Sorgen

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Als ich wieder aufwachte, tat mir alles weh. Besonders der Rücken und mein Kopf. Ich lag noch immer auf meinem Bett. Ich versuchte die Fesseln abzuschütteln, schaffte es aber nicht. Ich redete beruhigend auf mich ein, dass alles gut werden würde, dass das hier nur ein Traum war. Ich hatte einen guten Blick auf meine Uhr. Es war 06:14. Jetzt müsste ich aufstehen und mich für die Schule fertigmachen. Doch mein Dad hatte es mir verboten. War vielleicht auch besser so. Ich hatte überall Wunden und Schrammen. Ich probierte es noch einmal, doch die Fesseln waren so eng, dass die mir nur ins Handgelenk schnürten, wenn ich mich zu viel bewegte.

                                                                        - Justin´s Sicht -

Sie kam nicht zur Schule. Ich machte mir Sorgen. Was war die "saftige Strafe" gewesen? Hausarrest oder etwas schlimmeres? Das Läuten zur ersten Stunde riss mich aus meinen Gedanken. Colin und Paul hatten gerade irgendeinen Witz gerissen, doch ich konzentrierte mich auf Mia. Sie war wirklich allein. "Hey, Mia! Wo ist den die Oberzicke?", brüllte Paul ihr nach.

Sie drehte sich um und zuckte mit den Schultern. "Okay ... Stimmt mit der alles? Sie schreit uns nicht mehr an ...", stellte Colin fest. Ich schnaubte und ging in die Klasse. Ein paar Mal bekam ich eine Warnung, weil ich einem Lehrer nicht zugehört hatte. Doch ich zerbrach mir den Kopf wegen Tara. Was ist mit ihr, fragte ich mich die ganze Zeit.

Am Ende des Tages ging ich nach Hause. Ohne Tara. Ich hatte sie eigentlich schon immer gemocht. Die Streitereien mit Tara waren immer schon ein Liebesbeweis gewesen. Doch sie nahm diese Sachen ernst. Ich überlegte, ob ich die Polizei informieren sollte. Vielleicht vergewaltigte der Mann Tara? Wer war dieser Typ überhaupt gewesen? Ich Vater wohl kaum, oder?

                                                                         - Tara´s Sicht -

Die Tür wurde aufgemacht. Dad kam herein. Er tat so, als wäre gestern nichts passiert. Er entfesselte mich und ließ mich dann wieder allein. Erst jetzt bemerkte ich, wie dringend ich auf die Toilette musste.

Nachdem ich mich erleichtert hatte, zog ich mir etwas an. Mein Rücken tat weh, mein Kopf auch. Wo war mein Handy? Ach ja, in meiner Tasche. Ich hatte eine neue Nachricht von Mia:

Tara, wo bist du? Ich mach mir Sorgen um dich! Melde dich, wenn du kannst!
Deine Mia

Ich schrieb zurück:

Mir geht es gut, ich habe nur etwas Kopfschmerzen, deshalb bin ich zu Hause geblieben, mach dir keine Sorgen um mich.
Tara

Danach ging ich leise in die Küche, um mir etwas zu essen zu holen. Keiner da, das war gut. Ich aß ein Brot mit Butter und einen Apfel - mehr war nicht im Haus. Ich hatte wieder eine SMS von Mia auf meinem Handy:

Trotzdem mache ich mir Sorgen um dich! Ich finde es sehr komisch, ich könnte mich auch irren, aber Justin hat heute so einen seltsamen Ausdruck im Gesicht gehabt. Ist etwas zwischen euch passiert?

Tja ... War was geschehen? Eigentlich schon. Einiges sogar.

Ja. Er hat mich angeredet, als du abgeholt wurdest und ich allein nach Hause ging. Ihm ging es genau so. Er musste anscheinend auch zu Fuß gehen. Dann hat er mir gesagt, dass sie uns nur verarschen, weil es ihnen Spaß macht! Und wir sollten es nicht ernst nehmen! Dann hab ich ihm einen ... nun ... einen Vortrag gehalten, was für ein blödes Leben ich hab und dann ist ihm die Kinnlade runtergefallen. Und ich bin weggerannt. Das gleiche ist am nächsten Tag auch passiert. Er hat sich entschuldigt - ENTSCHULDIGT - und hat mich bis zu meinem Haus verfolgt. Mein Dad hat ihn gesehen und ihn weggeschickt. Und jetzt muss ich alles einmal verdauen, verstehst du?

Das war die längste SMS, die ich jemals geschrieben hatte. Es kam lang keine Nachricht. Ich klebte mir einstweilen überall Pflaster hin. Einige Wunden bluteten noch. Sollte ich vielleicht doch die Polizei rufen? Nein, das hatte Dad mir verboten. Ich klebte das letzte Pflaster auf eine Wunde auf meiner Wange. Ich sah echt komisch aus. Ich hörte mein Handy piepen.

Okay, das ist schon mal was. Weißt du, was jetzt für ein Gerücht durch die Schule geht? Dass ich bald sterbe! Und nur, weil ich einen kleinen Schmierzettel bekommen habe, auf dem das steht. Was für ein Unsinn! Tara, wir müssen uns treffen. Kannst du zu mir kommen? Jetzt?

Nein konnte ich nicht. Unmöglich konnte ich so aus dem Haus gehen.

Komm du zu mir.

Eine halbe Stunde später läutete Mia an der Haustür. Ich hatte mir einen Pullover und eine lange Jogginghose angezogen, damit die nicht all meine Wunden sah.

"Was ist mit deinem Gesicht?", fragte meine Freundin da auch schon.

"Ach, bin nur die Treppe runtergefallen", meinte ich mit einer wegwerfenden Handbewegung.

"Aber ..." Mia schaute sich um. "Ihr habt doch gar keine Teppe."

Upps. Scheiße. "Ähm ... Das war bei meiner Tante."

"Tara! Was ist passiert?"

Ich seufzte. Wir gingen in mein Zimmer. "Sag es keinem, ja?"

Mia nickte.

"Mein Vater hat mich geschlagen."

Jetzt war Mia diejenige, der die Kinnlade hinunterklappte.

"Waaaas?"

"Mit einem Holzstock." Ich fing an zu weinen. Mia nahm mich in den Arm.

"Und nur wegen Justin?"

Ich nickte. Mia seufzte. "Wo hat er dir noch überall wehgetan?"

Ich zog mich bis auf meine Unterwäsche aus.

                                                                           - Mia´s Sicht -

Ich schlug mir die Hand vor den Mund, um nicht loszuschreien. Was hatte ihr dieser Mann nur angetan? "Aber ... Wir müssen das der Polizei sagen!"

"Nein müssen wir nicht! Viel wichtiger bist du mit diesem Zettel. Hast du ihn hier?", widersprach Tara mir.

Ich nickte und überreichte ihr die Botschaft.

"Das ist ja schrecklich!", stellte meine Freundin fest.

"Und mit einem Computer geschrieben. So können wir den Verfasser nicht einmal nach der Handschrift suchen", sagte ich und ließ mich auf den Boden sinken. Tara zog sich vorsichtig wieder an. "Wir müssen etwas unternehmen!", sagte sie bestimmt und schaute mir dabei in die Augen.

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