14. August

74 10 125
                                    

Leichter Regen nieselt auf Pflanzen, Straßen und Gebäude. Die Wolken hängen tief, Nebelschwaden vervollständigen das triste Bild eines trüben Herbsttages; mitten im Sommer. Schulbeginn. Das Wetter passt, denkt sich Nik Widmer, als er schläfrig aus seinem Bett kriecht. Im Badezimmer spritzt er sich kurz kaltes Wasser ins Gesicht; geduscht hat er am Abend davor, um Zeit zu sparen; jede Minute am Morgen ist kostbar. Auch das Frühstück muss warten - er packt nur ein Sandwich in die Tasche. Die Eltern schlafen noch, als er nach seinem Rucksack greift und die Wohnung verlässt.

In der Garage packt er sein Mofa - ein stilvolles Puch Maxi, dunkelgrün métallic; auf über fünfzig getrimmt - und schiebt es auf den Vorhof. Nik setzt sich auf sein Gefährt, beginnt zu treten bis der Motor läuft. Danach knattert er in Richtung Schulhaus, eine blaue Abgaswolke hinterlassend.

Bereits nach wenigen hundert Metern warten seine Freunde bei der alten Bäckerei. Nik stoppt, die Jungs begrüßen sich mit dem lässigen Handschlag und Schulterklopfen.

"Eimer! Alles klar, Mann?"

"Yo, Mann, alles super. Und selbst?" Emir Kristos, ein Grieche, wird von allen bloß 'Eimer' genannt. Er hat sich daran gewöhnt.

"Scheiß Schule fängt wieder an. Hätte noch Ferien gebraucht. Bin viel zu müde für Schule." Nik spielt gerne den coolen, auch wenn er insgeheim anders über die Schule denkt.

"Same, Mann. Haste gezockt?", fragt Bastian, ein sportlicher und großgewachsener Junge mit rötlichen Haaren.

"Logisch. Meine Mutter hatte schon Schreikrämpfe von wegen 'Endlich geht Schule wieder los' und so. - Ey, da kommt Denis." Nik zeigt auf einen bärtigen Jugendlichen mit wirrem Haar, der auf einer Ciao angerast kommt.

Mit pfeifendem Reifen hält der Kosovare grinsend vor seinen Freunden. "Zusammen! Alles paletti?"

"Voll. Du?"

"Geht."

Nach diesen ausführlichen Männergesprächen fahren die Jungs gemeinsam zum Schulhaus.

***

"So gehst du nicht aus dem Haus, Fräulein!" Der ältere Bruder versperrt Enola den Weg. Er trägt ein enges Sportshirt und eine Trainingshose. Sie schubst ihn; doch er bleibt stehen wie ein Fels.

"Maaa! Jovan will mich nicht in die Schule gehen lassen!"

Suzana Dukic schleicht müde um die Ecke. "Was ist denn los? Müsst ihr schon wieder streiten?"

Der Bruder zeigt auf Enola. "Sie schminkt sich wie eine Nutte. Sie ist halb nackt. Solange Vater in Serbien ist, trage ich die Verantwortung. So geht sie nicht aus dem Haus!"

"Du hast deinen Bruder gehört. Zieh dich um, Mädchen, und dann schau, dass du pünktlich dort bist." Damit ist die Diskussion beendet und Frau Dukic schleicht in die Küche zurück.

"Das ist so gemein! Ich hasse dich, Jovan!"

Enola schmeißt die Tür ins Schloss, ihr Bruder grinst. "Ich will doch nur das Beste für dich, Schwesterherz."

Unter ihrem kurzen Jupe zieht sich Enola schnell eine schwarze Leggins über, die sie in der Schule wieder ausziehen kann. Das etwas längere Top wird sie wieder über den Bauchnabel hochrollen und die Jacke ist eh nur für den Schulweg. Modisch elegant stellt sie sich provozierend vor den Bruder.

"Wenn du erlaubst!" Dann schwingt sie ihren Rucksack über die Schulter und lässt ihn stehen.

Draußen warten bereits ihre besten Freundinnen Livia Marti und Effie Sonderegger. Sie umarmen sich und geben sich Küsschen.

Sweet Little SixteenOnde as histórias ganham vida. Descobre agora