I Rachel & die Geschichtenerzählerin

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Darauf bedacht nicht aufzufallen und sich ruhig zu verhalten wanderte Rachel durch die Straßen. Die Straßenlaternen waren an und das Dunkel der Nacht brach so langsam herein. Ebenso wurde es kühler, was nicht sehr schön war, wenn man bedenkt, dass Rachel immer noch keinen Unterschlupf gefunden hatte.

Als die Braunhaarige um die Ecke bog, bemerkte sie eine kleine Menschenmenge auf dem beleuchteten Platz. Es waren vor allem Kinder dort und wenn man genau hin hörte konnte man eine Stimme hören die erzählte. Neugierig von den kleinen Wortfetzen die sie auffing schlich Rachel sich näher an das Geschehen heran. Darauf aufpassend niemandem weh zu tun quetschte sie sich durch die kleine Menge nach vorne.

„...doch dann schluckte das Monster die kleine Frieda mit Haut und Haaren hinunter.“, erzählte die gleiche  melodische Stimme die Rachel eben schon einmal gehört hatte.

Dann erblickte sie eine Frau nicht viel älter als sie selbst. Diese Frau hatte schwarze Haare bis zu den Enden ihrer Schulterblätter und trug einen grünen Pullover. Um ihre Hüfte hatte sie eine weinrot karierte Jacke gebunden und Kopfhörer und eine Kette mit einem goldenen Kreuz hingen ihr um den Hals. Bei genauerem Hinsehen konnte Rachel sogar eine Narbe von ihrem rechten Mundwinkel das Kinn hinunter erkennen.

„Aber was macht Frieda jetzt?“, fragte ein kleines Kind welches auf ihrem Schoß saß und zu der Erzählerin hoch schaute.

Diese lachte und erzählte auch schon weiter: „Die Frieda war nicht dumm. Sie kitzelte“, die Dunkelhaarige fing an das Kind auf ihrem Schoß zu kitzeln, „das Monster einfach, bis es sie aus spuckte.“

Vorsichtig setzte Rachel sich auf eines der übrigen Kissen zu den Kindern und lauschte gespannt den Worten der Frau. Diese konnte gut erzählen. Besonders den Kindern schien es zu gefallen, denn keines von ihnen wagte es die Geschichte zu unterbrechen. Auch die Erwachsenen hörten mit einem Lächeln im Gesicht zu.

Nach einer Weile, in der Rachel schon komplett die Zeit aus den Augen verloren hatte, war es schon so spät, dass langsam einige Eltern ihre Kinder zu sich holten und nach Hause gingen.

„...und so gelangte die kleine Frieda wieder nach Hause. Und ich bin mir sicher eure Eltern wollen mit euch jetzt auch nach Hause, weil schaut mal, es ist schon ganz dunkel geworden.“, beendete die Erzählerin die Geschichte und hob das Kind von ihrem Schoß, was sich sogleich verabschiedete und zu ihrem Vater rannte.
Nun stand auch sie auf und klopfte sich ein bisschen Staub von der Jacke, die um die Hüfte der Schwarzhaarigen gebunden war.

Ab da fiel Rachel auch wieder ein weshalb sie eigentlich hier war. Sie wollte schließlich immer noch eine Bleibe für die Nacht finden, jedoch gab es da gleich zwei Probleme. Zum einen kannte sie sich hier kein bisschen aus und zum anderen musste sie auch aufpassen nicht gefunden zu werden.

Die Frau, die eben noch die Geschichte erzählte, schien auch wie eine reisende, was Rachel sogleich dazu animierte sie anzusprechen.

„Uhm... Entschuldigung? Sie-“

„Ich kaufe und verkaufe nichts.“, unterbrach die Dunkelhaarige Rachel und wandte sich auch schon zum Gehen um.
„Nein das meinte ich nicht. Ich wollte eigentlich fragen ob sie wissen wo man hier eine Unterkunft kriegt.“

Mit einem seufzen drehte die Angesprochene sich wieder um. Jetzt schien sie ganz anders zu sein, als während sie die Geschichte erzählte. Sie schien eher unfreundlich und genervt zu sein und vielleicht auch müde, wenn man ihre Augenringe betrachtete.
Das reichte jedoch nicht um Rachel abzuschrecken und so schaute die Brünette die Schwarzhaarige weiterhin erwartungsvoll an.

„Da die Straße runter rechts.“, antwortete sie knapp und schon hatte sie sich wieder in Bewegung gesetzt und verschwand um die nächste Ecke.

Rachel wollte der Frau noch danken jedoch war sie so schnell verschwunden, dass sie keine Chance mehr dazu hatte.

Dann halt nicht, dachte sich die Braunhaarige und machte sich schnell auch auf den Weg bevor die Straßenlaternen noch ausgehen. Zügig schlich sie durch die Straßen in die ihr vorgegebene Richtung. Schon bald kam Rachel an eine Kreuzung, doch da kam schon das nächste Problem. War es rechts oder links gewesen?

Unsicher trat sie von einem Fuß auf den anderen und knabberte auf ihrer Unterlippe herum. Rachel wollte auf keinen Fall draußen schlafen, denn das war sie einfach nicht gewohnt.

„Es war rechts.“

„Wer-?“, fing Rachel an doch wurde sogleich wieder unterbrochen.
„Rachel Cassano, hm? Man sucht dich in der ganzen Stadt und ich wette mit dir man sucht dich auch in den umliegenden Städten.“, sprach die Stimme wieder und aus den Schatten trat die Geschichtenerzählerin.

Mit verschränkten Armen und genervter Miene stand sie da und starrte auf die etwas kleinere Rachel hinunter, welche sichtlich erschrocken war.

Müsste sie jetzt wieder nach Hause?

„Man du guckst ja geschockt. Ich bin keine Petze, ok? Aber was mich dann doch interessiert ist: Was hat eine Adelstochter, auf der Flucht vor ihrer eigenen Familie, hier draußen auf den Straßen zu suchen?“

Schon hielt sie der Brünette ein Gesuchtenplakat unter die Nase mit einem Bild und 10.000 Goldstücken Finderlohn drauf. Ertappt sah Rachel die Größere an, unsicher ob sie es nun erzählen soll oder eben nicht.

Plötzlich vernahmen die beiden weitere Schritte, die metallisch klangen.

Die Schwarzhaarige reagierte schnell, packte Rachel am Handgelenk und zog sie in eine dunkle Gasse.
„Wa-“, setzte Rachel an doch bekam nur ein shh und eine Hand vorm Mund. Als die metallischen Schritte der Wache der Stadt verstummten nahm die Frau die Hand wieder runter.

„Du magst es mich zu unterbrechen oder?“, fauchte die Brünette sie an.

„Ich mag es nicht als Beihilfe bei der Flucht einer Adelstochter abgestempelt zu werden und deshalb in den Knast zu kommen.“, gab die Dunkelhaarige genervt zurück.

„Ach nein? Vielleicht solltest du dann gar nicht erst helfen.“

Ein scharfes Schwert schnellte nach von und verfehlte nur um Haaresbreite den Hals der Schwarzhaarigen, die nicht sonderlich überrascht auswich. Einer der Wachen musste ihr Gespräch mit auf gefangen haben. Wie viel hatte er wohl mitbekommen?
Ob er glauben würde, dass das alles nur ein großes Missverständnis war?

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Und? Was meint ihr?

Werden Rachel und die Geschichtenerzählerin der Wache entkommen können?

Und warum ist die Schwarzhaarige so anders, wenn sie Geschichten erzählt?

Acoron ~ Die GeschichtenerzählerinWhere stories live. Discover now