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>>Du bist verrückt.<< lachte meine Schwester. Ich grinste nur amüsiert und beobachtete sie dabei wie sie die verschiedenen Texte durchlas und dabei manche Noten oder Akkorde auf dem Keyboard vor ihr spielte.

>>And every night that we spend alone.<< sang sie leise und spielte die Noten.

>>It kills me thinking of you on your own.<< sang ich die nächste Zeile.

>>And I wish I was back home next to you.<<Zusammen sangen wir und es war schön. Schön, weil wir es so früher immer getan hatten. Der einzige Unterschied war, dass wir damals Songs von Stars gesungen hatten und nun sangen wir meinen. Und es fühlte sich verdammt gut an.

>>Das ist... unglaublich!<< lachte sie und fuhr sich durch die Haare. >>Und das hast wirklich du geschrieben?<<

Ich nickte grinsend, vielleicht sogar ein wenig stolz.

>>Cal! Das ist... unglaublich!<<

Sie sang den Song immer und immer wieder und hätte ich zu diesem Zeitpunkt gewusst, dass dieser Song mich verfolgen würde, und das nicht, indem er von meiner Schwester gesungen wurde, sondern von ihm, dann hätte ich wahrscheinlich den Moment nicht so sehr genossen wie ich es tat.


~


Zwei Wochen später fuhr ich mit meiner Schwester ins Kino. Wir hörten während der Fahrt Radio, sangen lauthals und schief mit und lachten uns dabei selbst aus.

Plötzlich aber sank meine Stimmung dank des Radiomoderatoren auf den Nullpunkt.

>>Und nun: Luke Hemmings mit seinem neuen Song 'Close as strangers'!<< schon im nächsten Moment wurden die mir viel zu bekannten Töne angestimmt.

>>Cal... Cal!<< rief Mali hysterisch. >>Das ist dein Song!<< sie trat auf die Bremse sodass wir beide mit unseren Oberkörpern nach vorne fielen. >>Calum Thomas Hood! Der da singt DEINEN Song!<< sie fuchtelte wild mit ihren Händen, hüpfte regelrecht auf und ab während ich nur still da saß und auf die Straße vor uns starrte.

Ja, Luke Hemmings sang meinen Song und es war nichts außergewöhnliches. Schließlich hatte ich ihn ihn geschickt.

>>Ja.<< murmelte ich nur.

>>Der Typ hat doch ne Macke! Erst verpisst der sich und dann klaut der auch noch deine Songs! CALUM!!!<< schrie sie.

>>Mali, es ist okay.<< gab ich nur zurück.

>>Ich wusste es, er - warte, WAS?!<< sie sah mich entgeistert an.

>>Es ist okay.<< wiederholte ich mich.

>>A-aber...<<

>>Ich schreibe Songs für ihn.<< unterbrach ich sie.

Sie starrte mich an. Für Sekunden, Minuten, gefühlte Stunden. Und dann sah sie aufs Lenkrad, dann wieder zu mir, dann aus dem Fenster und zum Schluss wieder zu mir. >>Nach all dem, was er dir angetan hat?<< fragte sie mich dann leise.

Ich nickte. Mali wusste Bescheid.

* Flashback *

>>Calum, Cal, Calum, Cal! << Mali hüpfte fröhlich in mein Zimmer, zerrte an der Bettdecke unter der ich mich verkrochen hatte und unter der ich eigentlich ungestört allein sein wollte.

>>Calchen, du glaubst nicht, was gerade passiert ist!<< und schon fing sie an zu erzählen.

Ich hörte ihr nicht zu. Viel zu sehr war ich damit beschäftigt mir die Tränen von den Wangen zu wischen und zu verhindern, dass neue meine Augen verließen. Aber mein Körper wehrte sich gegen mich.

>>Und weißt du, was dann passiert ist?<< fragte sie aufgeregt.

Ich wollte antworten, brachte aber nur ein erbärmliches Schluchzen hervor.

Schnell zog mir meine Schwester die Decke weg und sah mich entgeistert an.

>>Calum, was ist passiert?<< fragte sie besorgt, kam näher zu mir und nahm mich in den Arm.

>>N-nichts.<< schluchzte ich in ihre Schulter.

>>Seh ich.<< sagte sie ironisch. >>Magst du es mir erzählen?<<

Ich schüttelte mit dem Kopf, es war schlimm. Schlimmer als alles, was jemals passiert war.

>>Du kannst mir alles erzählen, das weißt du, oder?<<

Vielleicht war es der Satz, vielleicht aber auch die beruhigende Stimme meiner Schwester oder aber war es die Verzweiflung, die mich von innen auffraß.

>>M-Mali, i-ich bin a-anders<< ich vergrub meinen Kopf in ihrer Halsbeuge.

Sie strich mir beruhigend durchs Haar und gab mir ein Zeichen, dass ich weiter reden konnte.

>>I-ich...<< ich brach ab und schluchzte. >>Wirst du mich hassen?<<

>>Calum, nein, niemals! Wie kommst du auf so eine Scheiße?!<<

ich holte tief Luft.

>>Mali, i-ich bin anders, ich b-bin bi.<< und dann fing ich an zu weinen, aber so richtig.

Wir verbrachten den ganzen Abend in meinen Bett und sie tröstete mich während sie mir einredete, dass das nichts schlimmes wäre. Doch ich erzählte ihr, dass ich Angst hatte. Angst davor, dass mich die Anderen hassen würden, mich ekelig finden würden und mich vielleicht sogar mobben würden. Besonders aber hatte ich Angst, dass mein bester Freund sich von mir abwenden würde.

* Flashback Ende *

>>Hast du es ihm jemals gesagt?<< fragte sie flüsternd.

Ich schüttelte langsam den Kopf. Ich hasste mich dafür. Ich verstand nicht, warum ich es einfach nicht schaffte, diese drei Wörter über die Lippen zu bringen.

>>Wirst du es ihm jemals sagen?<<

ich lachte bitter und sah sie an. >>Wie denn? Er ist ein Star, etwas Besseres. Ich war nur sein bester Freund.<<

Und dann kullerte die erste Träne über meine Wange.

Ich wusste nicht so recht, ob es eine Träne der Wut oder Angst war, aber ich glaubte, dass es eine Träne der Verzweiflung war.


Amnesia - or the boy who forget himself ||CakeWhere stories live. Discover now