17.Return

44 10 2
                                    

Ich half Kim gerade bei der Vorbereitung des Mittagessens, als ich hörte, wie die schwere Eingangstür ins Schloss fiel.

„Bin wieder da!" Schwere Schritte liefen schnell die Treppe hoch und schon erschien Steve Franklin im Rahmen der Küchentür. Riesig, breite Schultern, dunkelbraunes Haar und das gleiche warme Lächeln, wie ich es in Erinnerung hatte. Schnell wischte sich Kim ihre Hände an einem Küchentuch sauber und ging Richtung Tür, um ihren Ehemann zu begrüssen. 

Verlegen starrte ich auf meine Hände, als die beiden sich umarmten und Steve Kim einen kurzen Kuss auf ihre Lippen drückte. Nachdem sich die beiden begrüsst hatten, kam Steve auf mich zu und zog mich in eine väterliche Umarmung. „Schön dich auch wieder einmal zu sehen, Lynn. Du bist wirklich gross geworden." Ich lächelte erfreut, denn es war wirklich schon lange her, seit wir uns das letzte Mal gesehen hatten. „Hallo Steve, ja, ich freue mich ebenfalls."

„Alter Mann!", schrie da eine Stimme und keine Sekunde später stand Tom vor seinem Vater und grinste breit. „Na mein Kleiner, warst du auch schön brav als ich weg war?"
„Mensch Papa.", zischte Tom und lief rot an.

„Nenn mich doch nicht so. Ich bin nicht mehr acht Jahre alt und vor allem bin ich gar nicht mehr so viel kleiner als du." Beleidigt verschränkte Tom seine Arme, was mich unwillkürlich zum Lachen brachte. Tom war wirklich nicht mehr so viel kleiner wie sein Vater, aber eine Weile würde es schon noch dauern, bis er ihn eingeholt hatte. „Mein Sohn, ich sage dir dann nicht mehr Kleiner, wenn du dich wie ein Mann verhältst und das dauert bei dir definitiv noch eine ganze Weile." Mit diesen Worten klopfte er Tom so fest auf die Schulter, dass dieser beinahe umfiel und lachte laut.

Nach und nach trudelten auch die anderen Jungs ein und begrüssten ihren Pflegevater, der nun nach ziemlich langer Zeit endlich wieder einmal zu Hause war. 

Beim Mittagessen fiel mir deutlich auf, wie sich die ganze Stimmung, allein durch Steve's Anwesenheit verändert hatte. Tom strahlte bis über beide Ohren, die anderen Jungs plapperten noch mehr, als sie es sonst bereits taten und auch Kim schien sehr gute Laune zu haben.

Ich sah, dass Steve für sie alle so etwas wie der Fels in der Brandung war. Der Ehemann, der Kim mit all diesen lebhaften- und bestimmt nicht immer einfachen- Jungs unterstützte. Der Vater, mit dem man bestimmt mal Meinungsverschiedenheiten hatte, aber trotzdem immer zu ihm aufsehen konnte und der väterliche Freund, den die anderen Jungs wahrscheinlich nie von zuhause gekannt hatten. 

Langsam verstand ich, wie diese Familie funktionierte. Gleichzeitig fragte ich mich aber, wie sie es schafften alle neu dazugekommenen Schützlinge zu integrieren. Es gab doch bestimmt Leute, die sich strikt weigerten, sich in eine neue Familie einzuleben. Ich konnte mir vorstellen, dass es für alle hier anfangs schwierig gewesen sein musste, Vertrauen zu total fremden Menschen aufzubauen. Vielleicht würde ich ja irgendwann mal die Gelegenheit haben, darüber mit Kim oder jemand anderem zu sprechen.

Kim bat kurz um Ruhe und ich legte gespannt Messer und Gabel zur Seite und widmete ihr meine Aufmerksamkeit. „Steve hat mir gerade erzählt, dass wir von alten Freunden kurzfristig zu deren Hochzeit eingeladen wurden. Wir werden bestimmt gehen, denn es ist schon lange her, dass ich die beiden das letzte Mal gesehen habe. Allerdings sind Jason und Stephen die Einzigen von euch, die die beiden kennen. Wenn jemand von euch uns aber trotzdem begleiten will, dann sagen wir dazu nicht nein." Abwartend sah sie in die Runde. 

Jason entschied sich dazu, die beiden zu begleiten, wohingegen Stephen ablehnen musste, da er an diesem Wochenende bereits eine Verabredung hatte. „Was ist mit dir Lynn? Wir könnten dort doch gemeinsam shoppen gehen, wie wäre das?" Kims Augen funkelten und ich musste unwillkürlich grinsen. Verständlich, dass Kim in diesem Haufen von Jungs nicht allzu oft dazu kam, ausgiebig zu shoppen. 

Überrascht nickte ich. Ich hatte gar nicht kapiert, dass auch ich entscheiden konnte, ob ich sie begleiten wollte oder nicht. Wenn ich es mir recht überlegte gefielen mir Hochzeiten auch wirklich und wenn man schon eingeladen wurde, warum auch nicht? „Nächstes Wochenende, richtig?", fragte Isaac, was ihm Steve mit einem Nicken bestätigte. Demonstrativ kramte Isaac sein Handy aus seiner Hosentasche und tippte darauf herum. „Da hab ich noch nichts vor, dann komm ich auch mit." Geschockt starrten ihn Cole und Josh an. „Dir ist aber bewusst, dass du zu einer Hochzeit gehst?", fragte Cole mit grossen Augen.

Isaac nickte. „Und du weisst auch, dass Kim dich für diese Hochzeit in einen Anzug stecken wird?", fuhr Josh nun zweifelnd fort. Wieder nickte Isaac.
Josh beugte sich zu Cole und flüsterte ihm todernst etwas ins Ohr. Daraufhin nickte Cole und begann, Isaac für ein paar Sekunden kritisch zu mustern. Ein wissendes Grinsen erschien auf seinem Gesicht und er beugte sich verschwörerisch zu Isaac und flüsterte ihm nun ebenfalls etwas ins Ohr. Was hätte ich gegeben um zu verstehen, was sie flüsterten! Hatte ihnen denn niemand beigebracht, dass Flüstern unanständig war? 

Jedenfalls schien es Isaac nicht besonders zu gefallen, denn er warf Cole und Josh einen vernichtenden Blick zu und verpasste Cole zusätzlich einen Schlag in die Seite. Cole gackerte laut los und gab Josh mit einem fetten Grinsen High-Five. Verwirrt sah ich von einem zum anderen. Dass Stephen und Jason Isaac verstohlen zuzwinkerten und krampfhaft versuchten, ihr Lachen zu unterdrücken, machte die ganze Sache auch nicht besser. Ich hatte wohl keine Chance, schlau aus diesen Jungs zu werden.

Wie auch immer, ich freute mich wirklich, dass ich in ein paar Tagen mit Steve, Kim, Jason und Isaac zu einer Hochzeit gehen durfte.

Du hast das Ende der veröffentlichten Teile erreicht.

⏰ Letzte Aktualisierung: May 21, 2016 ⏰

Füge diese Geschichte zu deiner Bibliothek hinzu, um über neue Kapitel informiert zu werden!

Arid WaterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt