Eine Kiste voller Kostbarkeiten

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Jisungs Pov: 

Mittlerweile waren zwei Tage vergangen, in denen ich weder Minho begegnet war noch irgendwelchen unangenehmen Kontakt mit den Wachen oder Felix hatte. Dennoch blieb eine gewisse Nervosität, dass ich auffliegen würde. Ich schätzte meine Schauspielkünste nicht gerade schlecht ein, aber ob sie ausreichten, um so viele Personen auf einmal zu täuschen, mit denen ich teilweise sogar auf engstem Raum zusammenlebte, wagte ich zu bezweifeln.

Gut, das mit dem auf engstem Raum zusammenleben war etwas übertrieben. Im Harem des Pharaos war durchaus genug Platz für jeden von uns. Wir teilten uns zwar einen Schlafraum, aber dass man sich abgesehen davon super aus dem Weg gehen konnte, bewies mir Hyunjin jetzt schon in den wenigen Tagen, die ich hier weilte.

Es schien so, als würde der Ältere meine Nähe absichtlich meiden und zunächst nahm ich diese Tatsache hin, denn mein erniedrigtes Selbstbewusstsein und der ständige Wahn, ich könnte bei der kleinsten, falschen Bewegung entlarvt werden, gaben mir nicht die Kraft, mich auch noch einem jungen Mann zu stellen, der seinen geliebten Pharao für sich allein wollte. Vermutlich war seine Intention, alle anderen Mätressen von ihm fernzuhalten und beim Pharao durch besonderen Gehorsam in seinem Ansehen zu steigen. Von mir aus konnte Hyunjin Minho haben, ich legte keinen solchen Wert auf seine Gegenwart und Gesellschaft wie er.

Einmal mehr lief ich an diesem Tag den hohen Säulengang entlang und entschied mich, den Palast eigenhändig zu erkunden. Sehr weit kam ich nicht, denn nach nur zweimal abbiegen, versperrte mir eine hüfthohe Mauer den Weg. Ich beugte mich über sie und sah hinab auf eine weitere Grünfläche und einen Zugang zu einem großen See. In der Ferne konnte ich noch mehr blau schimmerndes Wasser erkennen und vermutete, dass der See an einen der Kanäle anschloss, die man künstlich angelegt hatte, um mit Booten schneller von einem Ort zum anderen zu gelangen und natürlich die Gärten des Königspalastes mit ausreichend Wasser zu versorgen. Am See entlang ragten hohe Palmen auf und ich konnte einige Männer dabei beobachten, wie diese Palmblätter abschnitten oder Wasser in Krüge füllten und die angelegten Beete gossen. Die Körper der Sklaven waren nur spärlich mit Stoff bedeckt, aber in Anbetracht der sengenden Mittagssonne, hätten sie mit viel mehr Kleidung wohl auch einen Hitzeschlag erlitten.

Interessiert beugte ich mich über die Mauerumrandung und stützte meine Ellenbogen auf, um dann den Kopf auf die Handflächen zu betten und den Sklaven eine Zeit lang bei der Arbeit zuzusehen.

Warum kann ich nicht ihr Schicksal teilen? Diese körperliche Arbeit würde mir viel weniger ausmachen, als hier herumzusitzen und vorzeigbar auszusehen. Wieso hat man mich auserwählt, einem machtbesessenen König zu dienen?

Verdrießlich zog ich die Lippen graus und starrte stur hinab auf einen der Männer, der gerade seelenruhig die Wege von herabgefallenen Blättern befreite.

Wie soll ich nur vorgehen, um meine Freiheit zurückzugewinnen? Gegen meine jetzige Stellung sollte ich nicht protestieren, das würde nur Misstrauen entfachen. Und ich darf nicht länger sinnlose Kämpfe ausfechten, wie meine sture Verweigerung im Bad oder die Bedingungen, die ich Minho gestellt habe. Wenn ich hier herauskommen will, muss ich cleverer vorgehen. Ich muss meine wahren Absichten gut verstecken und den folgsamen Geliebten spielen. Natürlich geht mir meine ungerechte Behandlung gegen den Strich und wenn nötig werde ich für meine Freiheit kämpfen... aber bin ich bereit, dafür mein Leben aufs Spiel zu setzen?

Diese Frage beantwortete ich mit einem klaren Nein. Ich mochte meine Prinzipien haben, aber diese galten nun einmal nicht für diese Epoche der Erdgeschichte. Ich wusste genug über die Zeit der Pharaonen, um zu verstehen, dass das Leben hier anders verlief. Und mein Leben zu gefährden, nur um einem gierigen und wollüstigen Pharao eins auszuwischen war ganz weit unten auf meiner Agenda.

God-king of Egypt | MinsungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt