Kapitel 2

57 12 7
                                    

Mia

Mit dem Wunsch einfach nur noch ins Bett fallen zu können, öffnet mir Howard die Wohnungstür. Gespannt schaue ich mir den Mini-Flur an, der mich wohl demnächst immer begrüßt.

Es ist eine wirklich kleine Wohnung, dafür liegt sie aber in einem der besseren Stadtteile von New York. Der kleine Flur hat gerade mal Platz für die Garderobe. Zwei Türen gehen von diesem ab. Ein kleines Bad verbirgt sich hinter der einen Tür und ein etwas größeres Zimmer, welches gleichzeitig Küche, Wohnzimmer und Schlafzimmer beherbergt hinter der anderen. Der Schlafbereich ist mit einem Vorhang vom Rest des Zimmers getrennt.

Howard setzt sich an den kleinen Tisch, der gerade mal für vier Stühle Platz hat. "Also, hier sind deine vorläufigen Unterlagen. Morgen bringe ich dann alles mit, bevor du zur Firma gehst. Hast du sonst noch irgendwelche Fragen?" Überlegend schaue ich durchs Fenster, ehe ich dann zurückhaltend frage "Werde ich je wieder in mein altes Leben zurückkehren können?"

Howard seufzt schwer. "Es besteht jedenfalls die Chance. Wenn gegen alle genug Beweise vorliegen und damit meine ich jetzt nicht nur die, die du gesehen hast, sondern die gesamte Mafiagruppe. Wenn diese zerschlagen ist, dann könnte es möglich sein, dass du mit deinen eigenen Security-Leuten wieder in dein Leben zurückkehren kannst. Zudem würde Hollywood einen ziemlichen Verlust erleiden, wenn Charlotte Lafayette verschwindet. Ich meine, wie wurdest du zuletzt beschrieben? Die allseits beliebte und elegante Miss Lafayette, ich glaube so war der Satz." Errötend wende ich meinen Blick ab.

"So elegant bin ich gar nicht." versuche ich es abzuschwächen. "Rede dir das nur ein, aber meistens ist die Beobachtung von Fremden besser als von einem selbst." grinst Howard, ehe er sich erhebt. "So, das war ein anstrengender Tag für mich. Wenn du sonst keine Fragen mehr hast, dann würde ich sagen, ruhe dich auch aus. Und wenn du Perücke und Kontaktlinsen abnimmst, denke daran vorher alle Vorhänge zu zuziehen."

Verstehend nicke ich und begleite ihn zur Tür. "Bis Morgen." verabschiede ich mich von Howard. "Dann bis morgen. Wenn etwas sein sollte, du hast meine Nummer. Zögere nicht, mich bei der kleinsten Sorge zu kontaktieren." Erschöpft lächle ich "Das werde ich, keine Sorge. Und jetzt gehe du nach Hause und schlaf dich aus." Howard lacht laut auf. "Das werde ich, aber vorher werde ich noch alles für dich in die Wege leiten." Er zwinkert noch einmal, ehe er aus der Tür tritt und im Treppenhaus verschwindet und die fünf Etagen hinabsteigt. Hoffentlich wird der Fahrstuhl morgen wieder funktionieren.

Erschlagen drehe ich mich um und gehe in die Wohnung, die wohl nun erstmal meine Wohnung sein wird. Plump lasse ich mich auf den Zweisitzer fallen.

Ich spüre, wie mir die ersten Tränen die Wangen herunterlaufen. So langsam kann ich nicht mehr an mich halten und breche zusammen. Am liebsten würde ich jetzt meine Mutter anrufen oder Tom, mein bester Freund und Filmpartner. Doch leider geht das nicht, ich darf es nicht.

Was ist bloß passiert?

~-~-~~-~-~~-~-~

Ich setzte mir gerade die Perücke auf, als es klingelt. Schnell stecke ich sie mir fest, als ich auch schon zur Tür eile. Nach kurzem Blick durch den Spion, öffne ich sie und begrüße Howard.

Als er mir ins Gesicht schaut, versteift er sich und drängt mich schnell wieder in die Wohnung. "Bist du verrückt? Du kannst doch so nicht die Tür öffnen!" fährt er mich an. Verwirrt schaue ich im Bad in den Spiegel und erkenne das Problem.

Mir blickt ein blaues und ein grünes Auge an. Schnell nehme ich die fehlende Kontaktlinse auf meinen Finger, ehe ich die Brille abnehme und die Linse einsetze. Kurz blinzle ich einige Mal und nehme wieder meine Brille auf.

"So besser?" frage ich Howard, als ich wieder zu ihm trete. Er nickt "Du musst daran denken. Diese Verkleidung ist ein Teil deines Schutzes. Nur wenn du mitarbeitest und dich an die Regeln hältst, kann ich meine Arbeit erledigen und dich schützen." redet er auf mich ein.

Nun nicke ich. Dann beginnt Howard, mir die ganzen Unterlagen zu reichen, die ich an mich nehme und die nötigen Unterschriften leiste.

"Mia, das ist keine Autogrammkarte." weist er mich auf meinen Fehler hin. Ertappt zucke ich zusammen und blicke auf das Papier, wo Charlotte Lafayette in geschwungen Buchstaben steht. Die Tränen kommen mir wieder hoch. "Ich, es tut mir so leid, das wollte ich nicht." Beruhigend streicht Howard mir über den Arm.

"Keine Sorge, dass passiert den meisten am Anfang auch. Deshalb haben wir die Unterlagen immer in doppelter Anzahl. Hier." reicht er mir das neue Papier. Das alte nimmt er und hält sie über der Spüle. Mit einem Feuerzeug zündet er es an.

Fragend blicke ich ihn an. "Keine Beweise, die daraufhin deuten, dass du wer anderes bist." erklärte er mir.

"So, ich würde dann vorschlagen, dass wir los gehen. Ich bringe dich noch zur Firma und lasse dich dann alleine." schlägt er vor. Zustimmend packe ich alles in eine Tasche und mache mich fertig.

Auf einem Parkplatz in der Nähe der Firma, hält Howard. "Ich glaube ich schaffe das nicht." flüstere ich zitternd. Howard dreht mich zu ihm um. "Was glaubst du schaffst du nicht?" "Das Lügen und ihnen vormachen, ich wäre jemand anderes." Howard schüttelt mich leicht an den Schultern.

"Jetzt hör aber mal. Du bist eine verdammt gute Schauspielerin. Du gibst jeden Tag vor, jemand anderes zu sein." "Aber das ist doch etwas völlig anderes. Ich spiele eine Rolle nur vor der Kamera und nicht im Privaten." widerspreche ich ihm.

"Dann sehe Mia Snow als deine größte Rolle deines Lebens. Denn je besser du sie spielst, desto länger wirst du leben." überzeugt mich Howard. "Überleben. Ich werde überleben und nicht leben. Mein Leben sind meine Familie und Freunde, genau wie mein Beruf. Das hier alles dient zu meinem Überleben. Aber ja, ich werde es so halten, wie du sagst. Es wird meine größte Rolle. Hoffentlich schaffe ich das auch." Trotzdem kommen leichte Zweifel auf.

"Du schaffst das. Du bist gut, in dem was du tust. Ich glaube daran, dass du das schaffst." Dankbar lächle ich zu ihm.

Die Rolle des LebensWhere stories live. Discover now