Noch nicht ganz auf den Beinen sah ich aus den Augenwinkeln, wie der Ball erneut auf mich zuflog und warf mich zur Seite. So ging es hin und her. Gelegentlich flog der Ball unerwartet auf Mia, die es allerdings mit haarsträubenden Manövern schaffte, auszuweichen.

So ging es eine ganze Weile, bis Mia und ich schnauften und keuchten, und obwohl Michas Mannschaft schließlich gewann, musste man zu unserer Verteidigung sagen, dass wir uns tapfer geschlagen hatten, und dass der Sieg ein knapp errungener war.

„Gut gemacht", lobte unser Sportlehrer, während Micha noch mit seiner Mannschaft jubelte. „Viele von euch haben heute außergewöhnliche Leistungen gezeigt."

Dabei sah er besonders Mia und mich an, was mich vor Stolz gleich ein paar Zentimeter größer werden ließ.

Danach gab es für mich jedoch wenig Grund zu jubeln. Wir machten Geräteturnen, und obwohl ich darin noch nie besonders begnadet war, stellte ich mich heute katastrophal an.

Unter Michas Blicken schwand meine Konzentration und mein Körper machte einfach nicht mehr, was ich von ihm wollte.

Als Micha dann auch noch versuchte, mir zu helfen, indem er mich an der Hüfte stützte, fiel ich gnadenlos von der Stange, woraufhin Micha es Herrn Knut überließ, sich mir anzunehmen.

Der war jedoch noch erfolgloser, da meine Blicke glühend auf den anderen Mädchen lagen, die auf einmal erstaunlich viel Hilfe benötigten, und nicht auf der Stange.

„Herr Korner, ich bekomme das einfach nicht hin!", rief die Klassenbeste in Turnen und lächelte dabei so süßlich, dass ich beinahe kotzen musste.

Verflucht eifersüchtig starrte ich zu Micha hinüber, der natürlich sofort zu ihr kam. Doch kurz bevor er sich um sie kümmerte, drehte er sich kurz zu mir um und unsere Blicke streiften sich.

Oder hatte er nur zu Herrn Knut herübergesehen?

Und schlich sich tatsächlich ein Lächeln auf seine Lippen, oder bildete ich mir das nur ein?

Zu schnell wandte er den Kopf wieder ab, und ich ertappte mich dabei, wie ich reglos starrend an der Stange baumelte und gar nicht hörte, was für Tipps Herrn Knut mir gab.

„Jetzt versuch es noch einmal", munterte mein Sportlehrer mich auf.

„Hm", antwortete ich geistesabwesend und holte Schwung.

Aber meine Aufmerksamkeit lag auf Micha, auf seinen großen, starken Händen, die das Mädchen um die Hüfte fassten und ihr bei der Übung halfen. Schon war die Berührung vorbei, aber Herr Knuts Warnschrei kam zu spät, um mich wieder zu mir selbst zurückzuholen.

Ich spürte nur noch, wie meine Beine gegen eine Stange stießen, mein Körper schmerzhaft aus seiner Bahn gerissen wurden und meine Finger sich nicht länger halten konnten.

Schon flog ich durch die Luft, vernahm entsetzte Aufschreie und dann Stille, als ich in einem perfekten Sturz seitwärts auf dem Boden landete.

Jetzt wusste ich wenigstens, für was man Fallschule in Kampfsport lernte.

Stöhnend rappelte ich mich auf und rieb mir den Ellenbogen.

„Hast du irgendwo Schmerzen? Kannst du alle Finger bewegen?", fragte Herr Knut, der sofort neben mir auftauchte. Dass meinen Beinen nichts passiert war, stand außer Frage, da ich ja bereits wieder stand.

„Alles noch dran", sagte ich. „Nichts passiert."

„Setzt dich trotzdem erst mal an den Rand", riet Herr Knut mir.

Ich war jedoch noch nicht einmal auf halber Strecke Richtung Bank, als Micha neben mir auftauchte.

„Guter Sturz seitwärts", kommentierte er lächelnd. Dann wurde sein Gesichtsausdruck ernst. „Hast du dir wirklich nichts getan?"

KämpferherzenWhere stories live. Discover now