Chapter 1 Anfang vom Ende

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Das Erste was ich spürte war die Hitze, sie drohte mich von innen heraus zu zerreissen.
Sie hatte sich in jede Pore meiner Haut geschlichen, meine Haare klebten mir am Kopf, ob es Schweiss oder Blut war konnte ich nicht beurteilen.
Mein Kopf dröhnte und ich spürte nur ein dumpfes Gefühl, als würde ich gar nicht wirklich hier liegen, als wäre das hier nur ein demolierter Körper in den ich eingesperrt war.
Ich sah nichts, bis ich merkte dass meine Augen noch geschlossen waren.
Ich hatte Angst sie zu öffnen, Angst zu sehen was nach all diesen Monaten doch eingetreten war.
Die endgültige Zerstörung.
Doch ich musste es tun, ich hielt es nicht aus, wie betäubt hier zu liegen, meine Gedanken waren blockiert und ich hörte nur meinen Atem in meinen Ohren und ein lautes Piepen, welches meinen Schädel beinahe zu sprengen drohte.
Als Erstes sah ich helles Licht, die Sonne schien auf mich herab, jedenfalls dort wo die Trümmer keine Schatten auf den staubigen Boden warfen.
Ich sah die Staubkörner in der Luft tanzen und noch immer taub tastete ich mir den Händen auf dem Boden herum.
Sie strichen über ein Gemisch aus Sand und Blut, streiften einen Stein und noch etwas, von dem ich nicht wissen wollte was es war.
Ich öffnete meinen Mund, ich war mir sicher etwas gesagt zu haben, doch ich hörte nichts.
Mein gesamter Körper schwankte, als ich mich dazu durchrang mich auf zu setzten.
Keuchend und mit einem schläfrigen Blick sah ich mich um, alles drehte sich, die grossen Trümmer der zerstörten Hauswand vor mir verschwammen beinahe bis zur Unkenntlichkeit.
Ich konnte nicht denken, ich konnte nur den Kopf heben und in den strahlend blauen Himmel sehen, keine Wolke war zu sehen, nur ab und zu schwarzer Rauch, der in kleinen Schwaden in das Blau aufstieg und sich dort mit dem Wind vermischte, der ihn für immer fort trug.
Ich wollte auch für immer weg.
Stattdessen wurde es plötzlich laut um mich herum, der Druck in meinen Ohren liess nach und auf einmal nahm ich wieder alles wahr.
Die Trümmer um mich, wie sie ächzten und ab und zu runter fielen.
Die Geräusche des Feuers bei irgend einem brennenden Auto der Strasse und das Schaben meiner Hände auf dem sandartigen Staub.
Kaum hatte ich wieder begonnen zu hören traten auch die Schmerzen wieder auf.
Wie eine Welle schwappten die Gefühle über mich, die Taubheit wurde weg gewischt und liess einen demolierten Körper zurück, der wie auf Befehl plötzlich so schwer wurde.
Es wurde schwer einen Arm zu bewegen, geschweige denn mich weiter auf zu setzen.
Mein Kopf tat noch immer weh und meine Sicht war getrübt, doch ich spürte es deutlich, das Brennen an meinen aufgeschürften Händen, meine pochenden Beine und einen Schmerz an der Hüfte der alles noch übertraf.
Ein unterdrückter Schrei entfuhr mir, es war eine Mischung zwischen brennen und einem Stechen dass sich tief an meinem Bauch verankerte und ich hatte das Gefühl dass mir der Atem abgeschnürt wurde, der Schmerz liess schwarze Punkte vor meinen Augen tanzen.
Ich versuchte mich zu erinnern was Yana und ich immer geübt hatten.
Atmen, die Panik unterdrücken und das tun womit ich am ehesten überleben konnte.
Mein Körper wollte sich hinlegen und schlafen, doch ich wusste dass es für immer sein würde, wenn ich jetzt aufgab.
Wieso hatte ich Wochenlang überlebt um nun auf zu geben, nein, ich musste da jetzt durch.
Es war als würde ich mit aller Mühe den Schalter in meinem Hirn umlegen, sodass meine Arme und Beine nun wieder mir gehorchten, sich nicht widersetzten egal wie schmerzvoll es war.
