Teil24

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LINAS SICHT

Als ich zwei Tage später in Florians Bett aufwachte, merkte ich, dass das Fieber gesunken war. Den gestrigen Tag lag ich mit immer noch erhöhter Temperatur auf dem Sofa, doch das schien nun besser zu sein. Ich stand auf und machte mich auf die Suche nach Florian. Er war die letzten Tage total süß gewesen. Florian saß im Wohnzimmer und telefonierte. „Ich weiß noch nicht, ob das alles so klappt. ... Nein, meiner Freundin geht's im Moment nicht so gut. ... Ja, ich weiß, aber ich will sie im Moment nicht alleine lassen. ... Das ist doch erst nächste Woche. ... Ja, ich weiß, dass wir schon alles gebucht haben. ... Ich sag dir noch Bescheid." Er legte auf und ich machte mich im Türrahmen bemerkbar. Er sah auf und lächelte. „Hi. Geht's dir besser?" Ich ging zu ihm und nickte. „Ja, mir geht's besser. Fährst du in Urlaub?" Ich setzte mich neben ihn und beobachtete, wie er sich seufzend mit der Hand durch die Haare fuhr. „Ja, nein, weiß ich noch nicht." „Wie, weißt du noch nicht?" „Ich möchte dich jetzt nicht alleine lassen." Er nahm meine Hände, doch ich entriss sie ihm gleich wieder. „Florian, ich möchte nicht, dass du wegen mir zu Hause bleibst, wenn du schon gebucht hast. Hast du doch, oder?" „Ja, ich flieg mit ein paar Freunden nach Kuba... Wir gehen oft zusammen dorthin." „Ja dann gehst du auch mit! Ich möchte wirklich nicht, dass du wegen mir hier bleibst." „Aber was ist denn dann mit dir?" Ich lachte. „Florian, ich bin alt genug, um auch mal ein paar Tage alleine zu sein." „Normalerweise schon, doch den Umständen entsprechend weiß ich nicht, ob das so eine gute Idee ist." „Wieso nicht? Mir kann doch nichts passieren, es ist jetzt ja nicht so, als wollte mich jeden Tag einer entführen und Justus ist im Krankenhaus. Das nehme ich zumindest an, da er ziemlich nach Krankenhaus aussah..." Den letzten Teil murmelte ich vor mich hin, doch Florian verstand ihn trotzdem und nahm mitfühlend meine Hände. „Bist du sicher?" „Ja, ich bin mir sogar sehr sicher!" Er sah mich nachdenklich an und schien zu überlegen. „Bis dahin möchte ich aber noch ein paar Sachen geklärt haben. Und kannst du nicht währenddessen bei deinen Eltern wohnen?" „Florian, nein! Ich wohne ganz bestimmt nicht bei meinen Eltern. Und was willst du denn geklärt haben?" „Du musst Anzeige gegen Justus erstatten und dann müssen wir deine Wohnung mal durchchecken." „Durchchecken?" „Na ja, irgendwie muss Justus dich ja überwacht haben." Er musste mich überwacht haben? Wie bitte? Mein Blick sprach wohl Bände, denn Florian erklärte sich sofort. „Überleg doch mal, er wusste immer genau, wann du zu Hause warst. Es war doch kein Zufall, dass er dich ausgerechnet in den zehn Minuten, wo du zu Hause warst, abgepasst hat. Genauso die Nacht vor ein paar Wochen, als er bei dir geklingelt hat. Er konnte gar nicht wissen, dass du wieder bei dir in der Wohnung schläfst, trotzdem hat er gleich in der ersten Nacht, wo du wieder bei dir geschlafen hast, bei dir geklingelt und ich denke nicht, dass das Zufall war." Ich sah ihn weiter geschockt an. Justus hatte mich also überwacht? „Und wie soll er das gemacht haben?" Er zuckte mit den Schultern. „Das müssen wir ja rausfinden. Entweder durch Mikrofone oder durch Kameras." Kameras? Oh Gott. „In meiner Wohnung?" „Nein, das denke ich nicht. Er hat keinen Schlüssel und soweit ich weiß gab es doch auch keine Einbruchsspuren, oder?" „Ne." „Na ja, sicher ist sicher, wir sollten auch die Wohnung untersuchen." „Ah, okay." Florian grinste. „Tut mir leid." Ich sah ihn fragend an. „Was?" „Ich wollte dich nicht damit überrumpeln. Geht es dir heute besser?" Ich nickte. „Ja." „Du warst die letzten zwei Tage so still, ich habe mir wirklich Sorgen um dich gemacht." Ich zuckte mit den Schultern und sah auf seine Hand, die meine umklammert hielt. „Ich hatte echt Angst." Florian sah mich mitleidig an und legte einen Arm um mich. „Justus ist so ein Idiot, dich zu entführen. Aber das wird er noch bereuen." Ich sah ihn an und verfolgte eine Abfolge verschiedener Emotionen auf seinem Gesicht. Allen voran Wut und Trauer. „Soll ich ihn wirklich anzeigen?", fragte ich und er nickte entschlossen. „Natürlich! Lina! Der Kerl hat dich betäubt, entführt und geschlagen! Wäre dieser Unfall nicht gewesen, säßest du jetzt wahrscheinlich mit auf seinem Boot. Der Unfall war eigentlich das Beste, was dir in diesem Moment passieren konnte." Ich wusste, dass er Recht hatte, aber ich war mir trotzdem unsicher, ob ich ihn anzeigen sollte. Florian schien meine Unsicherheit zu spüren. „Wenn du ihn nicht anzeigst tu ich es, das kannst du mir glauben! Das Arsch wird seine gerechte Strafe erhalten." „Können ... können wir ihn vorher besuchen?" Florian riss erstaunt seine Augen auf. „Was?" „Na ja, er liegt doch bestimmt noch im Krankenhaus, oder? Ich würde vorher gerne mit ihm reden..." Florian ließ mich aufgebracht los. „Lina nein! Ich will nicht, dass du mit dem Kerl sprichst!" „Florian bitte, ich möchte noch einmal mit ihm reden." „Was willst du denn mit dem Typen noch reden? Mit dem kann man nicht reden!" Ich seufzte. Ich wusste ja selber nicht, was ich noch mit ihm reden wollte. Ich wollte ihn einfach nur noch mal sehen. Nicht, weil ich ihn vermisste, sondern weil wir den Unfall zusammen hatten und ich sehen möchte, wie es ihm geht und ich ihm sagen möchte, dass das unser letztes Gespräch sein würde. Ich wollte endlich mit ihm abschließen. „Florian, bitte." „Nein." Ich runzelte die Stirn und sah ihn nachdenklich an. Wieso diskutierte ich überhaupt mit ihm? Ich war ja wohl alt genug, meine Entscheidungen alleine zu treffen. „Du musst ja nicht mitkommen, aber ich werde auf jeden Fall hingehen." „Nein, Lina." „Doch, Florian! Ich werde hingehen. Er liegt im Krankenhaus und kann mir nichts tun." Florian presste seine Zähne zusammen und sah mich aus zusammengekniffenen Augen an. „Gut, aber dann komm ich mit." „Okay." Florian nickte, schien es jedoch gar nicht gut zu finden, dass ich nochmal mit Justus reden wollte. Aber das war mir jetzt auch egal, ich musste es einfach tun. Um mit ihm abzuschließen.

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