- Kapitel 22: Hölle auf Erden -

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»Ich sollte dir etwas zu Essen bringen«, sagte er dann und hob untermalend das Sandwich die Höhe. Seine Hände waren feingliedrig und makellos, als hätte er in seinem Leben noch nie etwas raueres als ein ultra-weiches Tempo-Taschentuch gehalten und Asavis Wangen fingen unter der Dreckschicht an zu glühen.

»Danke«, stammelte Asavi, für die sich die Realität immer noch zu richten versuchte. »Ähm. Leg es einfach auf den Tisch.«

Sie trat hektisch einen Schritt zurück und ließ den jungen Mann eintreten. Seine dunkelblauen Augen huschten von ihr zu dem Tisch und dann auf den Teppichboden.

Asavi folgte seinem Blick und stellte mit Entsetzen fest, dass ihre dreckigen Stiefel dunkle Abdrücke hinterlassen hatten.

»Der gestrige Tag war wohl wirklich anstrengend für dich«, meinte er, musterte Asavi und anschließend ihre Umgebung mitleidig.

»Ha«, machte Asavi tonlos. »Wenn du wüsstest.«

»Oh«, sagte er dann und legte das Frühstück auf den weißen Couchtisch. »Tut mir leid, ich sollte mich wohl vorstellen.« Er wandte sich zu ihr um und Asavi blinzelte beunruhigt zu ihm nach oben.

»Ich bin Juraj, ich habe euch gestern geflogen.« Er streckte ihr seine Hand hin.

Asavi schluckte und blickte auf ihre eigenen schmutzigen Hände, die so viel Dreck angesammelt hatten, dass Juraj vermutlich Schwierigkeiten hatte zu sagen, ob der schmierige Schweißfilm ihrer Haut die Basis für ein eigenes Biotop beherbergte.

»Du musst mich echt nicht anfassen«, lachte sie daher und die Hitze schoss ihr zusätzlich in die Ohren. »Das würde ich nicht mal meinem schlimmsten Feind wünschen. Außer Joska vielleicht.«

Juraj lächelte belustigt, senkte aber seine Hand wieder. »Ich habe schon weitaus Schlimmeres gesehen.«

»Danke«, sagte Asavi schnell und rieb an dem Blut auf ihrem Handrücken herum. »Ich fürchte hingegen, wenn ich das Badezimmer betrete, laufe ich schreiend vor mir selbst davon.«

Juraj schmunzelte. »Ich warte so lange draußen, wenn das in Ordnung für dich ist. Izabela wollte, dass ich dich ein wenig herumführe.«

»Oh«, machte Asavi und die altbekannte Unruhe kehrte zurück. »Verstehe.«

Juraj legte seinen Kopf schon wieder mit diesem unglaublich süßen, fragenden Blick schief, dass Asavi einfach auf dem Absatz kehrtmachte und die Badezimmertür hinter sich ein wenig kräftiger ins Schloss warf, als notwendig.

Sie stemmte sich gegen das Waschbecken und stieß die Luft lang und heftig durch den Mund aus. Was war bloß los mit ihr?

Neben der riesigen Wellnessbadewanne samt Regendusche lag ein Stapel Kleidungsstücke und ein Paar frischer Stiefel. Asavi schälte sich aus ihrer schmutzstarren Kleidung und verstreute Erde und Sand überall auf dem weißen Fliesenboden. Sie warf einen Seitenblick in den Spiegel und nickte zu sich selbst. So wie sie es erwartet hatte, sah sie zum Fürchten aus. Blut, Dreck, Schweiß, Ruß- und Schießpulverspuren bedeckten ihre gesamte Erscheinung, dass sie beim besten Willen selbst nicht mehr sagen konnte, wie sie darunter aussah.

Als Asavi das Warmwasser aufdrehte, hätte sie beinahe angefangen zu heulen. Es fühlte sich so gut an, dieses Bisschen an Würde zurückzuerlangen und nicht mehr auszusehen, wie ein Brückentroll. Sie wusch sich die Haare gleich drei Mal, einfach, weil der Duft des Shampoos dermaßen göttlich war, dass sie sich am liebsten in die Flasche verkrochen und nie wieder hervorgekommen wäre.

Als sie sich mehrmals komplett von oben bis unten abgeschrubbt hatte, roch sie nach feinem Beerenduft, vermischt mit Zitrone und Calendula. Sie hatte die vielfältigen Duftnoten auf den Rückseiten der Flaschen studiert und versucht, sich zu erinnern, ob sie jemals davon Gebrauch gemacht hatte. Selbstverständlich nicht. Ihre Haut brannte wie Feuer, als sie die ganzen Prellungen und Schürfwunden der vergangenen Tage reizte, doch es schmälerte ihr Befinden minimal. Nichts war so wunderbar wie eine heiße Dusche.

[Sci-Fi/Fantasy] Starfall - Wenn der Himmel fälltWhere stories live. Discover now