3 - Flucht

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"Wohin bringst du mich?", fragte Hermine misstrauisch, als Malfoy sie durch an Labyrinth an Büros und verwinkelten Korridoren führte. 

"Keine Sorge, ich entführ dich schon nicht.", gab er spottend zurück. 

Sie verdrehte die Augen und folgte ihm eine Wendeltreppe hinaus. Das Ministerium war weitaus verstrickter, als sie es sich je hatte vorstellen können. "Wieso kennst du dich so gut hier aus?"

Err schwieg so lange, dass sie fast beinahe gar keine Antwort mehr von ihm erwartete. "Ich bin als Kind stundenlang im Ministerium gewesen. Mein Vater trieb einige Geschäfte."

Ein Part von ihr fühlte mit dem jungen Kind des Millionärs, der sich nicht um ihn sorgte, doch ein anderer Part schreckte bei dem Gedanken an Lucius Malfoy zurück. "Apropos... wie geht's deinem alten Herrn? Genießt er sein Time Out?"

"Wir reden nicht.", grummelte Malfoy. 

"Welch Tragödie", seufzte sie sarkastisch. "Lebst du noch immer in dem Scheusal von einem Landhaus?"

Malfoy schnaubte und sandte ihr ein schmutziges Grinsen. "Du scheinst dich sehr für mein Wohnarrangement zu interessieren. Soll ich dir etwa eine private Tour gewähren?"

Ein empörtes Lachen entwich ihr. "Astoria hätte sicherlich ein Problem damit."

"Und über mein Liebesleben weißt du also auch schon bescheid.", gluckste der Blonde. Er stieg eine weitere kurze Treppe hoch und blieb schließlich vor einer dunklen Tür stehen. Mit verschränkten Armen lehnte er mit dem Rücken gegen das Holz. 

"Wie ging das Sprichwort denn noch? Halte deine Freunde nahe und deine Feinde noch näher.", zwitscherte Hermine mit einem falschen Lächeln, stieg die letzte Stufe empor und hielt direkt vor ihm. "Willst du die Tür nicht öffnen?"

Malfoy grinste und dieser Gesichtsausdruck war Hermine aus ihrer Schulzeit so bekannt, dass sie beinahe aufgelacht hätte. "Jetzt, wo du so viel über mich weißt, solltest du mir etwas über dich erzählen, Granger."

"Ich bin ein offenes Buch." Allmählich wollte sie nur noch weg von ihm. Es war schlimm genug, dass sie in Zukunft wohl mehr Zeit mit ihm verbringen müsste. Mit ein wenig Glück konnte sie ihren Kontakt jedoch nur auf das berufliche reduzieren. 

"Ich kann dich dennoch nicht lesen.", murmelte er und legte den Kopf schief. Sein intensiver Blick irritierte sie. "Warum bist du zurückgekehrt, Granger?"

Hermine reckte ihr Kinn, um seinen Blick besser erwidern zu können. "Ich weiß nicht viel über dich, Malfoy, und das, was ich bereits weiß, reicht mir aus. Es gibt keinen Grund dafür, dass wir nicht nie wieder miteinander reden müssten."

"Dir ist klar, dass ich einen Teil des Trainings beaufsichtigen werde, oder Granger?", sagte er dann so lässig, als wäre es kein großes Thema. "Wir werden unweigerlich Zeit miteinander verbringen müssen."

Hermine atmete tief aus. Wenn er einen Teil ihres Trainings überwachte, dann könnte er sie vermutlich auch durchfallen lassen. Sie würde es Draco nicht verdenken, dass er sie extra durchfallen lassen würde, falls er nicht dachte, dass sie sich nicht wenigstens zivilisiert miteinander umgehen könnten. 

"Ich werde mich benehmen können, wenn du es schaffst.", sagte sie schließlich. 

"Nun gut." Er fuhr sich durchs Haar und seufzte dann. "Granger, bevor wir wieder getrennte Wege gehen, muss ich dir noch etwas sagen."

"Ja?" 

"In der Winkelgasse gestern, da wollte ich dir sagen... nun, es tut mir leid." Er schaute sie bei diesen Worten nicht an, doch Scham leuchtete in seinem Gesicht auf. 

Sie hob unbeeindruckt eine Augenbraue. "Was tut dir leid?"

Sie beobachtete, wie seine Hand zu seinem linken Unterarm wanderte und diesen fest umschloss. "Alles. Es tut mir leid, wie ich mich verhalten habe in unserer Zeit in Hogwarts. Es tut mir leid, dass ich so ein Arschloch war. Es tut mir leid, dass ich zu deinem Leid beigetragen habe. Und das mit Harry und Ron... Es tut mir alles verdammt leid."

Hermine spürte, wie Tränen in ihren Augen aufquollen. Sie brauchte einige Sekunden, um sich zu fassen. "Ihre Tode sind nicht deine Schuld.", quetschte sie mit zu hoher Stimme heraus. 

"Ich weiß.", sagte er und das Sprechen schien ihm genauso schwerzufallen wie ihr. "Ich weiß, dass ich das nicht verhindern konnte, doch als du ins Manor kamst... Ich hätte sie aufhalten müssen und es tut mir leid."

Hermine wusste, dass er Bellatrix meinte. Sie nickte knapp und erlaubte es sich nicht an die schmerzvollen Stunden mit seiner durchgeknallten Tante zu denken. "Danke.", flüsterte sie leise. Zu mehr war sie nicht imstande. Seine Entschuldigung hatte sie mehr überwältigt, als sie es wagte zuzugeben. 

Malfoy suchte kurz ihren Blick, bevor er ebenfalls knapp nickte und die Tür hinter sich aufstieß. Sie waren wieder in der Eingangshalle angelangt. Hermine schlängelte sich an dem ehemaligen Slytherin vorbei. 
Sie wollte fast gehen, als ihr ein letzter Gedanke durch den Kopf schoss. 

"Malfoy", sagte sie und fuhr zu ihm herum. Er blickte auf. "Warum bist du hier?"

Er schien ihre Frage zu verstehen. Der Malfoy saß auf einem millionenvermögen. Er müsste keinen Tag in seinem Leben arbeiten, wenn er es nicht wollte. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass er es leicht hatte in einer solchen Abteilung. Nicht mit seiner Vergangenheit. Nicht mit dem Dunklen Mal, das noch immer auf seiner blassen Haut prangerte.

"Ich versuche eine Schuld zu begleichen." Er zuckte mit den Schultern, als wäre es keine große Sache, doch alleine an seinem ernsten Ton merkte sie, dass er wohl Stunden über dem Thema gebrütete haben musste. "Bis bald, Granger."

Hermine rang mit den Händen, als er die Tür schloss und verschwand. Im Vergleich zum gestrigen Tag hatte sie eine sehr andere Seite von dem Malfoy erlebt und das verwirrte von Grund auf. Besonder, da sie beide wohl aus einem sehr ähnlichen Grund Auror sein wollten. 

Denn sie hatte auch eine Schuld zu begleichen.

Die Schuld der Überlebenden.

And in the dark I can feel your heartbeat (Dramione)Where stories live. Discover now