Eine kleine Lektion

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"Und das hilft wirklich?", fragte Tessler als der grimmige alte Mann, der ihm als Zota vorgestellt worden war, seinen ganzen Körper mit einer übelriechenden Paste einschmierte. Nackt stand er vor ihm, doch auch als der Mann seine intimsten Körperteile berührte, zuckte Tessler nicht.

"Zweifelst du etwa, Junge?", Zota machte eine kurze Pause. "Ich weiß, was ich tue."

"Natürlich nicht, Herr!", erklärte er sofort. "Es ist nur... Die Kraft der Sonne ist so stark. Es scheint mir nicht möglich, dass ein bisschen Creme da hilft."

Was ist denn los mit dir?, rügte er sich. Seit wann hinterfragst du die Dinge, die der Große Sturm veranlasst hat? Aber der bevorstehende Ausflug an die Oberfläche, so sehr er sich schon immer danach gesehnt hatte, war doch völliges Neuland für ihn. Es war also kein Wunder, dass er Fragen stellte, die sein Überleben betrafen.

Zota schien von seinem Interesse amüsiert. "Nun, lass es mich erklären", er hielt seine Hand hoch, an der die braune Paste klebte. "Diese Creme wird aus dem Sonnenbaum gewonnen, einer Pflanze, die nach der Katastrophe eine besondere Immunität entwickelt hat. Unsere Wissenschaftler haben herausgefunden, wie wir ihre gemahlenen Blätter zu einer Schutzlotion anrühren können. Unsere Sammler versorgen uns ständig mit Nachschub, so dass uns die Vorräte nie ausgehen"

Tessler war beeindruckt. Die Machienerie der Grotte funktionierte reibungslos.

"Du sollst also mit Hatans Truppe los, was?", erkundigte sich Zota, der nun aufgetaut war.

"Ja", direkt nachdem er das Hauptquartier der Jäger betreten hatte, war er in diesen Raum gelotst worden. Weder Meister Hatan noch irgendein anderes Mitglied der Jagdtruppe hatte er bisher zu Gesicht bekommen. "Der ehrenwerte Große Sturm hat dies für mich möglich gemacht und ich werde ihn nicht enttäuschen."

Zota lachte laut auf. "Da bin ich mir sicher. Wenn der Große Sturm dich persönlich erwählt hat."

Tessler wurde rot. Der alte Mann schien sich über ihn lustig zu machen, dabei stimmte alles, was er sagte. Er würde schon noch beweisen, was er draufhatte, da konnten sie sich sicher sein!

Nachdem er komplett mit einer braunen Schicht bedeckt war, zog Tessler sich wieder an und Zota schickte ihn ins nächste Zimmer. Eine junge Frau saß auf einem kleinen Hocker in der hinteren Ecke und machte Notizen auf einem Block. Als Tessler näher an sie herantrat, sah sie zu ihm auf. Sie hatte langes blondes Haar, stechend grüne Augen, ein perfektes kleines Gesicht und strahlend weiße Zähne. Er war sofort eingenommen von ihrer Präsenz. Sie muss eine Prinzessin sein, vermutete der Junge. Niemand sonst kann so hübsch sein.

"Willkommen", sagte sie und deutete auf einen weiteren Hocker. "Setz dich."

Zögernd nahm er Platz.

"Nicht so schüchtern", ermutigte sie ihn. "Ich bin Didi, ich bin in der Jagdgruppe für die Vorbereitung der neuen Rekruten zuständig."

"Vorbereitung?"

"Die Jäger sind eine eingeschworene Gemeinschaft. Neulinge haben es da nicht leicht. Um sie wenigstens ein bisschen auf das Bevorstehende vorzubereiten, hat man mir diese Aufgabe übertragen. Ich werde dir alles Wichtige über die Jagd, die Oberfläche und alles andere erzählen, was dich interessiert."

Tessler fragte sich, ob er sich in ihrer Anwesenheit überhaupt auf irgendwas konzentrieren konnte. Die Mädchen unten in den Kesselräumen waren ungepflegt und dreckig wie die Jungs und er bezweifelte, dass sie selbst gewaschen auch nur ansatzweise an die Schönheit von Didi herankommen würden. Am liebsten wollte er ihr tausend Fragen stellen, nur um sie noch länger ansehen zu können.

Die Fließende DunkelheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt