Gefühlschaos

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Erics POV

Heute geht der Spaß wieder von vorne los. Bald müsste der diesjährige Schwung jämmerlicher Initianten hier auftauchen. Ich habe das Gefühl, dass diese 16-Jährigen von Jahr zu Jahr immer erbärmlicher werden. Hoffentlich sind diesmal wenigstens zwei oder drei dabei, aus denen ordentliche Ferox werden könnten.

Da fährt auch schon der Zug vorbei und ich beobachte, wie die Schwächlinge einer nach dem anderen in den Dreck fallen. Das kann man sich echt nicht mit ansehen! Wie kann nur einer von denen auf die Idee kommen, zu den Ferox gehören zu können? So wie jedes Jahr gibt es auch dieses Mal wieder welche, die bereits an dieser ersten kleinen Hürde scheitern und zu feige zum Springen sind. Solche Loser haben nichts anderes verdient als fraktionslos zu werden.

Während noch alle ihre Wunden lecken, fange ich an zu sprechen.

"Alle herkommen und zuhören!" Als sie langsam nähertreten, mustere ich sie und bilde mir schon mal meine Meinung: 'zu schwach', 'Hätte lieber zu den Amite gehen sollen!', 'dick und klein', 'Hat null Chancen!', ... Unterdessen rede ich bereits weiter.

"Ich bin Eric, einer der Anführer der Ferox und euer Ausbilder während der Initiation." Doch da sehe ich sie!

Sie sieht fast aus wie ein Engel mit ihren blonden leuchtenden Haaren und den himmelblauen großen Augen, die direkt auf mich gerichtet sind. In ihnen sehe ich Wärme, Freude, aber auch einen Ausdruck, den ich von ihr überhaupt nicht kenne. So etwas wie Entschlossenheit und Stärke. Das ist ein bisschen irritierend.

Außerdem verstehe ich überhaupt nicht, warum sie hier ist. Ich habe ihr bei unserer letzten Begegnung ausdrücklich gesagt, dass sie nicht hier her wechseln soll. Sie passt nicht zu den Ferox. Sie ist viel zu unschuldig, lieb und nett. Mit dieser Art würde sie eigentlich gut zu den Amite passen. Obwohl ich auch glaube, dass sie noch nie gelogen hat, zum mindestens habe ich so was noch nie mitbekommen. Also vielleicht doch eher Candor.

Zum anderen gibt es sogar einen Teil, der für die Altruan spricht, auch wenn ich das nur äußerst ungern zu geben, aber ich weiß, dass sie sehr einfühlsam anderen gegenüber ist und versucht zu helfen, wo sie nur kann. Natürlich wäre sie sogar klug genug für die Ken, doch das habe ich wegen unserer Mutter bereits aus meinen Überlegungen ausgeschlossen.

Ich habe nämlich schon die letzten Tage viel darüber nachgedacht, was sie wählen wird. Aus gutem Grund bin ich dieses Jahr nicht zur Bestimmungszeremonie mitgefahren. Ich wollte nicht wissen, wofür sie sich entscheidet. Dann hätte ich vielleicht etwas Abstand gewinnen können. Dabei hatte ich aber nie damit gerechnet, dass sie jetzt plötzlich hier steht. Warum tut sie mir das an? Es macht mich ein wenig wütend, dass sie nicht auf mich gehört hat.

Zudem weiß ich ziemlich genau, wie hart die Initiation bei den Ferox ist. Und obwohl ich ihr Ausbilder bin, kann ich ihr da wirklich nicht viel helfen. Ich könnte es nie verkraften, wenn sie fraktionslos werden würde. Das muss ich auf jeden Fall verhindern, wie auch immer. Nun spreche ich weiter.

"Wenn ihr zu den Ferox wollt, gibt es nur einen Weg und der führt hier herunter.", ich deute hinter mich über die Dachkante.

Wie üblich fängt gleich das Gemurmel an. Jedes Jahr dasselbe mit diesen Angsthasen. Während ich wieder über alle hinwegblicke, stelle ich die Frage.

"Wer will als erster?" Sofort höre ich ein lautes und entschlossenes "Ich!" Als ich zu der Person sehe, muss ich mich bemühen mir meine Überraschung nicht anmerken zu lassen. Es ist Georgie. Sie will wirklich als Erste springen. Das kann ich fast nicht glauben.

Scheinbar bin ich da nicht der Einzige. Alle schauen sie an und dann spricht ein Candor das aus, was bestimmt auch einige der anderen denken.

Die Bestimmung - Brother love (Eric FF)Where stories live. Discover now