Dennoch entschied ich, mich ruhig zu verhalten, da seine breitschultrige Statur durchaus furchteinflößend wirkte. Er hatte kurze, schwarze Haare und muskulöse Oberarme, die durch das luftige Gewand nicht gerade versteckt wurden.
„Du bist wach, dann können wir endlich mit dem Verhör starten", sprach der junge Mann und reckte sein spitzes Kinn ein wenig nach vorn. Seine Miene blieb gleichgültig, als er mit zwei schnellen Schritten den Raum durchquerte und somit direkt vor mir stand. Nicht unbedingt vorsichtig packte er meinen Oberarm und zog mich auf die Beine.

„Komm, wir gehen in den Innenhof. Hier ist es mir zu dunkel." Ich verkniff mir ein Zischen, als sich seine Finger noch fester um meinen Oberarm schlossen und er mich förmlich mitschleifte. „Und komm ja nicht auf den Gedanken wegzulaufen. Die Mauern sind hier zu hoch, um sie schnell genug zu erklimmen."

Beinahe hätte ich zynisch erwidert, dass ich ohnehin nicht wusste, wohin ich rennen sollte und nicht einmal sicher war, das in meinem Zustand noch zu können. Schon allein mit meinem Aufpasser Schritt zu halten und nicht zu stolpern, verlangte mir all meine Konzentration ab. Wie hätte ich mich da bitte losreißen und weglaufen sollen?

Unvermittelt stand ich wieder in der hellen Mittagssonne und bekam lediglich einige Sekunden Zeit, mich zu orientieren. Überrascht betrachtete ich den beinahe gemütlichen Innenhof eines vermutlich wohlsituierten Stadtbewohners.

Woran ich das erkannte? Ganz einfach, die Mauern des Hofes und das Haus, das daran anschloss, waren aus solidem Stein errichtet und teilweise mit Lehm verputzt. Normale Stadtbewohner konnten sich gerade einmal einen Lehmziegelbau leisten. Aber dieser Innenhof war definitiv planvoll angelegt, denn zwei Dattelpalmen spendeten einem runden Steintisch Schatten. Genau zu diesem Steintisch wurde ich nun gezerrt und auf einen niedrigeren Steinblock hinabgedrückt, der offenbar eine Art Sitzgelegenheit darstellte. Ergeben fügte ich mich in mein Schicksal und rutschte auf der glatten Sitzfläche umher, bis ich halbwegs gut saß.

Verwundert merkte ich, dass sich der Griff um meinen Arm lockerte und der junge Mann mich dann sogar losließ, bevor er sich mir gegenüber auf einen ähnlichen Steinblock sinken ließ. Für einige Minuten war es vollkommen still zwischen uns und er musterte mich einfach aufmerksam. Seine Augen schienen jedes Detail aufzunehmen und abzuspeichern, während ich nicht einmal zu sagen vermochte, welcher Gesellschaftsschicht mein Gegenüber angehörte. Seine Kleidung war dunkel gefärbt, aber nicht wirklich schwarz, sie war luftig und bot genug Bewegungsfreiheit, um die Muskeln einzusetzen, die mir entgegenlachten.

Nun war der junge Mann dazu übergegangen, ebenso meine Kleidung zu mustern und seine Miene verfinsterte sich weiter, je länger er mich betrachtete.
„Zuallererst... versuche nicht, mich zu belügen. Ich werde erfahren, wenn du es doch tun solltest und dann werde ich nicht mehr so nachsichtig sein... hast du verstanden?"

Demonstrativ spannten sich die Oberarme des anderen an, als er sich drohend zu mir nach vorn beugte. Eingeschüchtert nickte ich und starrte ihn unverwandt an, um keinen falschen Eindruck zu vermitteln.

„Dann beginnen wir mal. Wie lautet dein Name?"

„Jisung."

Es folgte ein prüfender Blick aus dunklen Augen, aber kein Kommentar zu meiner Antwort.

„Wie alt bist du, Jisung?"

„Ich bin 23 Jahre", antwortete ich und versuchte mich ein wenig zu entspannen, da es sicher auch kein Vertrauen erweckte, wenn ich nervös wirkte.

„Dann bist du bereits älter, als du aussiehst", entgegnete der Dunkelhaarige und studierte mein Gesicht erneut eingehend. Er runzelte die Stirn aber stellte dann die nächste Frage. „Woher genau sagst du, bist du gekommen?"

God-king of Egypt | MinsungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt