»Kapitel 7

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„Ich begleite dich noch mit nach Hause, wie ein echter Gentleman", entscheidet Luca, nachdem ich ihm gesagt habe, dass ich nach Hause muss, weil ich noch ins Training will.

„Seit wann gibt es noch Gentlemen in unserer Generation? Es ist doch jetzt der Trend, das größte Arschloch auf Erden zu sein", lache ich, schultere meine Tasche und vergrabe meine Hände in meinen Jackentaschen.

„Du bist eine wahre Lady und so jemand bedarf einem Gentleman, was in dem Fall mein Part ist. Sonst bin ich natürlich ein Mitstreiter für den Titel »größtes Arschloch des Jahres«, aber für dich mache ich natürlich gerne eine Ausnahme."

„Wie gnädig von dir, von deinem eigentlichen Plan extra für mich abzuweichen." Sowohl Luca als auch ich krümmen uns schon fast vor Lachen, da das Gespräch zwar ziemlich dämlich ist, was aber nicht gleich bedeutet, dass es unwichtig ist, denn das ist es sicherlich nicht.

Im Gegenteil. Das sind die Gespräche, die eine weitere Farbe im Gemälde unseres Lebens beisteuern.

„Wir sind da", sage ich und bleibe vor meinem Haus stehen.

„Wir sehen uns morgen", verabschiedet Luca sich, zieht mich noch in eine innige Umarmung und wartet noch, dass ich im Haus verschwinde, bevor er sich umdreht und die Straße wieder zurückgeht.

Als ich nach oben in mein Zimmer gehe, muss ich ununterbrochen breit grinsen.

„Ist es der Junge von vorhin, der dich so glücklich macht?", fragt mich meine Mutter, die mir auf der Treppe entgegen kommt und mich sanft anlächelt.

„Zum Teil. Eher die Erlebnisse, die ich bis jetzt mit ihm teilen durfte", erkläre ich ihr, „kannst du mich zum Training fahren?"

„Natürlich. Ich wollte sowieso in die Stadt. Sag, wenn du fertig bist, mein Schatz."

In meinem Zimmer angekommen, werfe ich einfach wieder alles achtlos in meine Sporttasche, schultere sie und gehe wieder nach unten, wo ich Wasserflaschen noch hineinlege.

„Mama? Wir können!", rufe ich, schlüpfe noch schnell in Schuhe und öffne schonmal die Haustür.

Kurze Zeit später sitze ich auf dem Beifahrersitz unseres Autos und denke noch einmal über den Tag mit Luca nach.

Eigentlich sollte ich es schon lange aufgeschrieben haben, aber die Zeit dafür hat sich noch nicht ergeben. Vielleicht sollte ich es gleich im Studio machen.

„Ruf an, wenn du nach Hause möchtest", verabschiedet sich meine Mutter von mir und winkt noch kurz, nachdem ich aus dem Auto gestiegen bin.

Im Studio ist es heute relativ leer, nur die kleinsten Balletttänzer wirbeln durch den größten Raum.

„Grace, kommst du bitte einmal mit in mein Büro?", spricht mich meine ehemalige Ballettlehrerin an.

„Natürlich." Mit leisen Schritten folge ich ihr und setze mich ihr gegenüber auf einen Stuhl.

„In drei Monaten haben wir wie immer unsere Weihnachtsaufführung und da du einfach wunderbar tanzt, habe ich mir gedacht, dass du die Hauptrolle bei Schwanensee tanzt", fängt die Dame vor mir an zu reden.

„Gerne", nehme ich das Angebot an.

„Das hatte ich schon erwartet. Dann können wir ja heute schon mit den ersten Schritten beginnen. In den nächsten Wochen solltest du öfter kommen, damit auch wirklich alles sitzt."

Während des Trainings hatte ich absolut keine Zeit, die Ereignisse des heutigen Tages niederzuschreiben, also gehe ich nach dem Training noch in mein Lieblingscafé, um dort zu schreiben. So hat auch meine Mutter mehr Zeit in der Stadt.

Auf dem Weg dorthin schreibe ich ihr schnell, packe mein Handy weg und biege in die nächste Straße ein, in der sich besagtes Café befindet.

Innen ist nicht viel los, nur vereinzelnd sind Tische belegt. Auch mein Stammplatz, an dem niemand geringeres als Luca sitzt.

„Dachte nicht, dass ich dich heute doch noch sehen würde", begrüßt er mich und klappt sein Schulbuch zu, „eigentlich wollte 'n Kumpel noch kommen, aber der hat sich's wahrscheinlich anders überlegt. Setz' dich doch."

Schüchtern lächelnd setze ich mich auf den Stuhl und stelle meine Tasche auf den Boden.

„Wir sollten öfter zu dem Bach gehen", sagt mein Gegenüber.

„Definitiv.  Es ist so schön dort. Erinnert überhaupt nicht an die Stadt, in der wir leben, es ist einfach ruhig und wo findet man das so schnell?", schwärme ich vor mich hin. Dieser Ort ist fast so perfekt, wie mein Lieblingsort, den ich Luca bald zeigen werde.

Lange sitzen wir in dem Café und reden über alles mögliche und jeden Satz, den wir wiedergeben, lässt mich geborgener fühlen. Geschützter.

„Ich sollte langsam mal wieder. Meine Mutter wartet bestimmt schon", verabschiede ich mich von Luca und will gehen, aber er hält mich davon ab, indem er mich wieder in eine enge Umarmung zieht.

„Wir sehen uns", flüstert er und lässt mich schließlich los.

Wie benebelt gehe ich aus dem Café und schaue mich nach dem Auto meiner Mutter um, dass Gott sei Dank ziemlich nah geparkt ist.

„Wie war das Training?", fragt mich meine Mutter sofort, während sie ausparkt.

„Gut, ich soll die Hauptrolle in der nächsten Aufführung tanzen."

„Das freut mich aber", lächelt sie mich an. Bevor sie noch weitere Fragen - wahrscheinlich über Luca - stellen kann, stecke ich mir meine Kopfhörer in die Ohren und mache Musik an.

...

Am nächsten Tag in der Schule setze ich mich in der Mittagspause wie gewohnt auf die Bank unter den Bäumen. Noch ist es warm genug dafür, sich den Pausen ins freie zu setzen, denn demnächst bricht der Winter herein und dann ist es einfach viel zu kalt dafür.

„Wusste ich doch, dass ich dich hier treffe", lacht Luca und setzt sich neben mich.

„Hier ist es schön", antworte ich schlicht und lege mein Schulbuch zusammengeklappt auf meinen Schoß.

„Demnächst ist ja der Weihnachtsball und da wollte ich fragen, ob du mit mir dahin willst. Du kannst ja scheinbar ganz gut tanzen - zumindest hab' ich das deine Freundin gefragt."

„Zwischen Standardtänzen und Ballett ist ein ziemlicher Unterschied und woher weist du, wer meine Freunde sind. Ich hab' sie dir nie vorgestellt."

„Ich seh' dich jeden Morgen mit ihr hier her fahren und wenn sie auch nachmittags noch Kurse hat, sitzt ihr zusammen in der Mensa und lacht. Du bist nicht mehr die einzige in der Schule, der die kleinen Momente im Leben wichtig sind."

Wegen seinen Worten muss ich unwillkürlich Lächeln.

„Du versuchst mich zu verstehen. Du nimmst dir meine Monologe tatsächlich zu Herzen."

„Ich nehme mir sie nur aus zwei Grünen zu Herzen. Zum einen, weil du absolut recht hast und zum anderen, weil ich dich verstehen will. Wissen will, wie du tickst und so geht das am
besten. Indem ich den kleinen Momenten mehr Beachtung schenke."

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Das mit den zwei Updates pro Woche hab' ich dann doch irgendwie vergessen. Ups, haha.

Wie dem auch sei, Kritik/Anregungen gerne in die Kommentare. :3

Over and Out,
-Anna

Remember me || Concrafter || ABGEBROCHENWo Geschichten leben. Entdecke jetzt