Ich redete mit mir, vielleicht hatte ich das Gefühl es half mir, oder aber ich musste einfach das tun was ich aussprach, weil ich sonst wieder zusammen gekracht wäre.
"Okay, okay ganz ruhig."
Ich schloss kurz die Augen und wartete hartnäckig bis mein Atem sich soweit beruhigt hatte dass ich zwar noch das schmerzhaft schnelle Pochen meines Herzens wahrnahm, aber mich unter Kontrolle hatte.
Kontrolle Über die Panik, das war das Wichtigste.
Ich richtete den Kopf auf, bis er mir gelang den Blick über meinen, noch liegenden Unterkörper schweifen zu lassen.
Meine Beine waren frei, das war schonmal ein guter Anfang, der Trümmerberg um mich herum ächzte und stöhnte, die Teile waren locker und unsicher aufeinander gefallen, sodass sie nicht lange halten würden, ich lag genau in der Mulde, also blieb mir nicht viel Zeit.
Dann sah ich auf meine Hüfte und mein Atem stockte.
Sofort verstärkte sich der Schmerz als ich es wirklich kapierte.
Ein Trümmer, ein grauer Betonklotz lag halb auf mir, eine rostige Stange aus seinem Inneren hatte sich rechts über meinem Hüftknochen in meinen Bauch gebohrt, durch das Shirt trat ein wenig Blut aus, doch die Stange verhinderte das Verbluten grösstenteils.
Ich wurde beinahe ohnmächtig bei dem Anblick und schrie panisch auf, nicht nur aus Schmerz sondern Angst, Angst vor dem Tod.
Tränen rannen mir über die Wangen, ich konnte mir vornehmen nicht zu schreien, tapfer zu sein, aber es half nicht, es ging über den eisernen Willen eines Menschen, die Schmerzen hatten die Kontrolle übernommen und das war mein Untergang.
Ich hörte meine Schreie an den Hauswänden widerhallen, die ganze Strasse schien es weiter zu leiten, doch keine Antwort war zu hören, ich war alleine hier.
Doch irgendwie begann die Platte die gleich über mir von einem Klotz hervor ragte und ein Teil des Sonnenlichts von meinem Körper abhielt gefährlich nach vorne zu wippen.
Ich wollte mich bewegen, zur Seite robben aber die Stange die zwar nicht austrat aber dennoch tief drinnen stach, verhinderte das mit einer erneuten Schmerzenswelle.
Aber nun machte sich das Adrenalin breit, die Angst vermischte sich mit meinem Instinkt zu überleben, ich roch mein eigenes Blut, den Schweiss und der Sand klebte in meiner Nase.
Die Platte über mir bröselte einige feine Steinchen auf meinen Kopf, es fühlte sich an wie Hagel, nur war er das Vorzeichen eines ganzen Eisklotzes.
"Scheisse."
Fluchte ich beinahe tonlos, mein Atem reichte für mehr nicht aus.
Ich hatte schon oft gehört wozu Menschen fähig waren wenn es um den Tod ging.
Man sprach von nicht menschlichen Taten oder Dingen wozu die Kraft eigentlich nicht ausreichen sollte.
Ich bezweifelte dass ich das schaffen würde, ich konnte kaum meinen Arm bewegen.
Also versuchte ich runter zu fahren, mir blieb nicht mehr viel Zeit, mit einem ächzen rutschte die Platte etwas nach vorne und machte ein mahlendes Geräusch.
Mein Oberkörper befand sich genau unter ihrem Schatten und ich schluckte.
"Nachdenken, ruhig bleiben."
Die drei Worte wiederholte ich wie ein Mantra in meinem Kopf, wenn ich jetzt falsch reagierte war ich tot, das brachte mich dazu ganz still zu halten um nichts zu beschleunigen.
"Ich kann meine Beine bewegen, das ist gut, das ist sehr gut."
Ermutigte ich mich selbst und fühlte, wie ich kurz vor dem Durchdrehen war.
Ich konnte nicht ruhig denken, ich könnte jeden Moment von einem Metallklotz zerquetscht werden und meine Schmerzen stiegen weiter.
"Ich muss hier weg."
Schluchzte ich, und versuchte mich so selbst an zu spornen.
Da entdeckte ich wie lose die Stange noch an der Hauswand befestigt war, die gleich neben dem rutschenden Klotz runter gefallen war.
Meine Augen wurden leer, und ich legte den Kopf schief.
"Oh nein."
Stöhnte ich, ich versuchte die Möglichkeit wieder aus meinem Kopf zu verbannen, doch langsam neigte sich die Platte nach unten und verdeckte noch ein Stück des sonnigen Bodens.
Verzweiflung trieb zu grausamen taten, aber ich könnte es auch lassen, Tod durch zerquetschen würde bestimmt schnell gehen.
Sofort schüttelte ich den Kopf, es drehte sich zwar erneut alles aber ich hatte meinen Entschluss gefasst.
Ich konnte sowieso sterben, also konnte ich auch alles versuchen um raus zu kommen.
Und mit alles, meinte ich wirklich alles.
Ich biss die Zähme zusammen und zwang mich einen Armen zu befehlen, sich um die Metallstange zu schliessen, feine Risse waren im Beton um sie herum zu sehen.
Ich leitete alle verbliebene Kraft in meine Hände und ruckte einmal daran.
Sofort löste sich die Stange vom Beton und ein kleiner Stein fiel auf meinen Bauch, sofort hatte ich das Gefühl zu implodieren und schrie zwischen zusammengebissenen Zähnen auf.
Ich hatte mit Yana immer diese Filme gesehen, wo die Hauptperson kämpfte, mit all den Pfeilen im Körper und man nicht die Bohne von Schmerz sah.
Wir hatten das im Kindesalter immer nachgespielt, hatten uns danach gesehnt auch in so einer Situation zu sein um zu beweisen wie unnahbar wir waren.
Aber jetzt lag ich wirklich da, hielt die Stange in der Hand die mich halb durchbohrt hatte und spürte die unerträglichen Schmerzen.
Aber trotzdem, jetzt konnte ich nicht mehr aufhören, wenn ich los lies würde sie mich völlig durchbohren.
"Tu es endlich!"
Hämmerte es in meinem Kopf und ich starrte auf die Stange.
Dann riss ich sie nach oben.
Ich hatte noch nie so laut geschrien, mein Hals tat weh, und ich wurde kurz ohnmächtig, der Schmerz hatte sich verdoppelt und nun trat auch massenweise Blut aus der Wunde aus.
Als ich dann endlich wieder aufwachte blickte ich direkt auf den grauen Beton, der sich knarzend von seiner Position löste und runter fiel.
Trotz der Schmerzen die mich beinahe lähmten und den Tränen die über meine Wangen strömten, reagierte ich ohne nachzudenken.
Ich rollte mich erstaunlich schnell für meine Verfassung zur Seite und legte die Hände über den Kopf.
Es knallte und staub wallte hoch, in meinen Mund, die Augen und die Nase.
Ich hustete und als sich die Staubwolke verzog hätte ich die Platte mit meiner Nase berühren können, so knapp war ich ihr entkommen.
Ich hätte beinahe gelächelt, ich hatte es geschafft.
Doch dann hustete ich, spürte eine metallene Flüssigkeit in meinem Hals.
Blut.
Schnell spuckte ich es aus, meine Atemwege durften nicht verstopft werden.
Ich wischte mir das Blut vom Mund.
Es ekelte mich an, ich war schmutzig und Blut verkrustet, aber es störte mich dennoch nicht sonderlich, denn plötzlich hatte ich andere Prioritäten als mein Wohlgefühl oder Schönheit.
Ich richtete mich so schnell es ging auf und riss mein Shirt auf, einen Fetzen Band ich um die Wunde, meine Hände zitterten, sodass ich mehrere Anläufe brauchte.
Der Dreck darin brannte noch mehr und ich fühlte schon wie mir schwindlig wurde, aber ich band es fester zu, schnürte es so hart ab bis ich nur noch das starke Pochen spürte.
Es fühlte sich komisch an ein Loch zu haben, gar nicht so wie ich es mir vorgestellt hatte.
Ich fühlte mich nicht lehr, es war als würde sich etwas in mir befinden was ich ausstossen wollte, und dass sich mir schmerzhafte Widerhaken an mich klammerte.
Ich zog mich mehr an den Trümmern vorwärts als das ich lief, aber ich kam vorwärts und verliess den Haufen, zwischen dem ich aufgewacht war.
Die Häuser um mich herum waren nicht mehr als Ruinen, einige standen noch halbwegs, andere waren gänzlich eingekracht.
Überall lag Blut herum, mir wurde schlecht als ich einige Körper zwischen den Trümmern entdeckte.
Ich konnte aber jetzt nicht darüber nschdenken, über de leeren Löcher wo einst die Fenster gewesen waren.
Ich hatte Fieber und schwitzte, die heisse Sonne liess mich zusätzlich beinahe zusammen klappen, doch ich kämpfte mich weiter auf die grosse Hauptstrasse.
Meistens kämpften die Leute für jemanden den sie liebten, oder aus irgend einem Grund.
Ich dachte an niemanden, ich hatte keinen Grund, ich machte einfach.als ich endlich ankam, lag auf der breiten, rissigen Strasse weniger herum und ich konnte bis an den Horizont sehen, wo sich irgend eine Art Mauer erstreckte.
Ich war auf der Strasse, doch ich sah nichts ausser einer toten Stadt, Feuer und Rauch, ab und zu Schreie, die aber alle viel zu schnell verstummten.
Ich dachte kurz an Yana, se wohnte am anderen Ende der Stadt, die Sorge um sie war das Einzige was mich gerade beschäftigte ausser zu überleben.
Doch bald war auch diese Sache aus meinem Kopf verschwunden, denn ich taumelte, die Schmerzen kamen zurück und ich spürte wie die Kraft mich verliess.
Da hörte ich Schritte und verwendete alle verbliebene Energie darauf, mich um zu drehen.
Dort nahm ich verschwommen Gestalten wahr, sie trugen eine weisse Uniform und hatten Schutzbrillen auf, ihre Gewehre sahen aus wie Neu und ich öffnete meinen Mund, sofort spürte ich wieder den metallischen Geschmack und hustete erneut, worauf ich schmerzlich stöhnend auf die Knie sank.
Etwas sagen konnte ich nicht mehr, ich konnte kaum noch genug Luft einatmen.
"Überlebende Gesichtet!
Ich wiederhole! Überlebende gesichtet!"
Hörte ich eine Männerstimme schreien und kurz daraif wackelte der Boden, sie kamen auf mich zu, das wusste ich.
Doch meine Kraft reichte nicht mehr um hoch zu schauen, ich wusste auch nicht wer sie waren und ob sie Schuld waren an der Zerstörung.
Der Schmerz liess nach und wich einer tiefen Leere, die mich kühl lockend zu sich hinunter zog.
Der Geruch von Blut verschwand und Schwärze verschluckte meine Sicht auf einen der Männer, der sich über mich kniete.
"Wie hat sie es raus geschafft?"
"Das spielt keine Rolle, sie verblutet, lass sie hier Hector, sie nützt nichts."
Ich atmete langsam aus und ordnete nur noch mit Mühe ein wie sich zwei Arme unter mich schoben und ich hoch gehoben wurde, mein Kopf hing im Nacken und mehr konnte ich auch nicht mehr wahr nehmen.
"Deine Verantwortung Hector, nochmals nehme ich dich nicht in Schutz."
Hörte ich dann noch, bevor ich mich der Dunkelheit hingab und die Schmerzen endlich vergessen konnte.
Ich wusste nicht ob ich gerade starb, vielleicht fühlte es sich so an aber es war mir egal.
Ich hatte genug gekämpft, nun durfte ich mich endlich ausruhen.

Das erste Kapitel ist immer etwas Besonderes und ich sage euch, ich liebe es.
Wenn ihr auf Spannung steht, Massen an Kämpfer und dennoch etwas Strategie sowie ein Liebesdilemma, seid ihr hier genau richtig.
Die Geschichte soll sich, wie jeder Autor möchte, von den anderen abheben, also werdet ihr wahrscheinlich nicht all zu viele Klischees vorfinden^^
Also blättert weiter und betrete eine Welt in der nun neue Gesetze herrschen;)
Lg
Tala

Destroyed - Die 7 Völker *pausiert*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt