71 Samstagnachmittag

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In ihrer linken Hand hielt sie eine Einkaufstüte, während sie mit ihrer Rechten gerade die Kopfhörer aus ihren Ohren zerrte.


Yuna blinzelte hektisch. „Hikari-chan ..."

„Ich habe mir Sorgen um dich gemacht! Wir alle haben uns Sorgen um dich gemacht!", rief sie aufgebracht.

„Ganz ruhig. Entspann dich.", ging Ayumi mit erhobenen Händen dazwischen.

Hikari wandte sich an die Rothaarige. „Wer sind Sie denn?!"

„Wer bist du?", entgegnete die Ältere.

„Ich bin ihre beste Freundin. Oder ich war es. Scheinbar braucht sie mich nicht mehr!" Die Schwarzhaarige stierte erneut das sitzende Mädchen mit den Einkaufstaschen an.

„Hikari. Ich kann das erklären.", nuschelte Yuna, welche nun aufsprang.

„Da bin ich ja gespannt. Seit Wochen hört man nichts mehr von dir. Ich war mir nicht einmal sicher, ob du noch lebst, bis ich im Fernsehen gesehen hatte, dass die Polizei nach dir fahndet."

Ayumi sah entsetzt ihre Nachbarin an. „Was?! Du hast nichts ..."

„Halt den Mund, Ayumi-san.", fuhr die Jägerin sie an. „Haltet beide den Mund!" Für einen Moment schwiegen die drei Frauen. Die Blauhaarige blickte zwischen den beiden hin und her. Sie wollte sich erst um ihre beste Freundin kümmern. „Hikari-chan. Ich wollte mich bei dir melden, wirklich, aber ich habe mein Handy noch nicht zurück."

Die Freundin zuckte mit den Schultern. „Du hättest vorbei kommen können."

„Es ist nicht so einfach.", jammerte Yuna.

„Bei dir ist es das doch nie."

Ayumi mischte wieder mit. „Was war das mit der Polizei? Wollte Wataru deshalb nicht, dass wir zur Polizei gehen, als wir dich suchten?"

„Ja.", stöhnte die Jüngere. „Die Sache hat sich erledigt. Mein Onkel hat sich darum gekümmert."

„Wer ist sie überhaupt?", fragte Hikari aufgebracht und deutete auf die Rothaarige.

„Das ist Ayumi Shikibu, meine Mitbewohnerin."

Mit großen Augen musterte die beste Freundin die andere Frau. „Mitbewohnerin? Was ist bloß los mit dir?"

„Lass uns einen Tee trinken gehen. Dann erzähle ich alles, okay?"

„Du willst dich doch nur vor dem Einkaufen drücken.", scherzte Ayumi. Das schwarzhaarige Mädchen schien zu überlegen.

„Bitte, Hikari-chan.", bettelte die Jägerin.

„Du hast eine Menge zu erklären. Und du bist mit Bezahlen dran." Ein wenig versöhnlich lächelte Hikari.

„Verdammt, ich dachte du bist dran.", grinste Yuna.



Die drei Frauen saßen in einem Café, jede mit einem Heißgetränk auf Yunas Kosten ausgestattet. Die Blauhaarige und ihre beste Freundin saßen einander gegenüber, während Ayumi auf der Seite Platz genommen hatte, und sich vornahm die beiden Mädchen reden zu lassen.


„Ich bin aus dem Krankenhaus abgehauen, deshalb suchte mich die Polizei. Inzwischen hat mein Onkel die Vormundschaft übernommen und die ganze Sache geklärt. Es ist also alles in Ordnung. Yui befindet sich noch im Krankenhaus. Sie ist in so einer Art Koma."

„Und diese Mitbewohner-Sache?", fragte Hikari.

Die Blauhaarige drehte die Tasse in ihren Händen. „Ich wohne im Moment in einer Pension. Yoshiro lebt sehr ... zurückgezogen. Er hat nicht einmal eine Badewanne, kannst du dir das vorstellen?"

„Was? Ich könnte niemals ohne Badewanne leben.", verkündete Ayumi.

„Ich auch nicht." Hikari trank einen Schluck Tee. „Was ist eigentlich passiert?"

„Was meinst du?"

Zögernd präzisierte die andere Oberschülerin ihre Frage. „Es brannte in eurem Haus. Eine Gasexplosion, glaube ich?"


Yuna und Ayumi tauschten einen Blick aus. Was sollte die Blauhaarige ihrer Freundin erzählen? Die Wahrheit? Aber würde dies nicht unweigerlich zu noch viel mehr Fragen führen und alles noch verkomplizieren?


„Ja ... es war ein ... Unfall."

Hikari traten Tränen in die Augen. „Es tut mir so leid. Du hast deine Eltern verloren. Das ist so ..."

„Schon gut."

Etwas perplex betrachtete die Schwarzhaarige ihre Freundin. „Wie kannst du nur so gelassen sein?"

„Komm schon. Hikari-chan? Das ist echt nicht angebracht.", warf Ayumi ein.

„Entschuldigung." Hikari atmete ein paar Mal durch. „Ich sollte gehen."

„Nein. Du hast recht." Yuna sah ihre beste Freundin an. „Es ist schrecklich. Meine Familie ist tot. Aber ... das Leben geht weiter. Ich kann nicht für den Rest meines Lebens trauern."

„Schon. Aber es ist erst ein paar Wochen her. Und dann dein Auge. Wird das wieder?"

Langsam schüttelte die Blauhaarige ihren Kopf. „Nein. Es ist verloren."

„Das tut mir so leid." Hikari schien sich sehr schlecht zu fühlen. Verdrossen starrte sie die Tasse zwischen ihren Fingern an.

Die Jägerin stand auf, umrundete den Tisch und umarmte ihre Freundin. „Es ist schon gut."


Die Schwarzhaarige klammerte sich an Yuna fest und schluchzte. Die Blauhaarige warf Ayumi einen Blick zu, während sie ihrer Freundin beruhigend über die Haare streichelte. Diese nickte und gab ihr ein Daumen hoch.


„Ich wünschte, ich könnte etwas für dich tun.", schniefte Hikari.

„Im Moment bin ich diejenige, die dich tröstet, du Dumpfbacke."

„Du warst schon immer die Härtere von uns beiden.", scherzte die Schwarzhaarige. Sie löste sich von Yuna und wischte sich die Tränen weg. „Ich bin so froh, dass du noch lebst. Du fehlst mir so sehr."

Die Einäugige lächelte. „Es wird Zeit brauchen, aber ich hoffe, dass die Dinge irgendwann wieder ähnlich sein werden, wie sie es waren."

„Das hoffe ich auch."


Sie plauderten noch etwas über die Schule, danach verabschiedete sich Hikari, da sie noch etwas vorhatte. Ayumi sah auf ihre Uhr.

„Toll. Die Maniküre können wir vergessen."

Die Oberschülerin stieß mit ihrer Faust in die Luft. „Strike!"

„Sehr witzig. Fahren wir nach Hause und machen uns bereit für heute Abend."

„Keine Einwände." Yuna klaubte ihre Einkaufstaschen zusammen, während sie breit grinste.

„Du hast ja eine Superlaune. Alles voller Schmetterlinge?" Die Jägerin streckte ihr die Zunge heraus.

Onijägerin YunaWhere stories live. Discover now