I: DUNKELHEIT - Erwachen

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Alles drehte sich in meinem Kopf, mein Herz raste wie eine Dampflok und überall tat mir alles von dem Aufschlag auf unbekanntem Boden weh. Stöhnend wälzte ich mich herum, bis ich auf dem Rücken lag und wartete, bis der Schwindel in meinem Kopf nachließ. Um mich herum hörte ich Stimmen, dumpf und wie von weit her, die sich nach meinem Befinden erkundigten.

„Moment, da trampelt noch ein Elefant über mein Gehirn", nuschelte ich. Gelächter war zu hören. Unfassbar, dass ich noch in der Lage war, flache Witze zu reißen! Irgendwer legte mir je zwei Finger an die Schläfen. Die Fingerspitzen wurden warm und plötzlich legte sich der Schwindel. Ich schlug die Augen auf.

Äh, wo zum Geier war der Himmel? Oder waren das fremdartige Wolken, die wie riesige Felsformationen vom Himmel herabhingen?

Vorsichtig setzte ich mich auf, wobei die Alben respektvoll zurückwichen (seeeeehr strange). Das Portal hatte uns alle auf einem Felsplateau aus dunklem Stein ausgespuckt. Kleine Büschel eines kurzen rötlichen Grases wuchsen hier, dazu noch braunviolettes Moos. Ich sah erneut nach oben. Nö, das waren definitiv keine Wolken, sondern da hingen wirklich Felsen hinunter, wie riesige Tropfsteine. Leuchtende Kristalle ragten aus vielen Spalten hervor und ich erkannte ganze Wälder, die einfach auf dem Kopf wuchsen. Waren wir etwa in einer so riesigen Höhle gelandet, dass es die Ausmaße der Distanz zwischen Himmel und Erde annahm?! Ich sag mal so, das ist schlichtweg Hammer.

Mein Blick wanderte in die Ferne, auf der Suche nach den Höhlenwänden, falls ich die überhaupt sehen konnte, doch natürlich verlor sich alles in verschwommenem Nebel. Schemenhaft erkannte ich noch die gewaltigen Felssäulen, die wie Stalaktiten herabhingen. Um ihre Spitzen wogten düstere und zugleich seltsam schöne Wolken. Stellenweise drangen bläulich-violette Lichtstrahlen von unten durch die Wolkendecke und ließen die dunklen Felsen in tausend Facetten glitzern. Ich rutschte näher an die Kante ran, um einen Blick nach unten zu werfen, um zu sehen, was unter den Wolken war. Die dichte Wolkendecke wogte beinahe wie das Meer, doch manchmal sah ich Lücken. Und hinter denen war ... der Himmel?! Sah man durch die Lücken, so erkannte man einen veilchenvioletten Himmel, an dem eine blauweiß strahlende Sonne stand. Ich kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Aber wer hatte schon einmal gesehen, dass quasi die Erde die Decke war und die Sonne unter seinen Füßen entlangwanderte? Da konnte ich einfach nur noch „Wow" sagen.

„Ihr werdet noch vieles sehen, dass Euch die Sprache verschlägt." Ich warf einen Blick über die Schulter. Auch der letzte der Alben war nun durch das Portal gegangen und lehnte jetzt lässig an der Felswand hinter ihm, die ebenfalls zu einem riesenhaften Stalaktiten gehörte. Fremdartige Pflanzen wuchsen an der Wand, sie erinnerten ein wenig an Efeu. Ich meinte irgendein Tier an den Ranken hochklettern zu sehen, doch es war zu schnell verschwunden, um zu erkennen, was es war. Der Alb stieß sich von der Felswand ab und stemmte die Hände in die Hüfte. Ich nahm mir die Zeit, in dem Licht der blauen Sonne nun eingehend seine Rüstung zu begutachten. Sie war zum Großteil in einem dunklen Silber gehalten und mit schwarzen Lederstreifen versehen und besaß eine unglaublich coole Verzierung in Form von elegant geschwungenen Dornen an den Schultern, Ellenbogen und Stiefeln, die gleichzeitig elegant und wild aussahen. Alle hier anwesenden Alben trugen diese Art von Rüstung, doch der erste hatte zudem noch ein goldenes Emblem in Form zweier Quadrate über der Brust, die so übereinander gelegt waren, dass sie einen achtzackigen Stern ergaben, in dessen Mitte ein dunkler Funken glomm. Ich vermutete, dass er in irgendeiner Form ranghöher war als die anderen.

Seine violetten Augen musterten mich abschätzend. „Mir scheint, die Magie hält sich hartnäckiger, als der König vermutete. Vielleicht dauert es, bis die Wandlung einsetzt."

Ich sah an mir herunter und taste an meinen Ohren herum. Nichts. Beinahe war ich schon ein wenig enttäuscht.

Ich darf nicht vergessen, was ich verloren habe. Der Funke Euphorie angesichts Elvastrons verschwand. Ich konnte das nicht vergessen, und es würde gewiss lange dauern, bis die Wunden nur noch Narben waren. Herrgott, ich war als Mensch aufgewachsen und erzogen worden, nicht als Elfe oder Albin (wurden die Frauen hier so genannt?) oder sonst irgendwelche Typen aus dieser Welt! Ich war nicht auf Verlust vorbereitet, also lasst mich mit meinem Leid in Ruhe! Beinahe bereute ich, das nicht laut ausgesprochen zu haben.

Shattered World - Schattenlicht [LESEPROBE]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt