Prolog

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Kalter Wind blies Hermine Granger um die Ohren, als sie zum ersten Mal in Jahren erneut vor dem Tropfenden Kessel stand, der den Eingang in die Winkelgasse markierte. Es war ein grauer Frühlingstag, doch vom Frühling spürte man nicht sehr viel in den vollen Straßen Londons.

Muggel eilten geschäftig um die junge Hexe herum, als diese noch immer den Pub beobachtete. Es war nicht viel los. Sie konnte ein paar kleinere Gruppen an Zauberer erkennen, doch nicht viel mehr. Hermine rang nervös mit den Händen. Sie atmete einmal tief durch, bevor sie sich schließlich die Kapuze ihres weiten Mantels ins Gesicht zog und auf das Geschäft zueilte.

Die Tür knarzte laut, als sie sie aufstieß, und ein paar Köpfe drehten sich in ihre Richtung. Hermine erkannte keinen der sitzenden Zauberer, doch sie war sich nur zu gut der misstrauischen Blicke bewusst, die nun auf ihr ruhten. Sie hoffte inständig, dass man sie in den Schatten ihrer Kapuze nicht erkennen würde. 

Sie wollte keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Sie erinnerte nur zu gut, wie schrecklich die letzten Male gewesen waren, als sie England besucht hatte. Direkt nach der Schlacht in Hogwarts war es am schlimmsten gewesen. Die Presse hatte sich auf das letzte verbliebene Mitglied des Goldenen Trios nur so gestürzt. 
Hermine schluckte schwer. Es war schlimm genug gewesen, ihre besten Freunde zu verlieren. Da hatte sie keine Reporter gebraucht, die sie als Kriegsheldin darstellen wollten, obwohl sie nie etwas ohne Harry und Ron geschafft hatte. 

"Kann ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?", fragte eine Stimme plötzlich.

Hermine schreckte zusammen. Erst nach ein paar Sekunden bemerkte sie Tom, den Besitzer. Er stand hinter der schmuddeligen Bar und beäugte sie gründlich.

Hermine räusperte sich. "Feuerwhiskey, bitte.", brachte sie mit kratzender Stimme hervor. Es war eine Weile her, dass sie mit jemandem geredet hatte. 

Tom nickte nur und drehte sich zu der mit Likör vollgestellten Regalwand zu. Hermine stellte ihre schwere Tasche auf einen der Barhocker, bevor sie sich auf den daneben setzte. Sie kramte kurz nach ihrem Portmonnaie und fischte ein paar Sickel hervor, mit denen sie für den Whiskey bezahlte.
Zu ihrem Glück war Tom genau so wortkarg wie sie selbst. Sie war sich ziemlich sicher, dass er sie nicht erkannt hatte, obwohl sie zu Schulzeiten ziemlich oft durch den Pub gegangen war. Doch sie hatte sich auch erheblich verändert, da war sie sich sicher. 

Fast vier Jahre hatte sie kaum einen Fuß in Großbritannien gesetzt. Sie hatte viel Zeit mit ihren Eltern in Neuseeland verbracht, nachdem sie deren Gedächtnis wiederhergestellt hatte. Die restliche Zeit war sie herumgereist, hatte mehrere weiterführende Akademien für Zauberkunst und Hexerei in anderen Ländern besucht und versucht sich zu beschäftigen. Doch nirgends hatte sie sich wirklich daheim gefühlt.
Großbritannien war ihr zuhause und so hatte sie schließlich kapituliert und war in das Land zurückgekehrt, das so viele schmerzlich Erinnerungen barg. Jede Ecke hier erinnerte sie an ihre Freunde, ihre Schulzeit und aber auch an den Krieg und die Todesser. 

Hermine hatte gehofft, dass es ihr gut tun würde, wenn sie sich mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzte. Es tat ihr jedenfalls nicht gut, sie einfach zu ignorieren. Sie hatte nie gern darüber gesprochen und die wenigen Beziehungen zu Menschen, die sie in den letzten Jahren gehabt hatte, waren daran zerbrochen oder nie so tief gegangen. 

Hermine kippte den letzten Schluck des Whiskeys herunter und hang sich die Tasche wieder um. Sie nickte Tom zum Abschied knapp zu, bevor sie zu der Mauer ging, die zur Winkelgasse führte. Mit ihrem Zauberstab tappte sie andächtig die richtigen Ziegelsteine an und die magische Straße tat sich augenblicklich hervor.
Langsam schritt sie die bekannte Straße hinunter. Nicht viele Zauberer und Hexen waren unterwegs, doch jeder von ihnen starrte die mysteriös vermummte Gestalt an, die Hermine war. 

Die junge Hexe fragte sich gerade, ob es doch nicht unauffälliger wäre, würde sie die Kapuze abnehmen, als ein Zauberer, der aus einem der Läden trat, sie anrempelte.

"Hey!", fauchte sie reflexartig, bevor sie überhaupt schauen konnte, wer es war, der sie so dreist fast über den Haufen gerannt hatte.

