19:07 Uhr - Joanne

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»Du bist die mieseste Hure der Welt, Joe.«

Joanne hob ihre Hand an den Mund und biss sich auf den Zeigefinger - wie immer, wenn sie nervös wurde. »Bill... Es war nur... man, es tut mir leid, okay?«

Bill sah sie einen Moment schweigend an, dann platzte ein tiefes Lachen aus ihm heraus und er schüttelte ungläubig seinen Kopf. »Nichts ist okay, Joe. Verzieh dich. Pack deine Sachen und geh.«

»Einfach so? Ich soll mich verpissen?« Sie ließ ihre Hand wieder sinken und ballte ihre Hände schmerzhaft zu Fäusten. »Einfach so? Nach all der Zeit?«

»Sah mal hörst du dir selbst noch zu? Du bist hier die böse, nicht ich!«, entgegnete Bill empört. Einen kurzen Moment sahen die beiden sich stumm an, kämpften ohne Worte, rangen um die Wahrheit. Gut, sie hatte Fehler begangen, jeder tat es. Sie hatte Bill so endlich vieles verziehen, nie auch nur daran gedacht, den jungen Mann zu verlassen.

Sie gab auf. Mit zusammen gekniffenen Augen keifte sie: »Ach, leck mich doch, du Arschloch.« Sie machte auf dem Absatz kehrt, griff nach ihren Schuhen, ihrer Jacke und Tasche und warf noch einen letzten Blick zurück.

»Ich werde alles was du von dir hierlässt, verbrennen.«, drohte Bill ihr.

»Mach doch was du willst.«

»Fick doch wen du willst.« Joanne spürte Wut in sich aufkeimen, ohne etwas darauf zu sagen stürmte sie aus der Wohnung und knallte die Tür hinter sich zu. Zu spät fiel ihr auf, dass sie noch immer den Schlüssel zu ihrem ehemaligen Zuhause bei sich trug. Vielleicht konnte sie ihn irgendwo mit der Adresse liegen lassen.

Sobald Joe das Gebäude verlassen hatte, blieb sie wutgeladen stehen, atmete einige Male tief ein und aus und schloss die Augen. Bill traf keine Schuld, sie musste aufhören ihren Kummer mit Wut zum Ausdruck zu bringen. Ihr Therapeut würde sie umbringen, wenn er von diesem Abend erführe. Sie rieb ihre Hände aneinander, das Wetter war kühl und vielleicht hätte sie doch noch einen ihrer Pullover mitnehmen sollen. Vielleicht hätte sie Bill aber auch einfach nichts von der ganzen Sache erzählen sollen. Oder überhaupt mit einem anderen Mann schlafen, als ihrem offiziellen Partner. Miesmutig kickte sie eine Dose - von denen definitiv in diesem Viertel lagen - davon und machte sie auf den Weg zur anderen Seite der Stadt. Dem noblen Viertel, der Welt der Reichen und Schönen. Da fühlte sie sich wohl, da wollte sie hingehören.

Zehn Stunden unseres LebensWhere stories live. Discover now