29 | Reue

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Ja,  ich weiß, der Cut war mies. Und ihr müsst jetzt echt stark sein, weil... es ist das vorletzte Kapitel, meine Lieben. :/

Mit zitternden Fingern presste ich mir das Handy ans Ohr und lauschte dem monotonen Tuten. Das Herz schlug mir bis zum Hals, während ich darauf wartete, dass Marten endlich abnahm und darüber nachdachte, was meine ersten Worte zu ihm sein würden.

„Hallo?"

Ich hielt den Atem an, als er endlich ans Telefon ging. Ein warmes Gefühl breitete sich in meinem Bauch aus, als ich seine verschlafene und ein wenig heisere Stimme hörte. Von jetzt auf gleich war alles, was mir eben durch den Kopf geschossen war, wie weggeblasen und ich hatte keine Ahnung, was ich sagen sollte.

„Lou..."

Auf einmal hatte ich einen riesigen Kloß im Hals und bekam kein Wort mehr heraus. Als ich schluckte, um das beklemmende Gefühl loszuwerden, entfuhr mir ein leises Schluchzen. Urplötzlich überkam mich eine Welle der Panik. Ich legte auf, in der Hoffnung, dass er es nicht gehört hatte, und sank in die weichen Kissen zurück. Kopfschüttelnd wischte ich mir die Tränen von den nassen Wangen und versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen. Ich atmete tief durch, dann sah ich nochmal auf das inzwischen schwarze Display meines Handys. Je länger ich so dalag und darüber nachdachte, dass ich einen feigen Rückzieher gemacht hatte, nur, weil ich Emotionen zeigte, desto blöder fühlte ich mich. Genau darum ging es doch; dass ich mich ihm öffnete und ihm zeigte, was mich wirklich beschäftigte – und all diese Nichtigkeiten hinter mir zu lassen und wieder mit ihm zusammen zu sein.

Kurzerhand schob ich all die negativen Gedanken beiseite und klickte mich in die Anrufliste zurück, um nochmal seine Nummer zu wählen. Ich atmete tief durch, dann hielt ich mir abermals das Handy ans Ohr. Es klingelte eine ganze Weile, doch er ging einfach nicht mehr ran. Mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen. Ich schüttelte verständnislos den Kopf, denn ich fand es albern, dass er mich nun am ausgestreckten Arm verhungern ließ, bloß, weil ich gerade wortlos aufgelegt hatte. Jetzt signalisierte ich ihm schon, dass ich mit ihm reden wollte, und er ließ mich auflaufen. Ich biss mir auf die Zunge. Hatte ich möglicherweise zu lang gewartet und er wollte das mit uns doch nicht mehr hinkriegen?

Als er nach wie vor nicht ranging, warf ich nachdenklich das Handy in die weichen Kissen zurück und zog mir die Decke über den Kopf. Je mehr ich versuchte, mich dazu zu zwingen, in den Schlaf zu finden, desto weniger gelang es mir. Ruhelos drehte ich mich von einer Seite auf die andere, immer wieder kurz davor, mehr Tränen zu vergießen. Ich hatte das Gefühl, mein gesamtes Leben vor die Wand zu fahren, weil ich so wahnsinnig stur und kompliziert gewesen war.

Ich wusste nicht, wie lang ich dagelegen und mich in meinen wirren Gedanken verloren hatte, als mich plötzlich ein Klingeln aufschrecken ließ. Stirnrunzelnd tastete ich nach meinem Smartphone und warf einen Blick aufs Display. Ich wusste nicht, wer um diese Zeit bei mir klingelte, doch es war mir auch egal. Mürrisch kuschelte ich mich in die Daunen zurück und bemühte mich, den Störenfried auszublenden. Doch derjenige schien nicht so leicht aufzugeben, denn als ich mich nicht bewegte, klingelte es direkt ein zweites Mal. Möglicherweise war es der Postbote, der die Schuhe lieferte, die ich bestellt hatte. Kurzerhand schlug ich die Decke zur Seite und wanderte erschöpft in den Flur. Dort griff ich nach dem Hörer der Gegensprechanlage.

„Hallo?"

„Ich bin's."

Mein Herz setzte einen Schlag aus, als Martens Stimme blechern durch den Hörer drang.

„Mach auf, ja?", schob er hinterher, als ich wie angewurzelt dastand und so verwundert war, dass ich beinah vergaß, zu reagieren. Ohne ein weiteres Wort drückte ich auf den kleinen Knopf, auf dem das Schlüsselsymbol abgebildet war, und hängte den Hörer wieder ein. Dann öffnete ich nervös die Tür, unsicher, wie ich mich am besten hinstellen sollte, um nicht zu offensichtlich zu zeigen, wie schlecht es mir ging. Um eine selbstbewusste Körperhaltung bemüht erwartete ich ihn im Türrahmen. Mein Herz raste, als die Schritte im Treppenhaus lauter wurden und er schließlich den oberen Treppenabsatz erreichte. Er trug ein T-Shirt und eine Jogginghose und kam mit schnellen Schritten auf mich zu. Seine Haare standen verwuschelt in alle Richtungen ab.

Anger Management | Marten | 187Where stories live. Discover now