"'Tschuldi -Granger?" Der junge Mann hob eine Augenbraue. Er strich sich die blonden Haare aus dem Gesicht.

Hermine schnappte nach Luft, als sie in die grauen Augen von Draco Malfoy schaute. 

Sie hatte nicht erwartet ihn zu sehen. Sie wusste nicht, wie sie mit seiner Anwesenheit umgehen sollte. Sie verband unendlich viele gemischte Gefühle mit dem Malfoy. Hauptsächlich schlechte aus ihrer Schulzeit, doch an diese Erinnerungen waren auch immer Harry un Ron gekoppelt.

Malfoy sah so anders aus. Seine Haare kurz geschoren, sein Gesicht so viel älter und seine Statur breiter und erwachsener. Er sah gut aus, gesund. 

Hermine wich einen Schritt zurück.

"Hermine Granger?", fragte plötzlich eine zierliche Hexe neben Malfoy. Erst in diesem Moment bemerkte Hermine, dass Malfoy nicht alleine unterwegs war. Die dunkelhaarige Frau neben ihm kam ihr unfassbar bekannt vor.

Die ehemalige Gryffindor zwang sich, sich zusammenzureißen. Sie konnte sich nicht erlauben schon bei der ersten Begegnung mit jemandem die Nerven zu verlieren. Sie musste die Kontrolle bewahren. Ausflippen konnte sie später. 

"Ja", brachte sie also atemlos hervor. "Wer sind Sie?"

Die hübsche Hexe streckte eine Hand aus. "Astoria Greengrass, sehr erfreut. Draco hat mir schon viel von Ihnen erzählt."

Hermine schüttelte die Hand der Hexe, bevor sie eine Augenbraue hochzog und ihren ehemaligen Erzfeind anschaute, der sie noch immer eindringlich musterte. "Ach, wirklich?"

"Du solltest die Kapuze wieder aufziehen.", sagte Malfoy. "Die Leute schauen schon."

Hermine, die noch nicht einmal bemerkt hatte, wie das Stück Stoff auf ihre Schultern gerutscht war, blickte sich um. Es beachtete sie zum Glück noch niemand, doch zog sie trotzdem die Kapuze wieder tief in ihr Gesicht.

"Was machst du hier in England?", wollte Malfoy wissen. Sein Blick war so eindringlich, dass es sie ein wenig aus dem Konzept brachte.

"Seit wann erzähl ich dir persönliches aus meinem Leben?", entgegnete Hermine. 

Der Blonde hob nur missbilligend eine Augenbraue. Astoria verzog unwohl das Gesicht. 

"Ich sollte gehen.", meinte Hermine nach einigen Augenblicken und riss sich von seinem Anblick los. Mit schnellen Schritten stolzierte sie weiter, als sie spürte, wie jemand nach ihrer Hand griff.

"Granger", sagte Malfoy erneut, als sie herumwirbelte.

Hermine entriss ihm ihre Hand. "Fass mich nicht an, Malfoy!", fauchte sie und tastete nach ihrem Zauberstab. Sie zog ihn im Bruchteil einer Sekunde aus ihrer Hosentasche und richtete ihn auf den Malfoy. 

"Ich tue dir nichts!", zischte er. "Nimm das Ding runter."

"Glaub nicht, dass ich vergessen habe auf wessen Seite du warst.", gab sie zurück. Wut brodelte in ihr hoch. 

Malfoys Gesicht verhärtete sich merklich. "Ich war jung."

Sie schluckte. "Ich ebenfalls. Und dennoch konnte ich richtig von falsch unterscheiden."

Hermine glaubte Schmerz in seinen Augen aufflackern zu sehen. Er presste die Lippen zusammen und nickte dann langsam. "Wie du willst.", brachte er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, drehte sich um und ging zurück zu Astoria. Die hübsche Hexe hatte mit großen Augen die Auseinandersetzung mitverfolgt und nahm nun Malfoy bei der Hand.

Ein wenig zittrig senkte Hermine ihren Zauberstab und verstaute ihn wieder. Sie folgte dem Paar mit ihren Augen. Sie konnte nicht anders, als sich zu fragen, was der ehemalige Slytherin ihr hatte sagen wollen, als er sie aufhielt. Vielleicht hätte sie ihn nicht so anfahren dürfen. 

Hermine schüttelte den Kopf bei dem Gedanken. Es war Malfoy. Sie hatte absolut jedes Recht ihn so anzugehen. Er hatte sie seit ihrem ersten Schuljahr auf dem Kieker gehabt, sie gepiesackt und ihr die ganze Zeit einreden wollen, sie wäre keine gute Hexe aufgrund ihrer Abstammung.

Sie raffter sich zusammen, zog die Kapuze noch ein wenig tiefer in ihr Gesicht und schritt die Winkelgasse weiter entlang. 

And in the dark I can feel your heartbeat (Dramione)Where stories live. Discover now