48 | freezing the puck

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Ich wende mich Kennedy zu und lächle sie an. „Es ist traumhaft hier."

„Ja, nicht?", erwidert sie. „Es fehlt mir manchmal, das Meer nicht mehr sehen zu können. Wo ist Lucas?"

„Er wollte kurz in sein Zimmer gehen."

Eine Sorgenfalte bildet sich zwischen ihren Brauen und sie seufzt traurig auf. Sie ist mit uns hergeflogen, daher hat sie auch mitbekommen, wie Lucas immer stiller wurde und sich zurückgezogen hat. Vermutlich ist es nichts Neues für sie. Sie hat ihn schließlich schon häufig genug hier erlebt.

„Es war nicht seine Schuld", sagt sie und sieht dabei in die Ferne. „Der Unfall, weißt du? Es war nicht seine Schuld."

„Ich weiß", wispere ich.

„Was hat er dir dazu erzählt?", fragt sie mich und sieht mich mit traurigen Augen an.

„Dass Kylie aufgewühlt war, die Kontrolle über ihr Auto verloren hat und gegen einen Baum gefahren ist."

Sie verzieht ihren Mund zu einer bitteren Linie. „Das dachte ich mir."

„Ist es nicht so gewesen?", frage ich sie verblüfft und ein ungutes Gefühl macht sich in meinem Magen breit.

„Sie hat die Kontrolle verloren und ist gegen einen Baum gefahren. Aber es ist nicht passiert, weil sie aufgewühlt war. Ein anderer Autofahrer ist einfach vor ihr auf die Straße gefahren. Hätte sie das Lenkrad nicht herumgerissen, wäre sie in ihn reingefahren. So oder so wäre es zu einem Unfall gekommen, aber es hatte nichts mit Lucas zu tun. Wäre Lucas gefahren ...", sie bricht ab und Tränen stehen in ihren Augen. „Es wäre auch passiert und dann wäre er vermutlich jetzt mit ihr tot."

Mit belegter Stimme und ebenfalls unter Tränen erwidere ich: „Er hat mir nie davon erzählt. Weiß er das? Weiß er, was genau passiert ist?"

Kennedy nickt. „Er weiß es, aber er ignoriert es. Er ist in einem ewigen was-wäre-wenn-Strudel gefangen. Hätte er sie nicht fahren lassen, wäre sie zu der Zeit nicht an dem Ort gewesen. Wäre sie nicht so aufgelöst gewesen, wäre sie vielleicht langsamer gefahren. Diese Liste könnte ich endlos weiterführen."

Ich kenne diese Liste. Es sind die gleichen Gründe, die er auch mir in etwa genannt hat. Bloß hat er komplett ausgelassen, dass noch ein weiteres Auto in den Unfall involviert war. Ich verstehe bloß nicht, warum. Warum hat er es nicht erzählt.

Mit meiner Hand wische ich mir die Tränen von der Wange. „Ich werde zu ihm gehen", sage ich zu ihr und wende mich zur geöffneten Terrassentür um.

Als ich schon fast drinnen bin, sagt Kennedy zu mir: „Ich kann nicht sagen, was es ist, aber es ist anders dieses Mal. Er ist anders."

***

Den ganzen Weg bis zu Lucas' Zimmer schwirren mir Kennedys Worte durch den Kopf. Sie wollte mich damit auf etwas hinweise, aber es ist schwer für mich, wenn ich nicht weiß, wie es sonst war. Vielleicht hätte ich sie fragen sollen, aber ich denke nicht, dass sie mir eine Antwort gegeben hätte.

Ich stecke meinen Kopf durch die Tür und entdecke Lucas, wie er sich tief in den Sessel am Fenster hat sinken lassen. Sein Zimmer ist riesig und der komplette Trailer, in dem ich aufgewachsen bin, hätte hier reingepasst. Lucas' Blick ist zwar nach draußen gerichtet, aber ich bezweifle, dass er wirklich etwas sieht. Seine Augen wirken leer und er wo ganz anders.

Langsam gehe ich auf ihn zu und er reagiert damit, dass er seinen Kopf mir zuwendet.

„Störe ich dich?", frage ich ihn vorsichtig, doch er schüttelt den Kopf.

Crashing the Net (Miltan University 3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt