie und ich sah, wie sie mich verbittert musterte. „Ich dachte, du wärst clean?"

„Fast," erwiderte ich kichernd und streckte meine Hände an, auf denen Sterne zu sehen waren.

„Fly wird dich irgendwann noch umbringen, das weißt du," sagte sie nur und legte sich neben mich.

„Deine Haare bestehen aus Wasser," sagte ich nur und strich über ihre schwarz gefärbte Mähne und roch an ihnen. Sie rochen nach Jasmin und etwas anderem, und ich sog tief ein.

„Soll ich den Block holen, wenn du von dem Trip bist?"

Ich kicherte nur hysterisch als Antwort und schlug ein Kissen immer und immer wieder in die Luft, wie ein kleines Kind. „Flieg, mein Schaf," sagte ich und Reece schnaubte nur.

„Du mich auch, Dornröschen. Wir sehen uns in ein paar Stunden. Ich verstecke nur alle gefährlichen Gegenstände und lass dir den Block und einen Stift da."

Ich sah im Augenwinkel wie sie zur Tür ging und ich versuchte mich aufzusetzen, doch sie verschwand. Und ich wusste, dass sie den Kopf schüttelte und sie enttäuscht hatte, doch im Moment war es mir egal. Im Moment waren da die Farben und ich. Niemand sonst.

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This is probably a hella wtf rn so if u have any questions feel free to ask.

Auf Spotify hab ich ne Grayson Callaghan Inspiration Playlist, falls jmd wissen will, welche Musik er ungefähr macht.

See ya,

harmlesspain

Strange LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt