7 - Coffee Breath - Sofia Mills

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Sobald die Aufzugtüren sich öffnen, sehe ich vor unserer Tür eine hochgewachsene, schlanke Gestalt stehen. Grace schließe ich sofort aus. Sie ist eher klein und zierlich, mit Rundungen an den richtigen Stellen. Zudem hat sie ihre Haare momentan in einem leichten blau gefärbt, wohingegen die Haare der Frau, vor unserer Tür, rot sind.

"Kann ich Ihnen helfen?", frage ich beim Näherkommen.

"Weißt du ob Grace da ist?", stellt sie eine Gegenfrage. Ich bemerke einen starken texanischen Akzent und den gleichen Slang, den ich bei Grace oft höre.

"Ich bin selbst erst nach Hause gekommen und war auch davor über eine Woche nicht hier. Versuch sie mal anzurufen."

"Denkst du das hab ich nicht schon längst?!", antwortet sie bissig.

"Wie gesagt, da kann ich dir auch nicht weiterhelfen.", sage ich, fertig mit dem Gespräch und dränge mich an ihr vorbei zur Eingangstür.

Beim Aufschließen höre ich noch ein genervtes Schnauben und ihre Absatzschuhe, die bei ihrem Weggehen dumpfe Töne auf dem Teppichboden machen. Ich verdrehe nur die Augen und öffne schließlich die Tür.

Sobald ich hineingeschlüpft bin, sehe ich Grace im Wohnzimmer, welches direkt an die Eingangstür grenzt, auf der Couch sitzen. Wie angewurzelt bleibe ich stehen. Vor ihr auf dem gläsernen Couchtisch steht eine leere Schale, in welcher höchstwahrscheinlich vor nicht allzu langer Zeit Müsli war. Der Fernseher läuft und ich kann sehen, dass in diesem Moment eine arme Frau von drei Zombies zerfleischt wird. Sie selbst sieht auch nicht besser aus als die Zombies im Film. Ihre graue Jogginghose ist von Flecken, deren Ursprung ich nicht unbedingt erfahren möchte, übersäht und der Dutt auf ihrem Kopf gleicht einem Vogelnest.

"Hast du die Klingel absichtlich nicht gehört oder haben die Zombies zu laut geschmatzt?", frage ich, nachdem ich meine Handtasche und die Schuhe an der Garderobe im Eingangsbereich abgestellt habe.

"Hä? Was?"

"Eben als ich gekommen bin, stand so eine rothaarige Frau vor unserer Tür. Sie hat gefragt, ob du-"

"Ist mir egal was die will. Tammy kann mir gestohlen bleiben.", unterbricht sie mich unhöflich und wendet sich wieder ihren Zombies zu.

Okay. Leck mich doch da, wo die Sonne nicht hin scheint.

Drei Kreuze, wenn ich endlich genug Geld habe und aus dieser Wohnung raus bin. Es wird immer anstrengender mit ihren Launen. Aber ich sollte das ganze positiv sehen. Wenigstens veranstaltet sie heute keine Party oder eine ihrer Orgien im Schlafzimmer, bei welchem nebenbei bemerkt die Wände sehr dünn sind.

Ich drehe auf dem Absatz um und verschwinde so schnell es geht in meinem Zimmer.

Da es erst kurz nach 15 Uhr ist, stürze ich mich in ein bisschen Arbeit. Durch meinen Businesstrip sind einige Formulare liegen geblieben, welche schnell bearbeitet werden müssen.

Das Eingehen einer Nachricht erweckt nach einiger Zeit meine Aufmerksamkeit.

Ich bin dabei ;)

Vor Freude über diese wunderbaren Neuigkeiten, die mich davor bewahren vielleicht doch Weston fragen zu müssen, könnte ich Luftsprünge machen. Ein leises Pling kündigt das Eintreffen einer weiteren Nachricht von Aspen an. Gespannt schaue ich auf das Display.

Bist du bereit zu üben? Wir müssen doch sichergehen, dass alles real wirkt.

Gerade als ich antworten möchte, bekomme ich eine Nachricht von Weston.

Na Eds

Lust auf ein bisschen Netflix & ultraleckeres, vom fantastischen West gekochtes Essen heute Abend?

Ein kleines Lächeln huscht mir über die Lippen und ich tippe ein schnelles:

Also zu dem Essen sag ich nicht nein.

Prompt kommt eine Antwort.

Aber zu mir schon? :(

Du verletzt meine Gefühle!

Du weißt doch, dass ich dich lieb habe. Aber für dein Essen könnte ich sterben. Bin gegen 20 Uhr bei dir.

Nachdem mein Abend geplant ist, schreibe ich Aspen.

Okay, Babe.

Nervös und mit der Frage, ob ich zu weit gegangen bin im Hinterkopf, lege ich das Telefon wieder auf die Seite, schalte es stumm und widme mich wieder meinen Formularen.

Als es Zeit ist duschen zu gehen, schaue ich erneut auf das Telefon und entdecke, wie erwartet, eine Nachricht von Aspen.

Das scheint ja schon sehr gut zu klappen.

Mit einem Grinsen lege ich es auf die Ablage am Waschbecken und steige unter den warmen Wasserstrahl der Dusche. Da ich mich für den Abend mit Weston nicht schick zu machen brauche, schnappe ich mir eine Jogginghose und ein weites Oberteil aus dem Schrank.

Leise öffne ich die Schlafzimmertür und linse ins Wohnzimmer. Der Fernseher ist aus und ich kann Grace nirgendwo mehr entdecken. Wahrscheinlich taucht sie auch für die nächsten drei Wochen nicht wieder auf. Also nehme ich mein Handy in die eine und die Haustürschlüssel in die andere Hand und verlasse die Wohnung. Direkt gegenüber klopfe ich an Westons Tür. Keine zwanzig Sekunden später, öffnet sich diese und ein oberkörperfreier Weston steht vor mir.

"Oh", ist alles was ich herausbekomme und starre, nicht gerade unauffällig, auf seine breiten Schultern. Mein Blick gleitet geradezu im Schneckentempo über seine Schultern, die Brust und das leicht ausgeprägte Sixpack. Die olivfarbene Haut schimmert im grellen Neonlicht der Deckenlampen, wie es meine fast schon kalkweiße Haut niemals könnte. Die Jogginghose, die er trägt, liegt so tief auf seinen Hüften, dass ich das V, das seine Muskeln auf der Leiste bilden und den in der Hose verschwindenden dunklen Haarstreifen sehen kann. Als mein Blick wieder nach oben in sein Gesicht wandert, ziert dieses ein amüsiertes Schmunzeln.

Promise MeWhere stories live. Discover now