8. Franklin's

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Hilflos blickte ich dem Taxi hinterher, das langsam die gepflasterte Strasse hinunter fuhr. Irgendwie hatte ich mich in dem kleinen Raum, in dem ich die letzte halbe Stunde verbracht hatte, wohl gefühlt.

Mit langsamen Schritten, lief ich die paar Meter zu der grossen Holztür. Der Kies knirschte unter meinen Schuhen. Als ich mich umsah entdeckte ich einen kleinen Springbrunnen im hinteren Teil des Gartens. Eine Wäscheleine mit vielen bunten Kleidern war zwischen zwei Bäume gespannt worden.

Bevor ich die Klingel betätigte, las ich einmal lautlos den Namen, der auf einem kupfernen Schild geschrieben stand.

Franklin.

Meine Zeigefinger drückte auf die Klingel und ich schrak zusammen, als ein schriller, nervtötender Ton erklang.

Erst nach etwa einer halben Minute öffnete sich die Tür mit einem Ruck und ein Junge mit lockigen aber nassen Haaren fing sofort an, auf mich einzureden. ,,Hi, tut mir leid, ich war unter der Dusche und hab darum nach Isaac geschrien und gesagt, er soll aufmachen, aber anscheinend hat er es nicht gehört und naja, sorry."
Tom hatte sich seit den letzten paar Jahren vom Aussehen her ziemlich verändert, aber seine Stimme hörte sich noch praktisch gleich an. Das beruhigte mich ein wenig.

Überrumpelt wollte ich meinen Mund auf machen um etwas zu sagen, aber da tauchte hinter Tom eine junge Frau auf und zog mich lächelnd in eine Umarmung. Froh darüber, endlich eine gut bekannte Person zu sehen, schlich sich ein kleines Lächeln auf mein Gesicht.

,,Hallo Kim", murmelte ich in ihre hellen Locken.

,,Hallo Lynn, wie war die Taxifahrt? Hast du Hunger? Durst?" ,,Mum",wurde sie von dem Jungen mit den gleichen Locken wie ihren unterbrochen. ,,Lass sie doch erst einmal richtig ankommen. Sie steht ja immer noch auf der Fussmatte." Er grinste mich entschuldigend an.

,,Ach ja, entschuldige Lynn, ich bin nur ein bisschen nervös", entschuldigte sie sich und liess mich eintreten.

,,Schon okay", sagte ich leise, trat ein und schloss die Tür hinter mir. Sogleich nahm mir Kim meine Tasche ab, sagte mir, wo ich meine Schuhe hinstellen konnte und machte mir dann eine Geste, ihr zu folgen.

Schweigend lief ich hinter ihr her eine Treppe hinauf, dann über einen hellen Flur und stoppte dann an dessen Ende an einer weissen Tür.

Ich merkte, dass Kim ein bisschen nervös war, als sie die Tür öffnete und dann auf die Seite trat, damit ich auch reingehen konnte.

Das ganze Zimmer war selbst für meine Verhältnisse riesig. Auf der einen Seite des Zimmers stand unter einem Fenster ein King-Size Bett, an der Wand gegenüber ein Wandschrank mit einem riesigen Spiegel und direkt vor mir befand sich ein samtschwarzes Sofa, wie ich es mir schon immer gewünscht hatte.

Sprachlos ging ich einen Schritt weiter ins Zimmer und drehte mich dann zu Kim um. ,,Habt ihr das extra für mich gemacht?" Kim nickte. ,,Gefällt es dir?"

,,Natürlich. Es ist wunderschön, aber es wäre wirklich nicht nötig gewesen."

Erfreut winkte Kim ab. ,,Ich wollte es so. Steve hat zwar auch gesagt, dass du, so wie er dich kennt, das bestimmt nicht für nötig gehalten hättest, aber mir gefiel es, ein Mädchenzimmer einzurichten. Bei all den Jungs in diesem Haus, war das eine willkommene Abwechslung." Sie lachte.

Ich lachte mit ihr. Auch wenn man ihr ansah, dass sie das, was sie machte liebte, konnte ich doch verstehen, dass sie sich manchmal ein wenig einsam unter all den jungen Männern vorkam.

,,Ich lass dich jetzt mal allein. Wie du siehst stehen deine Umzugskartons dort, also kannst du alles einrichten. Später wird dir noch jemand alles zeigen und dann gibt es auch bald Abendessen." Sie lächelte mir noch einmal kurz zu, dann schloss die die Tür hinter sich und liess mich in meinem neuen Zimmer allein.

Als erstes liess ich mich müde auf mein neues Bett fallen und starrte an die Decke. Die Wand, an der sich die Tür befand, war lila gestrichen, was ich erst jetzt bemerkte und die anderen Wände waren weiss. Zu meiner linken befand sich eine Wand mit drei grossen Fenstern, von denen aus man in den gepflegten Garten der Franklin's sah. Ich raffte mich auf und öffnete einen der Kartons, die sich an einer Wand stapelten. Langsam begann ich, die Kleider, die sich darin befanden, in den Wandschrank zu räumen. Nach einer Weile holte ich mein Handy, stöpselte mir meine Ohrstöpsel in die Ohren und hörte Musik, währenddem ich weiter auspackte. Nach etwa einer Stunde befanden sich die meisten Kleidungsstücke in meinem Schrank, auf dem Pult, der neben dem Sofa stand, befanden sich meine Schreib- und Malsachen und auf meinem Bett lag der grosse Plüschhund, den ich von meinem Vater bekommen hatte.

Gerade als ich anfangen wollte die Bilder aus meinem alten Zimmer aufzuhängen, öffnete sich die Tür.

Schnell nahm ich mir meine Ohrstöpsel aus dem Ohr und fuhr mir durch die Haare. Eine dumme Angewohnheit von mir. 

,,Hi, ich bin Isaac. Ich hab geklopft, aber du hast nicht geantwortet und darum bin ich einfach reingekommen. Soll ich wieder rausgehen?"

,,Nein, schon okay. Hat Kim gesagt, du sollst mich holen kommen?" Ich lächelte leicht, er schien nett zu sein.

,,Hätte eh keinen Sinn gemacht, wenn ich wieder rausgegangen wäre", witzelte er. Als ich nicht lachte fuhr er schnell fort. ,,Ja, Kim hat gesagt, ich soll dir hier mal alles ein bisschen zeigen vor dem Abendessen. Tom hat gerade keine Zeit, also: Hier bin ich!"

Grinsend präsentierte er sich mit auf sich selbst zeigenden Fingern und lachte dann.

Ein wenig eingeschüchtert von seinem selbstbewussten Auftreten nickte ich schnell und lief dann hinter ihm hinaus aus meinem neuen Zimmer.


Wie würdet ihr reagieren, wenn ihr plötzlich in ein Haus voller unbekannter Jungs ziehen müsstet? 






Arid WaterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt