- Kapitel 32: Der Mond, der Tod und die Engel -

Beginne am Anfang
                                    

»Wie lange sitzt du schon hier unten? Keine Sorge, eine alte Freundin kommt ziemlich bald, um mir jeden einzelnen Knochen zu brechen, ich plauder bestimmt nichts mehr aus.«

Der Mann lachte. »Du bist Balthazar, richtig?«

»In Fleisch und Blut.«

Der Mann lachte erneut. »Ich würde ja behaupten, ich hätte auch Gutes über dich gehört, aber das wäre gelogen.«

»Und Lügner haben hier unten wirklich keine guten Karten«, stimmte Zar grinsend zu.

»Es überrascht mich, dass Izabela dich noch nicht viel früher getötet hat.«

»Sie hat mich gebraucht, um hinter Joskas Verteidigungswälle zu schlüpfen.«

»Ah. Ja. Der Engeljäger«, sagte der Mann leise. »Ein Verräter.«

»Ein Opportunist«, verbesserte ihn Zar und schob seine Hand in die Hosentasche, um nach dem Kiesel zu greifen, ehe er sich daran erinnerte, dass er fort war. »Die Varai bieten Sicherheit, wenn man nützlich ist.«

»Hat ja prima geklappt.«

Zar grinste. »Ich hätte Izabelas Tochter besser nicht aufgelesen, das stimmt. Einer von Joskas Männern hat mir einen Peilsender untergejubelt, so wie ich ihnen. Ich frage mich, wie lange es braucht, bis Joska und Izabela die gesamte Welt in ein Flammenmeer aufgehen lassen, um ihre fanatischen Ideale durchzusetzen.«

»Das geschieht doch schon längst«, sagte der Mann. »Die Welt steht seit sechs Jahren in Flammen und sowohl Izabela als auch Joska gießen stetig Benzin ins Feuer. Da wird ein Peilsender nichts mehr ändern.«

Zar verzog das Gesicht und seufzte.

»Izabela denkt, die Varai wären die einzig waren Menschen da draußen.« Der Unbekannte war ins Plaudern gekommen, ein Umstand, den Zar ihm nicht mal übel nahm. Der Reizmangel trieb ihn schon nach zwei Tagen in den Wahnsinn. Er wollte sich nicht vorstellen, wie es um die anderen Unglückseligen hier unten stand. »Sie setzt alles daran, um die Enoui zu vernichten«, plauderte der Mann weiter. »Dabei sind es nicht die Enoui, die unsereins fressen. Ich sagte zu ihr, lass dich nicht auf sein Angebot ein. Ich sagte zu ihr, lass die Finger vom Überirdischen. Und sie sagte, sie bräuchte Luna-Major und die Engel, um Gevatter Tod zu finden. Damit die Welt wieder ins Gleichgewicht gebracht werden kann.«

»Ich hab die Varai auch gelesen«, sagte Zar leise und starrte auf seine schmutzigen Hände, die kaum mehr als ein schummriger Umriss waren.

»Na dann weißt du ja, wie lebensmüde es ist, sich mit Geschöpfen zu verbünden, die bloß ein Interesse haben.«

»Du meinst, die Engel werden zum rechten Zeitpunkt die Seiten wechseln?«

Der Mann hob die Schultern. »Luna-Major bezieht eine ganz eigene Seite. Die perfide Symbiose, die zwischen den Varai und den Engeln besteht, wird in dem Moment brechen, in dem der alte Schnitter seine Sense wieder aufnimmt. Warum sollten die Engel ihr Schlaraffenland auch verlassen und freiwillig mit ihm zurück in ihre Welt gehen? Nein. Damit das hier seinen Lauf nimmt, wird Izabela Gevatter Tod und seine Sense so lange voneinander trennen, wie es geht.«

Zar schwieg daraufhin und ließ sich das Gesagte durch den Kopf gehen. Dass dem Tod seine Wunderwaffe abhanden gegangen war, hatte er nicht gewusst. »Können die Engel denn Gevatter Tod nicht auch ohne die Menschen finden? Wozu sich auf so eine mickrige Art verlassen, die bei der kleinsten Berührung fleckig wie faules Obst wird?«

Der Unbekannte lachte, bis ein erbärmlicher Hustenanfall seine sarkastische Freude zunichtemachte. »Da stellst du aber ganz prekäre Fragen.«

Zar hob die Schultern und wechselte die Gitterstäbe, um die neue Kühle auf seiner Stirn willkommen zu heißen. »Ich mein ja nur.«

[Sci-Fi/Fantasy] Starfall - Wenn der Himmel fälltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt