28 | Emotional überfordert

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Ihr Süßmäuse, ich wünsche euch Frohe Ostern und viel Spaß bei diesem Kapitel :D

Ich ließ mich zu meiner Großmutter an den Küchentisch sinken und betrachtete das Essen, das sie gerade vor mich stellte. Es duftete herrlich nach gebratenem Fisch und dem Rosmarin der Kartoffeln. Ich konnte mich nicht daran erinnern, wann wir das letzte Mal gemeinsam zu Mittag gegessen hatten. Entweder hatte ich im Büro gearbeitet oder jemand von uns hatte die Stellung im Café gehalten. Umso schöner fand ich es, dass wir es heute, am einzigen Ruhetag des Ladens, endlich mal wieder schafften. Wie meine Oma eben war, hatte sie mich von den Vorbereitungen weitestgehend ausgeschlossen. Es war mir lediglich gelungen, mich zum Kartoffelschälen aufzuzwingen, aber den Rest hatte sie komplett allein gemacht, während ich meinem Opa im kleinen Garten zur Hand gegangen war und ihm dabei geholfen hatte, die selbst gepflanzten Tomaten zu ernten und die verwelkten Blätter der Bäumchen auszuschneiden.

„Guten Appetit", sagte meine Oma und schob mir meinen Teller rüber, als sie sich zu mir und meinem Großvater an den Tisch gesetzt hatte.

„Hmm", machte ich. „Riecht superlecker."

Ein Lächeln huschte ihr übers Gesicht.

„Lasst es euch schmecken."

Ich griff nach meinem Besteck, probierte von den Rosmarinkartoffeln und verdrehte genüsslich die Augen. Seit ich meine zwei Jobs im Café und in der Bar miteinander vereinte, kam ich kaum mehr dazu, für mich selbst frisch zu kochen. Diese Mahlzeit war für mich also so etwas wie ein Segen.

„Echt super, Oma", lobte ich sie und teilte mir ein Stück Fisch ab. Sie lächelte zufrieden.

„Freut mich. Ich dachte mir, vielleicht möchtest du öfter an den Ruhetagen mal zu Mittag kommen", schlug sie vor. Ich nickte.

„Wenn wir alle mal nichts zu tun haben, sehr gerne."

Mein Großvater schmunzelte.

„Du müsstest einfach nur etwas früher aufstehen", stichelte er. Ich seufzte lautlos. Schließlich wussten sie nicht, wie hart mir die Nächte auf dem Kiez tatsächlich in den Knochen steckten, ich ließ es mir einfach nicht anmerken.

„Ich weiß, aber wenn ich erst im Morgengrauen nach Hause komme, freue ich mich wirklich auf meinen Schlaf", gestand ich ehrlich. Meine Oma winkte ab.

„Und den hast du dir verdient", schlug sie sich auf meine Seite. „Du arbeitest schließlich auch hart."

„Ach was, so schlimm ist das gar nicht", spielte ich die mentale Anstrengung herunter, die die Strandbar so mit sich brachte. Inzwischen hatte ich mich voll in meinen Job eingelebt und die Leute dort zu gut kennengelernt, dass mich ihre Schicksale kaltließen.

Augenblicklich schlich sich Ratte wieder in meinen Kopf zurück. Er war das wiederholte Mal beim Schwarzfahren erwischt worden und nun drohte ihm bei der anstehenden Gerichtsverhandlung sogar eine Freiheitsstrafe. Da Ratte weitaus sensibler und sanftmütiger war, als es auf den ersten Blick den Anschein hatte, zerbrach er sich ständig den Kopf darüber, was aus ihm werden sollte, würde er tatsächlich zu einer Haftstrafe verurteilt werden. Viktor hatte sich seiner angenommen, seinen Anwalt angerufen und Ratte versprochen, sich um ihn zu kümmern.

„Ich finde, du hast dich verändert, seit du dort arbeitest", warf meine Großmutter ein und riss mich damit aus meinen Gedanken. Ich runzelte skeptisch die Stirn.

„Inwiefern?", fragte ich und legte neugierig den Kopf schief.

„Du bist nachdenklicher geworden, ernster", sagte sie. Ich schluckte unmerklich. Sie kannte mich einfach zu gut, ihr konnte ich so schnell nichts vormachen.

Anger Management | Marten | 187Donde viven las historias. Descúbrelo ahora