Prolog

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Einige Monate später

Die letzten Minuten hatte ich jede einzelne Träne zurückgehalten. Aber als ich ihn gesehen habe gab ich auf. Auch das Zittern meines Körpers konnte ich nicht mehr unterdrücken.
Er hatte Angst. Zumindest war das, was ich in seinen Augen sah. Vielleicht war es aber auch mehr. Es wirkte fast schon wie Panik.

„Wes." Ich kniete mich langsam vor ihn auf den Boden. Er blickte nicht auf. Stattdessen nahm er einfach nur meine Hand in seine. Um uns herum war es still. Ich wusste, dass die Cops und Rettungskräfte bald eintreffen müssten. Aber ich wusste nicht, was das bedeuten würde. Für ihn. Und auch für mich. Dieser Gedanke beschleunigte meinen Puls. Er hatte doch nicht-

„Bitte sag mir, dass du nicht darin verwickelt warst" flüsterte ich, gefolgt von einem Schluchzen. Ich wollte keine halben Wahrheiten mehr. Ich wollte einfach nur, dass er nein sagt. Ich wollte, dass das endet. Aber er tat es nicht. Er sagte nichts.
„Rede mit mir!" Meine Stimme wurde lauter und ich drückte seine kalte Hand. Ich konnte den Frust nicht mehr für mich behalten.

Und endlich schaute er auf. Und er blickte mir in die Augen. Das traurige Blau. Mein Blau. „Erinnerst du dich, als ich dir mal gesagt habe, dass ich Schmerzen gewöhnt bin? Dass sie mir nichts ausmachen?", fragte er und lehnte seinen Kopf nach hinten gegen die Wand. Mit seiner freien Hand wischte er mir die Tränen weg. Ich nickte langsam. Ich erinnerte mich daran.
„Ich glaube ich habe gelogen", sagte er dann und streichelte meine Wange, als wäre er in seiner eigenen Welt. Als würde unsere Welt nicht zusammenbrechen.

Ich nahm seine Hand von meiner Wange und hielt auch diese fest. Ich wusste nicht, was ich ihm sagen sollte, um ihn zu beruhigen. Ich wusste nicht einmal, was ich mit meinen eigenen Gefühlen machen sollte. Aber ich konnte nicht einfach schweigen. „Sie werden gleich kommen, okay? Sie werden helfen. Linc hat auch mit deiner Mom geredet. Und du hast auch mich. Wir-"
„Ich will niemanden. Nur dich."
„Du hast mich, Wes. Ich gehe nirgendwo hin. Ich bleibe bei dir."
Er schüttelte den Kopf und presste die Lippen zusammen, wie er es immer tat, wenn etwas in seinem Kopf vor ging, das er nicht direkt erklären konnte. Ich kannte ihn vielleicht nicht so lange, wie es sich oft anfühlte, aber ich kannte ihn gut genug, um sowas zu bemerken. „Du hast nicht auf meine Frage geantwortet. Hattest du irgendwas mit dem hier zu tun?", fragte ich erneut mit zittriger Stimme.

Er ging wieder nicht darauf ein. Und dann hörte ich schon Schritte, bevor sowohl Polizisten, als auch Rettungskräfte den Raum betraten. „Er hat Schmerzen", sagte ich und ging etwas zur Seite, um Platz zu machen, doch die Rettungssanitäterin, die sich uns nähern wollte, wurde von dem vorderen Polizisten zurückgehalten, der daraufhin eine Tüte hochhielt und uns den Inhalt präsentierte. Eine Waffe.
Mein Atem stockte. Für einen Moment war es still.

„Gehört die dir, mein Junge?" Der Mann warf einen kurzen Blick auf die Tüte, bevor seine Aufmerksamkeit wieder Weston galt.

Er schüttelte den Kopf. Er redete nicht und das war mein Warnsignal. Das war nicht alles.
Scheinbar begriff das auch der zweite Polizist, der sich neben mich stellte. Sie wussten nicht, dass Weston mir nie etwas antun würde. Sie kannten ihn nicht. Sie wussten nicht, was ich wusste.

„Aber du hast sie benutzt?"

Ich schaute ihn an und konnte nicht anders als meinen Atem anzuhalten. Instinktiv wusste ich, was jetzt kommen würde. Ich fühlte es. Aber ich wollte es nicht.
Bitte sag nein. Bitte, komm zurück zu mir.

Doch er nickte. Nur einmal. Diesmal unterdrückte ich den Drang zu weinen nicht mehr. Der Mann neben mir packte mich, bevor ich mich ihm nähern konnte.
Bleib bei mir, Wes.

Er richtete seine glasigen Augen wieder auf mich. „Sie gehen alle, Rachel" sagte er mit einem traurigen Lächeln. „Auch diejenigen, die man liebt."
Auch diejenigen, die man liebt.

The Darkness behind your BlueWhere stories live. Discover now